Weltklimarat für Kernenergienutzung

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Können wir eigentlich noch klar denken? Wir hatten doch seit Jahrzehnten eine sicher funktionierende, zudem bezahlbare Stromversorgung in unserem Land. Jetzt wird sie rigoros und konzeptlos für extrem viel Geld umgebaut, für das alle Bürger aufkommen müssen. Sind wir uns der dramatischen wirtschaftlichen Folgen in all ihren Facetten bewusst? Sind Vernunft und Sachverstand in der Energiepolitik unseres Landes noch gefragt? Warum der Ausstieg aus der friedlichen Kernenergienutzung in Deutschland? Damit werden tausende, einst auf die Zukunft ausgerichtete, anspruchsvolle Arbeitplätze in den nächsten Jahren vernichtet, viele sind es bereits. Deutschland wurde mit seiner Energiewende, wie von etlichen Politikern erhofft, kein Vorbild. Im Gegenteil, das Ausland erklärt uns für verrückt, wie selbst Bundeswirtschaftsminister Gabriel feststellen musste. Weltweit wird die Kernenergienutzung ausgebaut. Aus überzeugendem Grund.

Was in deutschen Medien nicht publiziert wird: Der Weltklimarat setzt auf Kernenergie. Der International Panel on Climate Change (IPCC) unterscheidet drei verschiedene Typen von kohlenstofffreier Elektrizitätserzeugung: erneuerbare Energien, Kernenergie und das Verfeuern von fossilen Energieträgern mit Kohlenstoffabscheidung. So empfiehlt IPCC bereits in seinem Berichtsband III aus dem Jahr 2007 die Nutzung der Kernenergie und die Laufzeitverlängerung vorhandener Kernkraftwerke zur Verringerung der CO2-Emissionen (aus Authentizitätsgründen in der englischen Berichtsfassung zitiert):

„Nuclear power is therfore an effective greenhouse gas mitigation option, especially through license extensions of existing plants enabling investments in retro-fitting and upgrading. Nuclear power currently avoids approximately 2,2 – 2,6 Gt CO2/year if that power were instead produced from coal.“

IPCC geht noch einen Schritt weiter und verweist auf evolutionäre Reaktorentwicklungen:

„Generation III+ advanced reactors are now being planned and could first become operational during the period 2010 – 2020….These evolutionary reactor design claim to have improved economics, simpler safety systems with the impacts of severe accidents limited to the close vicinity of the reactor site……Experience of the past three decades has shown that nuclear power can be beneficial if employed carefully, but cause great problems if not. It has the potential for an expanded role as a cost-effective mitigation option…“

Auch im jüngsten Sachstandsbericht Band III vom April 2014 zählt IPCC die Kernenergie wegen ihrer geringen CO2 – Emissionen, die ja nur bei Kernkraftwerksbau und –versorgung auftreten, zu den gewünschten Technologien. Im Abschnitt 7.5.4 „Nuclear Energy“ heißt es:

„Growing demand for electricity, energy diversification, and climate change mitigation motivate the construction of new nuclear reactors.“

An späterer Stelle im Text wird diese Empfehlung erneut aufgegriffen und zugleich auf die damit einhergehende Verantwortung verwiesen:

„Nuclear power has been in use for several decades. With low levels of lifecycle greenhouse gas emmissions, nuclear power contributes to emissions reduction today and potentially in the future. Continued use and expansion of nuclear energy worldwide as a response to climate change mitigation require greater efforts to adress the safety, economics, uranium utilisation, waste management, and proliferation concerns of nuclear use.“

Erneut weist IPCC im jüngsten Bericht auf die Reaktorentwicklung mit zunehmend passiven Sicherheitssystemen hin, auf Reaktorkonzepte mit deutlich erhöhter Ausnutzung des Kernbrennstoffs, auf die Entwicklung kleiner Reaktoren, der so genannten „small modular reactors“ (SMR), die je nach Leistungsbedarf zu größeren Einheiten zusammengesetzt werden können und auch auf Nutzbarkeit von Thorium als Kernbrennstoff additiv zum Uran.

