Erneuerbare-Energien-Gesetz: Mehr Fluch als Segen

Print Friendly, PDF & Email

Die alternativen Energiequellen, Wind und Sonne, nach den technischen Möglichkeiten, nach den infrastrukturellen Voraussetzungen mit Verstand und Augenmaß eingesetzt, hätten den bestehenden Energiemix aus Kohle, Kernenergie, Gas und Öl sinnvoll ergänzen können.  So aber waren Fachunkundige am Werk, die die Folgen ihres Tuns unterschätzt haben und sich dabei von taktischen, populistischen oder ideologischen Motiven leiten ließen. Keine der drei zentral geforderten Grundsätze Sicherheit, Wirtschaftlichkeit und Umweltverträglichkeit der Stromversorgung wurden eingehalten. Im Gegenteil: Die Netzstabilität ist erheblich geschwächt, der Strompreis stark angestiegen und die CO2-Reduktionsziele sind bislang verfehlt. Die Bundesregierung hat sich mit dem EEG und dem Kernenergieausstieg in eine verhängnisvolle energiepolitische Position gebracht, aus der sie ohne Gesichtsverlust nicht mehr herauskommen wird. Vergleichbar Goethes Zauberlehrling, der die Geister rief, sie aber nicht mehr loswurde und mit einer vermeintlichen Korrektur seines Problems das Problem nur noch verschlimmerte.

 

Vom Monopol zur Liberalisierung der Stromversorgung

 Die wichtigsten Produzenten von elektrischer Energie waren bis weit in die 90er Jahre die über 120 Großkraftwerke in Deutschland, darunter 20 Anlagen mit einer Leistung über 1000 MW. Diese Kraftwerke speisen ihre elektrische Energie in die oberste und bestüberwachte Ebene des Stromnetzes, in das Höchstspannungs- oder Übertragungsnetz ein. Es verbindet die großen Stromerzeuger, die Großkraftwerke und die großen Wasserkraftwerke und inzwischen auch einige Zusammenschlüsse leistungsstarker Windkraftanlagen. Durch das Übertragungsnetz werden Produktions- und Bedarfsschwankungen ausgeglichen. Darüber hinaus ermöglicht das Netz durch grenzüberschreitende Verbindungen eine internationale Zusammenarbeit sowie Unterstützung bei Kraftwerksausfällen.

Bis weit in die 90er Jahre hinein bildete die öffentliche Elektrizitätsversorgung einen ordnungs-und wettbewerbspolitischen Ausnahmebereich. Warum? Durch ein flächendeckendes System vertraglich voneinander abgegrenzter Versorgungsgebiete und umfassender Regulierungen haben sich die großen Elektrizitätsversorgungsunternehmen, kurz EVU, den Strommarkt in Deutschland monopolartig quasi unter sich regional aufgeteilt. Die Abgrenzung der Versorgungsgebiete erfolgte durch Demarkationsverträge zwischen den EVU. Konzessionsverträge mit kommunalen Gebietskörperschaften gaben den EVU das ausschließliche Wegenutzungsrecht zur Verlegung von Versorgungsleitungen. Einen Wettbewerb also gab es nicht. Strom-Kleinabnehmer konnten sich ihren Stromlieferanten nicht auswählen.

Zu Beginn der 90er Jahre erfolgte die Stromerzeugung –grob gesagt – zu 50 % aus Stein- und Braunkohle, 30 % aus Kernenergie, die anderen 20 % teilten sich überwiegend Gas, Öl und in geringem Maße Wasser.

Der Stromanteil aus Wind- und Solarenergie war in den ersten 90er Jahren noch nicht der Erwähnung wert. Doch das sollte sich bald ändern. Denn am 1. Januar 1991 trat das Gesetz über die Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien in das Öffentliche Netz in Kraft. Dieses Stromeinspeisungsgesetz gilt als weltweit erstes Ökostrom-Einspeisegesetz. Strom aus erneuerbaren Energien – mit Ausnahme von Strom aus Wasserkraft – wurde in den Anfangsjahren nur von kleinen Unternehmen erzeugt, denen große Stromerzeuger den Zugang zu ihrem Verteilernetz oftmals verweigerten oder stark erschwerten. Die im Gesetz getroffene Regelung der Stromeinspeisung verpflichtete die Netzbetreiber nunmehr zur Abnahme des Stroms und sicherte den Erzeugern Mindestvergütungen zu, die als Anteil vom Durchschnittserlös für Strom berechnet wurden, wie er zwei Jahre zuvor erzielt wurde.

