Elektroautos – Klimaretter als Ladenhüter

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Aktualisierte Fassung zweier Artikel aus den Jahren 2010 und 2011

Die seit einigen Jahren von der Autoindustrie und ihrer Presse erweckte Begeisterung für Elektroautos läßt ein deja-vu-Gefühl aufkommen: Da war doch schon mal was ? In der Tat führte zwischen 1992 und 1995 die damalige Regierung – begeistert befürwortet durch Forschungsminister Heinz Riesenhuber und eine gewisse Angela Merkel, Umweltministerin, – einen großen Feldtest für Elektroautos auf Rügen durch. Und der damalige Innenminister Manfred Kanther gab das Ziel aus, daß mindestens 10 Prozent aller neu zugelassenen KFZ im Jahre 2000 Elektroautos sein sollten. Es kam natürlich anders.

Auch die weitgehend auf Erinnerungsschwäche beruhende neue Begeisterung für das alte Thema ignoriert weiterhin das Fehlen kostengünstiger Antriebsbatterien mit ausreichender Speicherkapazität. Das ist seit etwa 120 Jahren der Fall, als mit der Erfindung des Automobils sofort auch der Elektroantrieb Anwendung fand. Nach 1912 hängte der Verbrennungsmotor, der seine Energie aus den mit Abstand besten Speichern holt – das sind flüssige Kohlenwasserstoffe – den E-Antrieb hoffnungslos ab. Es blieb bei Nischenanwendungen, speziell innerstädtischer Lieferverkehr, für den der Paketzustellwagen BEM 2500 von Bergmann zwischen 1922-27 typisch war.

Das dies im Prinzip noch heute gilt, ist auch die Meinung von Christian Voy, der damals Leiter des Feldversuchs auf Rügen war. Heute ist er Berater und Honorarprofessor an der Uni Hannover.

Die Summe seiner Erfahrungen mit der Elektromobilität und seine Einschätzung ihrer zukünftigen Anwendung formulierte er wie folgt (Lit. 4): „Ein reines Elektroauto kann aus meiner Sicht die Benzin- und Dieselfahrzeuge nicht flächendeckend ersetzen. In Ballungszentren jedoch wären Elektroautos insbesondere für Flottenbetreiber sinnvoll und für alle ein Gewinn.“

Die technische Schwachstelle des E-Automobils war und ist die Batterie, deren Verbesserung nur sehr zäh und langwierig in kleinen Schritten möglich war: Man hat es mit der physikalischen Chemie zu tun.

Seit vielen Jahrzehnten arbeiten Generationen von Experten an der Verbesserung der Akkumulatoren. Aber die heutige erstaunliche Weiterentwicklung der Diesel- und Benzinmotoren hält den Vorsprung aufrecht; so liegt man für einen Diesel der Golfklasse bereits in der Nähe eines Verbrauchs von 3 l/100 km. Immer noch beträgt die Gesamtmasse des Fahrzeug-Energiespeichers (in kg) für 50 Kilowattstunden nutzbare Energie:

– Beim Dieselkraftstoff 18 kg + 5 kg für den Tank,

– und für Strom aus Lithium-Ionen-Batterien 311 kg –

und das allein erklärt schon den riesigen Rückstand des Elektroantriebs für Straßenfahrzeuge. Hinzu kommt: Im Winter ist die Dieselheizung gratis; im E-Auto sinkt die bereits geringe Reichweite erneut um etwa ein Drittel. Manche Nutzer installieren eine Benzin-Zusatzheizung. Da sind auch die Stromkosten kein Trost mehr. Selbst bei größter Subventionierung, die von dieser Regierung stets zu befürchten ist, werden auch künftig nur wenige Kunden ein solches Vehikel kaufen.

Wenn man die in diesen 100 Jahren erfolgten gewaltigen Investitionen an Geist und Kapital in die Batterietechnik in Betracht zieht, wird klar, dass mit einem sensationellen Durchbruch bei Speicherkapazität pro kg Batteriegewicht, bei Kältefestigkeit, Ladezeit und Preis innerhalb selbst der kommenden 10 bis 15 Jahre nicht zu rechnen ist.

Der konventionelle mit Benzin oder Diesel angetriebene PKW besitzt weiterhin einen uneinholbaren Vorsprung.

Auch die pressewirksamen E-Auto-Aktivitäten der KFZ-Industrie dienen nur dazu, den Medien einen optimistischen Eindruck zu vermitteln. Kritische Stimmen werden überhört, weil sie die Illusion stören. So erklärte der Chef der Bosch-Geschäftsführung Franz Fehrenbach, daß „bis zu einer breiten Elektrifizierung noch viel Zeit vergehen werde“ und daß „alle, die etwas anderes behaupten, entweder den Stand der Technik nicht kennen oder verantwortungslos handeln.“ Und weiter: „Selbst noch 2015 müssen sie für einen Elektro-Golf voraussichtlich mit 8000 bis 12000 Euro für die Batterie rechnen.“ Damit würde allein eine solche Lithium-Ionen-Batterie, die gerade einmal für eine 200 km-Reichweite gut sei, mehr als ein Kleinwagen kosten und sie würde dazu, wie Bernd Bohr, ebenfalls Robert Bosch GmbH, betonte, „250 kg schwer sein.“ Und Christoph Huß von der VDI-Gesellschaft Fahrzeug- und Verkehrstechnik betonte, daß „wir nicht vergessen dürfen, daß die technisch-physikalischen Grenzen elektrochemischer Energiespeicher nicht durch politische Sonntagsreden außer Kraft gesetzt können.“

Woraufhin die Regierung am 19. August 2009 ihren „Nationalen Entwicklungsplan Elektromobilität“ im Kabinett verabschiedete, der neben vernünftiger Forschungsförderung die teuerste und zugleich unwirksamste aller staatlichen Technikförderungen wiederholte, nämlich ein Marktanreizprogramm, also eine Subventionierung des Kaufpreises. So weit ist es am Ende nicht gekommen; es blieben bislang nur gut gemeinte kleine Begünstigungsversuche wie die Benutzung von Busspuren oder privilegierte Parkplätze.

