Windindustrie und Naturschutz sind nicht vereinbar. EEG und Privilegierung abschaffen.

Print Friendly, PDF & Email

Dieser Artikel erschien als Gastbeitrag in der Kolumne des Deutschen Arbeitgeberverbandes “Die Energiefrage” Nr. 47

 

Harry Neumann *)

Die bevorstehende „Flaute“ für den Ausbau der Windkraft ist eine gute Nachricht.  Die installierte Nennleistung von Photovoltaik und Windenergie wäre schon jetzt in der Lage, genügend Energie zur Stromversorgung bereitzustellen.  Da diese natürlichen Energielieferanten aber volatil sind und deren Beitrag nicht speicherbar ist, macht ein weiterer Ausbau keinen Sinn.  Auch mehr Anlagen produzieren bei Windflaute und fehlender Sonne nicht mehr Energie.

Im November 2017 wurden lt. entso-e/Netzbetreiber von der installierten Leistung Windenergie (54.760 MW) und Solarenergie (42.656 MW, zusammen 97.416 MW) durchschnittlich gerade einmal 16,0 % (15.602 MW) tatsächlich eingespeist, allerdings bei erheblichen Schwankungen zwischen 0,7 % und 43,3 % der installierten Leistung.   Dies zeigt eindrucksvoll: Windindustrieanlagen sind auch im Verbund mit Solaranlagen ineffizient, volatil und nicht in der Lage, eine gesicherte Stromversorgung zu gewährleisten.  Trotz ca. 30.000 installierter Anlagen sinkt der bundesweite CO2-Ausstoß nicht, sondern steigt weiter an.  Die fossilen Kraftwerke werden weiterhin gebraucht, um die Grundlast zu sichern und den „Flatterstrom“ auszugleichen. Dieses System ist weder ökonomisch noch ökologisch sinnvoll.

Bereits 2012 machte der renommierte Ornithologe Dr. Martin Flade deutlich, dass diese „Energiewende“ zu einem zunehmenden „Biodiversitäts-Desaster“ führt.  Hiervon betroffen sind insbesondere Vögel und Fledermäuse.  Diese Entwicklung hat sich seitdem massiv verschärft.

Beim Ausbau der Umgebungsenergien (der sogenannten „Erneuerbaren Energien“) wurde versäumt, im Vorfeld Belastungsgrenzen für Natur, Arten, Menschen, Wälder und Landschaften festzulegen.  Somit konnte es mit Hilfe des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG), der Privilegierung nach dem Baugesetzbuch, eigens dafür geschaffener neuer „Rechtsgrundlagen“ und der Ausschaltung eines kritischen gesellschaftlichen Diskurses zu den allseits bekannten Auswüchsen kommen.  Dem neuen politisch-industriellen Komplex geht es nicht um Natur- und Klimaschutz, sondern um das Abschöpfen von Milliarden-Subventionen und um eine ideologische Umdeutung von Naturschutz in „Klimaschutz“.  Mittlerweile wissen wir, dass Windkraftindustrie und Naturschutz nicht vereinbar sind.  „Klimaschutz“ ist Teil des Naturschutzes und nicht dessen Voraussetzung.  Die Windenergie ist keine tragende Säule der sogenannten ‚Energiewende‘, sondern eine tragende Säule der Subventionsindustrie.

Keine Branche ist auf eine solche Menge an sogenannten „Gutachten“ angewiesen, um sich ihre vermeintliche Unbedenklichkeit bescheinigen zu lassen.  Keine Branche versucht ihre Ziele derart brachial und rücksichtslos durchzusetzen wie die Windkraftbranche.  Die Ziele der nationalen Biodiversitätsstrategie werden durch den zügellosen Ausbau der „Erneuerbaren“, insbesondere der Windenergie und der Biomasse, konterkariert und können nicht mehr erreicht werden.  Niemand bezweifelt, dass es eine Klimaveränderung gibt.  Die einseitige Fokussierung bei der Ursachensuche alleine auf den CO2-Ausstoß und die versuchte Umerziehung der Menschen zu „Klimabürgern“ ist jedoch unredlich und eine Gefahr für Demokratie und Freiheit.  Natürlich haben Klimaveränderungen auch Auswirkungen auf Flora und Fauna.  Die Ausblendung aller anderen Faktoren für den Rückgang der Artenvielfalt hingegen ist abstrus und wissenschaftlich nicht haltbar.