Die Monopolstruktur der Stromversorgung war der Europäischen Kommission ein Dorn im Auge. Sie war mit den europäischen Wirtschafts- und Wettbewerbsprinzipien nicht zu vereinbaren. Mit dem Ziel einer wettbewerblichen Öffnung der nationalen Märkte für Elektrizität in Europa erließ die Europäische Kommission am 19. Februar 1997 die Binnenmarktrichtlinie für Elektrizität. Das war der Grundstein der Liberalisierung des Strommarktes innerhalb der EU. Weitere Richtlinien zur Preistransparenz und zum Stromtransfer folgten. Die Richtlinien verpflichteten die Mitgliedsstaaten zum Aufbau eines wettbewerbsorientierten Elektrizitätsmarkts in ihrem Land. Mit dem Gesetz zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts vom 28. April 1998 setzte die Bundesregierung ihre von der EU vorgegebene Verpflichtung um. Ziel des Gesetzes ist eine „möglichst sichere, preisgünstige und umweltverträgliche leitungsgebundene Versorgung mit Elektrizität“, wobei die Umweltverträglichkeit als Ziel neu hinzugekommen ist. Mit der nunmehr geschaffenen Möglichkeit, sich den Stromanbieter auszusuchen, stellte sich auch der Wettbewerb zwischen den Stromanbietern ein.

Von der Liberalisierung zur Planwirtschaft

Das Stromeinspeisungsgesetz ging der Bundesregierung in der Kanzler Schröder-Ära im Hinblick auf die Nutzung erneuerbarer Energien nicht weit genug. Sie entwickelte daraus das Erneuerbare–Energien-Gesetz (EEG), das am 1. April 2000 in Kraft trat.

„Ziel dieses Gesetzes ist es“, so der Wortlaut in § 1, „im Interesse des Klima- und Umweltschutzes eine nachhaltige Entwicklung der Energieversorgung zu ermöglichen und den Beitrag erneuerbarer Energien an der Stromversorgung deutlich zu erhöhen, um entsprechend den Zielen der Europäischen Union und der Bundesrepublik Deutschland den Anteil erneuerbarer Energien am gesamten Energieverbrauch bis zum Jahr 2010 mindestens zu verdoppeln“. Dieses Gesetz war aber zugleich ein Eingriff in marktwirtschaftliche Prinzipien und lief im Grunde genommen den Stromliberalisierungszielen der EU entgegen.

Höchst bemerkenswert, wie es zu diesem Gesetz kam: Der wohl wesentlichste Initiator war der Bundestagsabgeordnete Hermann Scheer. Scheer saß der Vereinigung Eurosolar vor, einer 1988 gegründeten Lobbyorganisation, die bis heute für das Ziel einer hundertprozentigen Stromversorgung mit erneuerbaren Energien wirbt. Eine Lobby direkt im Bundestag, der gesetzgebenden Gewalt! Der FAZ-Journalist Alexander Wendt schrieb dazu in seinem Buch „Der Grüne Blackout“: „Zusammen mit einem anderen Sozialdemokraten und zwei Grünen brachte er (also Hermann Scheer) mit dem EEG das wahrscheinlich wirkungsmächtigste Gesetz der Bundesrepublik auf den Weg. Bis heute herrscht ein reger Transfer von Eurosolar-Ideen in die aktuelle Politik. Die Grünen-Chefin und ehemalige saarländische Umwelt- und Energieministerin Simone Peter arbeitete als wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Eurosolar. Die Entstehung des EEG gehört zu den bemerkenswertesten Fällen der Parlamentsgeschichte: Kein Partei- oder Wahlprogramm kündigte es an, ihm ging praktisch keine öffentliche Debatte voraus. Die meisten Abgeordneten, die dafür die Hand hoben, verstanden erklärtermaßen wenig bis nichts von seinem Inhalt und glaubten fest daran, ein Nischenthema abgehakt zu haben, eines der Dinge, die der ehemalige Kanzler Gerhard Schröder unter dem Begriff „Gedöns“ zu subsumieren pflegte.“ Soweit das Zitat von Alexander Wendt.

Mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz begann im Grunde ein Großexperiment mit ungewissem Ausgang, nämlich die systematische Privilegierung der erneuerbaren Energien mit dem Ziel, alle anderen Arten der Stromerzeugung an den Rand zu drängen.

 Erklärtes Ausbauziel der Bundesregierung ist:

bis 2025 ein Erneuerbaren Energieanteil von 40 –  45 %,

bis 2035 ein Erneuerbaren Energieanteil von 55 – 60 % und

bis 2050 ein Erneuerbaren Energieanteil von 80 %

an der Stromversorgung.