Der Ladestrom sollte laut Plan selbstverständlich aus erneuerbaren Energien kommen – nur weiß die reale Steckdose nichts davon, die den realen Strommix aus Kohle-, Kernkraft-, Gas- und je nach Wetter auch Wind- und Solarstrom abgibt.

Und abermals ein Politiker-Termin: 2020 soll es laut Frau Merkel 1 Million E-Autos geben. Tatsächlich sind es Anfang 2015 knapp 19.000. Insgesamt zugelassen: 44,4 Millionen PKW.

Manfred Kanther lässt grüßen.

In ihrer Hilflosigkeit gegen die Kaufverweigerung der uneinsichtigen Kundschaft hat die Bundesregierung Anfang 2015 ein Gesetz verabschiedet, das den Städten und Gemeinden das Recht einräumt, kostenlose Parkplätze für E-Autos zu reservieren und ihnen die Nutzung der Busspuren zu erlauben (Lit. 5). Der Spott der Opposition war ihr sicher und die meisten Großstädte erklärten sofort, dass sie nicht dazu bereit seien.

Nichts beschreibt das intellektuelle Elend der Regierenden mehr als derartige Heilsprogramme und Selbsttäuschungen. Die Rache der physikalischen Chemie folgt der Politik auf dem Fuße.

Auch bei den Hybrid-PKW mit E-Motoren als Zusatzantrieb – Anfang 2015 waren es 107.754 PKW – hat sich inzwischen herausgestellt, dass ihren erheblichen Mehrkosten nahezu kein Vorteil beim Energieverbrauch gegenüber steht.

Weshalb also nerven uns die Redaktionen mit lobenden Kommentaren zu Elektroautos, die von den Käufern abgelehnt werden? Es ist doch allgemein bekannt, dass die Automobilkonzerne diese teuren und wirtschaftlich katastrophal unrentablen Entwicklungen nur deshalb auf sich nahmen, weil umweltpolitische Vorschriften einen immer niedrigeren Flottenverbrauch fordern. So gilt in der Klimapolitik der USA die sog. Corporate Average Fuel Economy (Flottenverbrauchs-Mittelwert); in der EU gibt es ebenfalls eine Begrenzung der CO2-Emissionen von PKW:

– Alle Hersteller müssen bis 2015 130 g/km erreichen;

– bis 2020 müssen sie 95 g/km schaffen.

– Bis 2030 sind 68-78 g/km geplant.

Interessanterweise wird der besonders viel Abgase erzeugende Schwerlastverkehr von allen derartigen Limitierungen verschont.                                                           Um diese Anforderungen zu erfüllen und auch die davon betroffenen Exportmärkte wie Kalifornien nicht zu verlieren, baut man gezwungenermaßen ein paar E-Autos, auch wenn es auf lange Sicht ein deprimierendes Verlustgeschäft ist.

Das der Sinn und Nutzen von CO2-Begrenzungen sehr umstritten ist, wird an anderer Stelle diskutiert.

Ein wirksamerer Weg zu einer Reduzierung des KFZ-Flottenverbrauchs ist der Betrieb mit Erdgas für Vielfahrer. Dafür sind alle technischen und wirtschaftlichen Probleme bereits gelöst; nur das Tankstellennetz ist noch zu dünn. Im Westen der USA werden derzeit LKW auf das billige Erdgas umgestellt und das Tankstellennetz entsprechend ausgebaut. Aber das ändert nichts an dem uneinholbaren Vorteil, den die flüssigen Kraftstoffe mit ihrem sehr hohen Energieinhalt pro Liter haben.

 

Selbst für den weit in der Zukunft liegenden Zeitpunkt, wenn sowohl die Öl- als auch die Erdgasreserven tatsächlich zurückgehen sollten – also vielleicht in 200 Jahren – wird das bevorzugte Antriebsmittel von Verbrennungsmotoren ein flüssiger Treibstoff sein: Es wird synthetisches Benzin auf dem Markt erscheinen. Produziert mit Hilfe der dann längst einsatzbereiten Hochtemperatur-Kernreaktoren (HTR), mit deren Prozesswärme Wasserstoff billig durch thermische Wasserspaltung erzeugt und in Kohle-Hydrierwerken zu Benzin umgewandelt wird. Und Kohle gibt es noch in 600 Jahren.

 

Quellen:

  1. Auszug aus meinem Artikel “Der Fluch der Technik” , NOVO-Argumente, März 2010
  2. Leserbrief zum Thema Elektroautos, 4.1.2011
  3. Wikipedia: „Elektroautos“, 2015
  4. Jürgen Pander: „Zurück in die Elektroauto-Zukunft – Blackout auf Rügen“, SPIEGEL Online, 21.12.2008, www.spiegel.de/auto/aktuell/zurueck-in-die-elektroauto-zukunft-blackout-auf-ruegen-a-595808.html
  5. 5. Markus Scholz: „Bundestag will Elektroautos auf die Busspur lassen“, ZEIT Online, 5.3.2015