Der Erhalt und die Verbesserung der biologischen Vielfalt ist die wichtigste Herausforderung im 21. Jahrhundert.  Wesentlich bedeutendere Faktoren für das Artensterben als die Klimaveränderung sind beispielsweise die Übernutzung der Ressourcen, die Zerstörung von Lebensräumen wie beispielsweise Wäldern, die Versiegelung von Flächen, die industrielle Landwirtschaft, der Pestizideinsatz und die illegale Jagd.  Diese Energiewende, die keine ist, setzt an den falschen Stellen an und ist gescheitert.

Sogar für den vermeintlichen Klimaschutz hätte ein sofortiger Ausbaustopp keine Auswirkungen.  Der Anteil Deutschlands am weltweiten CO2-Ausstoß liegt bei ca. 2 %.  Der Anteil der Windenergie am gesamten Energieverbrauch in Deutschland liegt ebenfalls bei nur ca. 2 %.  Es ist unverantwortlich, für diese marginalen Beiträge unsere Landschaften, Wälder und Lebensräume weiter zu zerstören.  Wenn der Ausbau so weitergeht und keine Vernunft eintritt, werden die durch die Windindustrie zerstörten Flächen die des Braunkohletagebaus um ein Vielfaches übersteigen.

Alleine für den Monat Dezember 2017 betrug die EEG-Vergütung für Wind- und Solarenergie genau 1.394.891.474,00 €, der Börsenwert EEX für Wind- und Solarenergie jedoch lag bei 354.193.185,00 €. Die Differenz in Höhe von minus 1.040.698.288,00 € müssen die Stromkunden zahlen.  Hinzu kommen noch die Kosten für die Entsorgung von nicht benötigtem Strom durch eine geringere Nachfrage an den Weihnachtsfeiertagen 2017 an das Ausland sowie die Redispatch-Kosten in Höhe von über 400 Millionen Euro nur im Dezember 2017.  Alle zusätzlichen Kosten („negative Strompreise“, Entschädigungszahlungen für abgestellte Anlagen, Redispatch-Kosten) dürften für 2017 bei deutlich über 1 Milliarde Euro liegen.

In Rheinland-Pfalz z.B. stehen bundesweit die meisten Windindustrieanlagen im Wald.  Wälder, die neben den Mooren zu den größten Kohlenstoffspeichern gehören, werden industrialisiert und damit zerstört.  Das ist völlig absurd und offensichtlich einer „durchgrünten“ Ideologie geschuldet, der sogar bürgerliche Parteien nahezu kritiklos folgen, die die Bewahrung der Schöpfung in ihren Parteiprogrammen verankert haben.  Daher ist es nicht verwunderlich, dass bei Regierungsbeteiligung einer bestimmten Partei die Zerstörung unserer Landschaften und Wälder am deutlichsten zutage tritt.

Die Zerstörung von Heimat, unserer Identität und die Degradation des kulturellen Erbes werden als Kollateralschaden einfach hingenommen, da der Zweck die Mittel heiligen soll.  Alleine die FDP hatte den Mut, die Sondierungsgespräche zur Regierungsbildung im Dezember 2017 abzubrechen.  Hierbei spielte auch eine Rolle, dass alle anderen Parteien den weiteren Ausbau der Windindustrie weiterverfolgen und weder das EEG noch die Privilegierung nach dem Baugesetzbuch aufgeben wollten.  Sind Teile von ihnen unter dem Deckmantel der „Weltklimarettung“ gar bereits selbst zu Profiteuren einer naturzerstörerischen Industrie und der von ihnen selbst beschlossenen Gesetze geworden?  Klimarettung durch Naturzerstörung ist eine contradictio in adiecto, ein Widerspruch in sich.