Das EEG verschaffte den Erzeugern von Strom aus erneuerbarer Energie geradezu abenteuerlich günstige Bedingungen, die aber marktpolitisch feindlich und strukturpolitisch Planwirtschaft in Reinkultur sind. Das Gesetz sichert den Erzeugern über 20 Jahre eine Vergütungsgarantie für die Stromerlöse im Wesentlichen auf Kosten der privaten Haushalte.  Diese Subventionen fließen sogar für nicht erzeugten Strom, falls Wind und Sonne wetterbedingt keinen Strom liefern oder Windkraftanlagen runtergeregelt werden müssen, weil zu viel Strom erzeugt wird. Damit überschüssiger Strom von Nachbarländern abgenommen wird, wozu sie nicht gern bereit sind, weil ihr eigenes Stromerzeugungssystem unrentabel zu werden droht, wird der Strom kostenlos angeboten und obendrein noch eine Abnahmegebühr entrichtet. Auch diese Kosten haben die Haushalte zu tragen.

Ferner wurde der Stromeinspeisung aus Wind und Solar Vorrang vor der Stromerzeugung aus Kohle, Kernkraft und Gas eingeräumt. Mit anderen Worten, die Kohle-, Kernkraft- und Gaskraftwerke dürfen nur als Lückenbüßer betrieben werden und das zu Lasten der Betriebswirtschaftlichkeit dieser Anlagen. Unter diesen idealen Bedingungen, geradezu ohne Finanzrisiko, schossen Anbieter von erneuerbarem Strom wie Pilze aus dem Boden, zumeist Finanzinvestoren, kommunale und privatwirtschaftlich organisierte Gesellschaften. Die großen EVU schauten dieser Entwicklung jahrelang mehr oder weniger tatenlos zu.

Seit der Verabschiedung des EEG wurden in nur wenigen Jahren vier Reformen des EEG durchgeführt, was beweist, dass mit diesem Gesetz politisch unerwartet, unakzeptable Entwicklungen eingeleitet wurden.  Allem voran: Die per Stromverbrauchsumlage erhobenen hohen Zusatzkosten für den Ausbau der erneuerbaren Energien im Stromsektor liegen aktuell   bei etwa 25 Mrd. Euro pro Jahr. Man muss sich bewusstmachen, dass täglich ca. 70 Mio. Euro durch Umlage von den Stromverbrauchern erhoben und mit planwirtschaftlichen Maßnahmen (EEG) an die Betreiber von Regenerativanlagen – Wind, Solar, Biomasse – umverteilt werden. Eine Umverteilung von unten nach oben. Und der Ausbau dieser Anlagen schreitet unverändert und landesweit unkoordiniert voran.

Für eine sichere öffentliche Stromversorgung in Deutschland sind annähernd 80 Gigawatt installierter elektrischer Leistung erforderlich. Unter Berücksichtigung von Kraftwerksstillständen durch Wartung, Inspektion, Reparatur betrug die installierte Netto-Leistung an Fossil- und Nuklearkraftwerken am 31.3.2017 nach Angaben der Bundesnetzagentur 107,8 Gigawatt.

Zum gleichen Zeitpunkt erreichte der Leistungsausbau an Wind (Offshore, Onshore)-, Solar- und Biogasanlagen 97,9 Gigawatt.

Wir leisten uns demnach den Luxus, bereits jetzt fast das Zweieinhalbfache der erforderlichen elektrischen Leistung in Deutschland installiert zu haben. Solange die marktwirtschaftlich ungesunden Subventionsvoraussetzungen vom Staat weiterhin aufrechterhalten werden, ist kein Ende des weiteren Ausbaus von Wind- und Solaranlagen abzusehen.

Doch unabhängig davon, wie hoch die Leistung der Ökostromkraftwerke in Summe sein wird, auf Grund der Wetterabhängigkeit der Wind- und Solaranlagen und fehlender Strom-Speichermöglichkeiten sind Fossilkraftwerke weiterhin unverzichtbar, erst Recht nach Abschaltung aller Kernkraftwerke. Auch das stundenweise Überangebot an Strom darf über deren Unverzichtbarkeit nicht hinwegtäuschen.