Nichts davon findet Erwähnung im zusammenfassenden Bericht für die „policymakers“. Schon gar nicht folgt Deutschland der vernünftigen IPCC – Empfehlung einer noch auf etliche Jahre unverzichtbaren Kernenergienutzung.

In einer Verlautbarung von „world nuclear news“ vom 4. Dezember 2015 heißt es, dass sich vier führende Klimaforscher (James Hansen, Tom Wigley, Ken Caldeira, Kerry Emanuel) auf der Klimakonferenz in Paris (COP21) für einen größeren (major) Ausbau der Kernenergie als wesentliche Maßnahme des Klimaschutzes ausgesprochen haben. Die Wissenschaftler betonten, nur eine kombinierte Strategie aller bedeutenden nachhaltigen CO2 freien Energieoptionen unter Einschluss der Erneuerbaren und der Kernenergie können bis 2100 die schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels verhindern (can prevent the worst effects of climate change). Für James Hansen „ist die anti-nukleare Position von bestimmten Umweltschützern unverständlich. Diese Position ist ein erhebliches Risiko für die Umwelt und die Zukunft unserer Jugend.“

„Kernenergie ist Teil der Lösung, um den Klimawandel zu bekämpfen», so der Titel des Positionspapieres der weltweiten Initiative «Nuclear for climate», das diese am 19. November 2015 veröffentlich hat. Über 140 regionale und nationale Kernenergie- und Technologieinstitutionen aus der ganzen Welt stehen dafür ein, dass ein deutlicher Ausbau von Kernenergie notwendig ist, wenn die Welt ihre Treibhausgasemissionen bis 2050 um 80% reduzieren will. Das Positionspapier rief Entscheidungsträger dazu auf, an der United National Framework Convention on Climate Change Conference of the Parties (COP21) ein umsetzbares Klimaabkommen unter Berücksichtigung auch der Kernenergie zu verabschieden.

Das Europaparlament stellt in seiner umfangreichen Resolution «Wege zu einer europäischen Energieunion» vom 15. Dezember 2015 unter anderem fest, dass «2014 auf die Kernenergie 27% des Strommix der Union und über die Hälfte der gesamten CO2-armen Stromerzeugung der Union entfielen, und dass 130 der 132 Kernkraftwerke in der Union bis 2050 stillgelegt werden sollen, was eine beträchtliche Lücke in der CO2-armen Grundlastanteil des Strommix der Union reißen wird». Die Resolution erkennt an, dass einzelne EU-Mitgliedstaaten beschlossen haben, auf Kernenergie zu verzichten. Andere seien jedoch dabei, neue Kernenergieprojekte zu planen und umzusetzen, um auf nationaler und auf EU-Ebene ihre Energie- und Klimaziele zu erreichen.

Die Mehrheit der europäischen Parlamentarierinnen und Parlamentarier stellt fest, dass die «Kernenergie einen der wichtigsten Beiträge zum europäischen Energiesystem leistet, die Senkung der CO2-Emissionen bei gleichzeitiger Begrenzung der Importabhängigkeit ermöglicht und so eine stabile Stromerzeugung für den Binnenmarkt sicherstellt, und dass diese als solide Grundlage für ein Energiesystem dienen kann, in das erneuerbare Energiequellen schrittweise aufgenommen werden». Wer sich von der Kernenergie verabschiede, solle als Ersatzenergie eine Technologie wählen, die angemessen zur Stromzufuhr beitrage und mithelfe, das gemeinsame Stromerzeugungs- und Verteilungssystem zu stabilisieren, so der Text des Beschlusses.

Wie mehrere Beiträge der Arbeitsgemeinschaft Energie und Umwelt überzeugend belegen, wird Deutschland mit seiner Energiewende diese Forderungen nicht erfüllen können.