Entwicklung der Strompreise

Einen bislang erheblichen Beitrag am Stromendpreis macht die Einspeisevergütung des Stroms aus erneuerbaren Energieträgern aus, die den Investoren über 20 Jahre nach dem EEG gewährt wird. Die Vergütungssätze sind derzeit ein Dickicht verschiedener Werte. Anfangs lagen diese Werte erheblich über den jetzigen Vergütungen. Der Staat erkannte die Kostensteigerung und revidierte das EEG mehrmals. Inzwischen sind die Vergütungen degressiv angelegt und nach Leistung gestaffelt. Nur beispielhaft: Für Windstrom auf dem Festland 7,87 Ct/kWh, auf See 15,4 Ct/kWh (wegen der erheblichen Installationskosten nicht degressiv), für Solarfreiflächen – also nicht auf dem Dach – 8,85 Ct/kWh.

Die Differenz zwischen den Vergütungssätzen (Dickicht!) und den an der Strombörse erzielten Strompreisen, die sich je nach Stromangebot permanent ändern können, ist als Umlage auf den Endstrompreis von fast allen Stromverbrauchern zu zahlen.

Ausnahmen gelten nur für gut 2000 Industriebetriebe. Sie profitieren von einer stark reduzierten EEG-Umlage. Diese Industrieprivilegien haben ein Volumen von rund fünf Milliarden Euro pro Jahr. Um diesen Betrag erhöht sich die Umlage für die nicht privilegierten Verbraucher, also private Haushalte, Gewerbe, Handel, Dienstleistungen und die nicht privilegierten Industriebetriebe. Insgesamt betrug die Umlage im vorletzten Jahr rund 23 Mrd. Euro. Die Übertragungsnetzbetreiber prognostizieren für das Jahr 2017 einen Gesamtvergütungsanspruch der Betreiber von Erneuerbare-Energien-Anlagen in Höhe von 29,5 Mrd. Euro. Dem stehen prognostizierte Vermarktungserlöse an der Strombörse in Höhe von rund 4,7 Mrd. Euro für den erneuerbaren Strom gegenüber.

Die Einzelposten des Strompreises und deren Entwicklung in den letzten 19 Jahren sind in der Tabelle 1 zusammengestellt.

Tabelle 1: Strompreisentwicklung für einen 3-Personen-Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 3500 kWh in Cent/kWh laut Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), (Durchschnittswerte)

1998 2000 2005 2010 2011 2014 2016 2017
Erzeugung, Transport, Vertrieb 13,04 8,75 11,35 14,02 13,93 14,01 13,18 13,11
Konzession Abgabe 1,66 1,66 1,66 1,66 1,66 1,66 1,66 1,66
Strom- Steuer  ___ 1,28 2,05 2,05 2,05 2,05 2,05 2,05
KWK- Umlage  ___ 0,13 0,34 0,13 0,03 0,18 0,45 0,44
EEG- Umlage 0,08 0,20 0,69 2,05 3,53 6,24 6,35 6,88
§19- Umlage *)  ___  ___  ___  ___  ___ 0,19 0,38 0,39
Offshore-Umlage  ___  ___  ___  ___  ___ 0,25 0,04 -0,028
Umsatzsteuer 2,33 1,92 2,57 3,78 4,03 4,656 4,58 4,66
Strompreis Brutto 17,11 13,94 18,66 23,69 25,23 29,14 28,69 29,16
Anteil Steuern Abgaben Umlagen 25 % 38 % 40 % 41 % 45 % 52 % 54 % 55%

 

*) Nach der Stromnetzentgeltverordnung (StromNEV) können Letztverbraucher ein individuelles Netzentgelt gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1 bzw. Satz 2 StromNEV beantragen. Die Betreiber von Übertragungsnetzen sind verpflichtet, entgangene Erlöse, die aus individuellen Netzentgelten resultieren, nachgelagerten Betreibern von Elektrizitätsverteilernetzen zu erstatten. Die Übertragungsnetzbetreiber haben diese Zahlungen sowie eigene entgangene Erlöse untereinander auszugleichen. Die entgangenen Erlöse werden als Aufschlag auf die Netzentgelte (§ 19-Umlage) anteilig auf alle Letztverbraucher umgelegt.

 

Die Stromkostenanteile für Erzeugung, Transport und Vertrieb sowie die Konzessionsabgabe waren in den fast zwanzig Jahren recht gleichbleibend. Preistreibend sind die Kosten der EEG-Umlage (rote Zahlenreihe). Die Kosten stiegen von 0,08 Ct/kWh im Jahr 1998 auf 6,88 Ct/kWh in 2017 an. Der bislang unverminderte Ausbau der Wind- und Solaranlagen, insbesondere der Windanalagenausbau auf See wird eher eine Steigerung denn eine Senkung dieser Umlage erwarten lassen.  Trittin’s Kostenvergleich mit einer Kugel Eis mochte in 2000 wohl noch hinkommen, heute muss ein 3-Personenhaushalt im Monat allein nur für die Umlage mindestens 20 Euro aufbringen. Auch die Prophezeiung der Kanzlerin in der letzten Legislaturperiode, die Umlage würde sich bei 3,5 Ct/kWh einpendeln, ging voll daneben.

Selbst wenn sich die Politik spontan zu einem vollständigen Ausbaustopp für erneuerbare Energien entschließen würde – eine drastische, politisch kaum durchsetzbare Maßnahme – könnte dies einem Gutachten der Unternehmensberatung McKinsey aus dem Jahr 2015 zufolge die EEG-Umlage lediglich um 0,7 Cent pro Kilowattstunde reduzieren. Seither ist die die Umlage nochmals angehoben worden.

Bemerkenswert aber auch der Stromkostenanteil für Steuern, Umlagen und Abgaben insgesamt, der von 25 % in 1998 inzwischen um mehr als das Doppelte angestiegen ist und heute mehr als die Hälfte des Strompreises ausmacht (grüne Ziffern in der letzten Zeile).

Mit den bisher genannten Umlagen ist aber noch längst nicht das berühmte Ende der Fahnenstange erreicht. In erheblichem Maße wird künftig der Netzausbau von Nord- nach Süddeutschland zu Buche schlagen. Bürgerproteste gegen den Ausbau der Überlandleitungen zwingen zu einer Erdverkabelung, deren Bau und Wartung ein Mehrfaches der Überlandleitungen kosten wird. Von 8-fach höheren Kosten ist die Rede. Mit der Erdverkabelung von Hochspannungsgleichstrom in der geplanten Größe von etlichen 100 Kilometern wird technisches Neuland beschritten. Es existiert lediglich eine 20 km lange Versuchsstrecke. Unerwartete Schwierigkeiten und Kosten sollten daher nicht überraschen.

Je höher der Strombeitrag der erneuerbaren Energie, umso geringer wird die Auslastung der für die Reservehaltung unverzichtbaren Fossilkraftwerke mit der Folge erhöhter Unwirtschaftlichkeit, für die ein Finanzausgleich zu zahlen ist. Zudem steigt die Zahl der Maßnahmen zur Stabilisierung der Stromnetze. Für diese Maßnahmen entstehen Kosten, weil die angeforderten Kraftwerke in der Regel teurer produzieren. In 2014 beliefen sich Kosten dieser so genannten Redispatch-Maßnahmen auf ca. 185 Mio. €, im Jahr 2015 stiegen diese nach Angaben der BDEW sprungartig auf etwa 402,5 Mio. € an.

Ein weiterer Kostentreiber ist das Abregeln von Windkraftanlagen, die nach EEG entschädigt werden müssen. In den ersten drei Monaten dieses Jahres mussten die Betreiber der Höchstspannungsleitungen rund 337 Millionen Euro für derartige Maßnahmen aufwenden. Tendenz steigend. Im gleichen Zeitraum 2016 waren es 278 Millionen Euro. Diese Kosten kommen bei den Stromkunden über die Übertragungsnetzentgelte an.

Was die Stromkosten in geradezu exorbitante Höhen treiben würde, wäre der Ausbau der Pumpspeicherkraftwerke, falls der Verzicht auf fossile Energieträger umgesetzt würde. Denn nur sie wären nach gegenwärtigem Kenntnisstand in der Lage, bei völligem Verzicht auf fossile Kraftwerke (Dekarbonisierung) den Ökostrom zu regulieren. Doch weder gibt es die geeigneten geologischen Gegebenheiten für den notwendigen Ausbau, noch werden sie von der Gesellschaft wegen des massiven Eingriffes in die Natur akzeptiert. Unumstößlich bleibt die Erkenntnis: Ohne Stromspeicher ist die Energiewende nicht machbar und mit Stromspeicher nicht bezahlbar!