Die Internationale Energieagentur (IEA) erwartet in ihrer Verlautbarung vom 15. November 2015 bis 2040 einen etwa gleich bleibenden Anteil des Nuklearstroms von 12 % an der weltweiten Stromerzeugung. Zwischen 2015 und 2040 würden zwar etwa 148 GW Kernenergieleistung vom Netz gehen, in gleicher Zeit aber ungefähr 365 GW hinzukommen. Dabei wird ein Ausbau der weltweiten Kraftwerkskapazität im gleichen Zeitraum von rund 4400 GW gegenüber 2014 angenommen. Der Kernkraftausbau konzentriert sich laut der IEA vorwiegend auf Märkte, in denen Elektrizität zu regulierten Preisen angeboten werde, wo die Energieversorger auf staatliche Unterstützung zählen könnten oder die Regierungen private Investitionen unterstützten. So entfielen 45% der Zunahme bis 2040 auf China, 30% teilen sich Indien, Korea und Russland und 16% trügen die USA bei.

Anlässlich des „White House Summit“ im November 2015 zur Nuklearenergie unterstrich die US-Administration die bedeutende Rolle der Nuklearenergie im Übergang zu einer kohlenstoffarmen Stromversorgung des Landes. So kündigte das Department of Energy (DOE) die Unterstützung der heutigen Reaktoren sowie die Weiterentwicklung von innovativen Kernkraftwerkskonzepten an. Die Bedeutung dieser Unterstützung ist vor allem daran messen, dass die Wettbewerbsfähigkeit des Nuklearstroms durch die niedrigen Öl- und Gaspreise in den Vereinigten Staaten einerseits und durch die direkte wie indirekte Subventionierung der regenerativen Energien mächtig unter Druck geraten ist.

Beachtenswert ist eine in der „atw“ Vol.60, 12/2015 zitierte Analyse der unabhängigen Beratungsfirma „Capgemini“. Danach habe die aktuelle Klima- und Energiepolitik der EU zu einer Situation geführt, bei der zwei wesentliche Ziele vernachlässigt wurden, nämlich die Versorgungssicherheit und die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen. Die direkte Unterstützung der Erneuerbaren durch Förderung, steuerlicher Maßnahmen oder garantierte Preise hätten, so Capgemini, „große Nachteile zur Folge….ineffiziente Technologien würden geschützt, der technische Fortschritt werde nicht mehr gefördert und Preissignale des Marktes würden verzerrt…. In Europa sei der (Strom)Markt überversorgt, aber nicht durch die richtigen Arten der Energieversorgung.“

Die energiepolitische Weichenstellung in Deutschland ist bereits vom Ansatz her falsch. Statt freier Marktwirtschaft werden planwirtschaftliche Wege beschritten. Entgegen ursprünglicher politischer Ziele wird die Stromversorgung drastisch teurer, unsicherer und trägt bislang nicht zum Umweltschutz bei. Die vier großen überregionalen Stromversorger sind durch eine verfehlte Energiepolitik in existenzielle Schwierigkeiten geraten. Warnungen, Hinweise, Empfehlungen – auch auf dieser Internetseite – gibt es reichlich, doch die Bundesregierung nimmt Expertenaussagen zur Problematik der Energiewende, den weltweiten Kernkraftwerksausbau und die nukleare technologische Entwicklung schlicht nicht zur Kenntnis. Selbst die Forschung auf diesem Gebiet rechtlich zu verbieten, werden nachfolgende Generationen teuer bezahlen müssen. Die Stromversorgung für eine bedeutende Industrienation wie Deutschland überwiegend auf wetterabhängige Energiequellen zu gründen, bedeutet, dass ein Black-out in Deutschland und dann möglicherweise sogar grenzüberschreitend nur eine Frage der Zeit ist. Russisch Roulette lässt grüßen.