Ein bislang nicht gravierender Kostenfaktor ist der CO2-Emissionsrechtehandel. Stichwort: CO2-Zertifikatehandel. Das könnte sich bald ändern. Die Bepreisung von Kohlendioxid wird als Instrument zur Einhaltung des Zwei-Grad-Zieles angesehen, jene freiwillige Vereinbarung, die bei der UN-Klimakonferenz in Paris 2015 getroffen wurde. Mit Stand Mai 2017 liegen die im EU-Emissionshandel erzielten Preise bei ca. 6 US-Dollar pro Tonne Kohlendioxid. Für das Erreichen der Paris-Ziele werden CO2-Preise zwischen 40 und 80 US-Dollar für notwendig erachtet, die bis 2030 auf 50 bis 100 US-Dollar steigen müssen. Als Hauptursache für das anhaltend niedrige Preisniveau werden die zu vielen im EU-Emissionshandel befindlichen Zertifikate angesehen. Über die weitere Preisentwicklung besteht Uneinigkeit. Ein Preisanstieg würde insbesondere den Kohlestrom verteuern, eine im Sinne von Kohlegegnern wünschenswerte Entwicklung.

Die von der Energiewende ausgelöste Kostenlawine hat die Bundesregierung zwar erkannt, ihre Revisionen des EEG aber waren halbherzig und wenig effektiv. Ein Zitat des ehemaligen Bundesumweltministers und jetzigen Kanzleramtsministers Peter Altmaier, entnommen einem Interview, das er der Frankfurter Allgemeinen Zeitung bereits im Februar 2013 gab, bringt das Problem auf den Punkt:

„Die Energiewende hat eine solche Breite gewonnen, dass jede Veränderung viele Besitzstände bedroht. Im Vergleich zu einer Reform des EEG ist eine Gesundheitsreform ein Kinderspiel…Bei der Energiewende hat man es von der Industrie über die Landwirtschaft bis zu privaten Investoren mit einer Vielzahl von Beteiligten zu tun, die alle ihre Besitzstände nicht angetastet wissen wollen.“

Altmaiers Aussage ist eine Kapitulation vor der Macht des Faktischen, die der Staat selbst zu verantworten hat. Der Grund für die beschränkten Handlungsmöglichkeiten der Regierung liegt in den Sünden der Vergangenheit. Vor allem die exorbitant hohen Vergütungssätze für Solarstrom, die in früheren Jahren zugesagt worden waren, müssen 20 Jahre lang in unveränderter Höhe an die Produzenten ausgezahlt werden. Erst ab 2020 tritt eine allmähliche Verringerung der Vergütungszahlungen ein.

Im gleichen Interview bekannte Altmaier, vermutlich selbst zum Erstaunen seiner Kabinetts- und Parteikollegen, dass „sich die Kosten der Energiewende und des Umbaus unserer Energieversorgung bis Ende der dreißiger Jahre dieses Jahrhunderts auf rund eine Billion Euro summieren könnte.“ Und weiter: „Wir müssen davon ausgehen, dass wir allein bis 2022 Zusagen für Einspeisevergütungen von rund 680 Mrd. Euro gemacht haben werden.“ Diese Kostenschätzung wurde bislang nicht widerlegt. Im Gegenteil, EVU-intern geht man von noch höheren Werten aus, wie Medien berichteten.

Befürworter der erneuerbaren Energien argumentieren gern mit dem Innovationspotential und der technologischen Leistungsfähigkeit von Wind- und Solaranlagen. Hingegen gelangte die „Expertenkommission Forschung und Technologie – EFI“ zu dem Schluss, „dass das EEG weder ein kosteneffizientes Instrument für Klimaschutz ist noch eine messbare Innovationswirkung zu entfalten scheint. Aus diesen beiden Gründen ergibt sich deshalb keine Rechtfertigung für eine Fortführung des EEG.“

Subventionen in zig-Milliardenhöhe für die Energiewende: Können wir uns das eigentlich leisten? Offenbar nein, wenn darüber berichtet wird, dass weit über eine halbe Million Haushalte ihre Stromrechnung nicht mehr bezahlen können. Sicher hat die Unbezahlbarkeit der Stromrechnungen nicht nur ihre Ursache in den Kosten der Energiewende, aber sie trägt dazu bei. Deutschland hat nach Dänemark die höchsten Strompreise in der Europäischen Union. Es ist geradezu grotesk: Der Ökostrom treibt die Strompreise an der Strombörse auf einen bisher nie da gewesenen Tiefststand und der Stromkunde zahlt nach Dänemark die höchsten Strompreise in Europa.

Eine im Dezember 2013 veröffentlichte Untersuchung der Forschergruppe der Deutschen Bank kommt zu dem Ergebnis, „dass in Deutschland in energieintensiven Branchen bereits ein schleichender Prozess der De-Industrialisierung begonnen hat“. Der deutsche Strompreis für industrielle Kunden übertreffe das EU-Niveau um rund 26 %. Die DB-Forscher stellen fest: „Unternehmen aus energieintensiven Branchen hielten sich schon in den letzten Jahren mit Investitionen in Deutschland zurück.“ Ferner würden sich Unternehmen „bei Erhaltungs- und Erweiterungsinvestitionen künftig häufiger gegen den heimischen Standort entscheiden, was zu einem schleichenden Substanzverlust bei den Produktionsanlagen…führen kann.“ „Unter dem Strich sehen wir das Risiko, dass Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit als Industriestandort mittel- bis langfristig leidet.“ Harte und sehr wahrscheinlich auch zutreffende Worte der Forscher der Deutschen Bank.

Welt 24 berichtete am 17.7.2017 über eine Veröffentlichung des Bundesverbandes des Deutschen Handwerks, worin das Aus der „ungerechten“ Energiewende gefordert und mit Kostenbeispielen aus mittelständischen Unternehmen belegt wird. In einem besonders krassen Fall wären die Stromkosten allein durch die EEG-Umlage für einen Betrieb um das Siebzehnfache gestiegen.

Überaus klare Worte fand ein ehemaliger Abteilungsleiter im Bundeswirtschaftsministerium, der trotz seiner maßgeblichen Funktion im Regierungsapparat die Fehlentwicklung nicht aufhalten konnte. Er schrieb bereits in der Wirtschaftswoche vom 16.09.2013: „Das EEG ist die gigantischste Subventionsmaschine der Nachkriegszeit. 80 Millionen Deutsche subventionieren seit 20 Jahren und für die nächsten 20 Jahre rund ein Prozent der Bevölkerung (gemeint sind die Investoren)….Wir erzeugen negative Strompreise und bezahlen für Strom, der nicht erzeugt wird. Wollen wir dieses System solange betreiben, bis es explodiert, oder ziehen wir die Notbremse? Das EEG braucht eine Rosskur.“ Geschehen ist seither nichts, das eine spürbare Verbesserung gebracht hat. Der zwischen den Bundesländern unverändert unkoordinierte Ausbau der Windkraft- und Solaranlagen schreitet voran. Die Einspeisevergütungen sind mit der letzten EEG-Reform zwar abgeschwächt worden, aber die garantierten Einspeisevergütungen vergangener Jahre werden auch in den nächsten Jahren den Strompreis maßgeblich mitbestimmen.

Warum das so ist, wird auch aus einem Bericht des ARD deutlich, der am 1. August 2016 ausgestrahlt wurde. Nach ihrer Recherche hat sich die Windkraftlobby vehement gegen eine Begrenzung des Windkraftausbaus an Land auf 2500 Megawatt ausgesprochen. Während des Gesetzgebungsverfahrens habe es massiven Druck der Windkraft-Lobby auf die Parlamentarier gegeben. Michael Fuchs/ CDU-MdB bestätigte diese Aussage mit den Worten: „Die Lobby hat mit Sicherheit bewirkt, dass die Windkraft stärker ausgebaut wird, als wir Parlamentarier es ursprünglich vorhatten. Man kann also sagen, dass der Gesetzentwurf abgeschwächt wurde“. MdB Pfeiffer/CDU ergänzte: „Die Energiewende wird durch die massive Einflussnahme der Windkraft-Lobby für die Stromverbraucher unnötig teuer.“

Ein Teilaspekt der Energiewende ist der Ausstieg aus der friedlichen Kernenergienutzung. Zwar wurde der Ausstieg erstmals im Jahr 2000 eingeleitet, 10 Jahre später aber wurde diese Entscheidung zunächst wieder gekippt und den Kernkraftwerksbetreibern eine Laufzeitverlängerung ihrer Anlagen zugesagt. Doch dann ereignete sich am 11. März 2011 die Reaktorkatastrophe von Fukushima. Aus diesem Anlass vollzog die Bundesregierung ohne vorherige parlamentarische Aussprache eine Kehrtwende um 180 Grad und beschloss den endgültigen Ausstieg. Im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und FDP vom Oktober 2009 war die Kernenergie noch als Brückentechnologie ausgewiesen, solange, bis sie durch erneuerbare Energien verlässlich ersetzt werden kann. Nun, das ist Schnee von gestern. Nach Rechtslage wird im Jahr 2022 das letzte Kernkraftwerk vom Netz gehen.

Unabhängig davon wie man zur Kernenergie steht, sollte jedem bewusst sein, dass mit der Abschaltung der Kernkraftwerke ein enormes volkswirtschaftliches Kapital vernichtet wird. Warum? Sämtliche Kernkraftwerke sind betriebswirtschaftlich abgeschrieben, haben ihre Errichtungskosten längst eingefahren und könnten demzufolge über etliche weitere Jahre sehr wirtschaftlich betrieben werden.  Die Kernkraftwerke sind auf eine Gesamtbetriebsdauer von 40 Jahren ausgelegt. In einigen westlichen Ländern, allem voran in den USA, erhielten etliche seit Jahren in Betrieb befindliche Anlagen inzwischen eine Genehmigung für einen 60jährigen Betrieb. Mit einer Laufzeit von ungefähr 32 Jahren zum Zeitpunkt ihrer Abschaltung bleiben die deutschen Anlagen erheblich darunter.

Zusammen mit der Braunkohle sichert die Kernenergie bislang die Grundlastversorgung der elektrischen Energie, jener Strombeitrag, der 24 Stunden am Tag sicher zur Verfügung stehen muss. Bedenke: Jede Stromentnahme aus dem Netz muss unverzüglich nachgeliefert werden, um Spannung und Frequenz des Stromes in engen Grenzen konstant zu halten. Genau dazu sind die volatilen Windkraft- und Solaranlagen logischerweise nicht in der Lage.

Bezüglich weiterführender Literatur zur Strompreisentwicklung sei auf die in regelmäßigen Abständen erscheinenden Publikationen vom Unternehmensberater McKinsey verwiesen. Einen Überblick über den aktuellen Stand der Stromkosten brachte die Zeitschrift „Energiewirtschaftliche Tagesfragen“ im 67. Jahrgang (2017) Heft 3. Dort heißt es, „Zu den Kostentreibern (der Stromkosten) zählen vor allem der weitere Ausbau und die Förderung der erneuerbaren Energien sowie die steigenden Kosten für Netzausbau und Systemdienstleistungen. Entgegen der wiederholten Aussagen von politischer Seite ist keine Stabilisierung in Sicht, sondern im Gegenteil ist davon auszugehen, dass sich die Kostenspirale in Zukunft noch weiter dreht.  …Berücksichtigt man alle genannten Kostenpositionen, ist aus heutiger Sicht ein weiterer massiver Anstieg der jährlichen Stromversorgungskosten zu erwarten – von derzeit rund 63 Mrd. € auf 77 Mrd. € im Jahr 2025. Das entspricht einem Plus von 22 % oder 14 Mrd. € und einer jährlichen Steigerungsrate von 2 %. Bei einer Verteilung der Gesamtkosten auf alle deutschen Haushalte wäre der deutsche Durchschnittshaushalt dann 2025 mit 335 € mehr belastet als heute.“

Schlussfolgerungen

Die durch das EEG ausgelöste „Subventionsmaschine“ bewirkte eine Geldverteilung von unten nach oben: Hersteller und Investoren von Ökostromanlagen erwirtschaften jährlich Milliarden auf Kosten der Stromkunden. Wie vereinbart sich das mit der immer wieder von Politikern – vorzugsweise vor Wahlen – geforderten sozialen Gerechtigkeit?   Was müsste geschehen, um die aus dem Ruder laufenden Kostensteigerungen der Stromversorgung zu beenden? Der oben zitierte ehemalige Abteilungsleiter im Bundeswirtschaftsministerium hat es bereits 2013 knallhart und treffend formuliert: „Notbremse ziehen und dem EEG eine Rosskur verordnen.“ Dazu gehören:

  • Aufhebung des Erneuerbare-Energie-Gesetz (EEG), zumindest die Aufhebung der Vorrang-Regelung für Strom aus Windkraft- und Solaranlagen
  • Mehrjähriges Moratorium für den Neubau neuer Windkraftanlagen
  • Umfassende Klärung der menschlichen Gefährdung durch Windkraftanlagen
  • Heraufsetzung des WKA-Abstandes zur menschlichen Besiedlung auf 20H (d.h. 20-fache Höhe der Windkraftanlage)
  • Umfassende Klärung der Umweltgefährdung durch Windkraftanlagen
  • Repowering-Genehmigung nur für Anlagen gleicher Leistung und gleicher Höhe
  • Regelung der Rückbauverantwortlichkeiten und -finanzierung von Ökostromanlagen
  • Rechtliche Überprüfung des Bestandschutzes der garantierten Vergütungen
  • Rückkehr zu marktwirtschaftlichen Grundsätzen bei Finanzierung und Betrieb von Windkraft- und Solaranlagen
  • Garantierter künftiger Mindest-Leistungsbedarf an Fossilkraftwerken
  • Strenge Einhaltung der Grundsätze Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit, Umweltverträglichkeit