Bisher haben die großen Schutzgebiete, die Natura 2000-Gebiete, Landschaftsschutzgebiete und Naturparke allen Industrialisierungswellen unter allen Regierungen und Parteien standgehalten.  Erst die jüngsten politischen Strukturen haben es möglich gemacht, diese anzugreifen und zu zerstören, da ‚Grüne‘, wie es Alexander Wendt im Focus einmal formulierte, Wald inzwischen vor allem als „Bewuchs“ wahrnehmen, der die Installation neuer Windräder behindert.

Hinzu kommt der Verlust an Weitsicht – in visueller als auch in intellektueller Hinsicht.  Menschen brauchen Weitsicht, um nicht innerlich zu verengen.  Menschen brauchen Landschaften, die unverbaute Fernsicht ermöglichen.  Und diese Landschaften werden zugunsten einer Ideologie auf brutale Weise in kürzester Zeit zerstört.

Die in Jahrhunderten gewachsenen Natur- und Kulturlandschaften sind ein letztes Refugium in unserer Zivilisationsgesellschaft: Sie bieten uns Räume der Erholung, Spiritualität und Stille.  Sie sind noch weitgehend frei von visuellen und akustischen Störungen.  Malerische, erhabene und unverbaute Landschaften prägen für uns Menschen maßgeblich das mit, was wir als Heimat und Identität empfinden.  Sie sind ein Wert an sich.

Aber auch der „Verlust historischer Tiefe in Bezug auf den Zustand unserer Lebenswelt und die Umdeutung des Naturschutzes in ‚Klimaschutz‘ gehören gewissermaßen zum Kalkül der gezielten Opferung von Landschaften auf dem Altar der ‚Energiewende’ “, wie es Wolfgang Epple in der Denkschrift der NATURSCHUTZINITIATIVE e.V. „Windkraftindustrie und Naturschutz sind nicht vereinbar“ treffend formuliert.

Ganz im Sine einer ethisch begründeten Verantwortung brauchen wir einen Politikwechsel, der wieder zur Besinnung und zum natürlichen Respekt vor Mensch, Tier und Pflanze führt.  Dazu gehört u.a. die Abschaffung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) sowie der Privilegierung nach dem Baugesetzbuch.  Beides sind Instrumente der Planwirtschaft und passen weder zu einer freiheitlichen Gesellschaft noch zum Natur- und Landschaftsschutz.

Das EEG und die Privilegierung behindern die Erforschung alternativer und naturverträglicher Energietechniken.  Wir wollen keine „vergrämte Natur“ und keine zerstörten Landschaften.  Jedes Windrad, das nicht mehr gebaut wird, ist daher ein Gewinn für den Natur- und Landschaftsschutz – und für uns Menschen.

Abschließend müssen wir noch die Frage stellen, ob diese Art der „Energiewende“ mit Artikel 20a des Grundgesetzes im Einklang steht, der den Staat verpflichtet, die „natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere“ zu schützen.

Wenn wir aber feststellen müssen, dass die Windenergie bei weiter steigendem CO2-Ausstoß, gar keinen (vermeintlichen) Klimaschutz bewirkt, darf der Staat die irreparablen Schäden an Natur und Landschaft nicht hinnehmen.  Somit widerspricht die Genehmigung und Subventionierung von Windenergieanlagen der Verpflichtung des Staates zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen und der Tiere nach Artikel 20a des Grundgesetzes.

Selbst die Monopolkommission zur Beratung der Bundesregierung spricht von einem „teuren Irrweg in der Energiepolitik mit null Klimaschutzwirkung“.  Der Staat missachtet also das Verfassungsgebot in zweifacher Hinsicht: Er zerstört, was er zu schützen verpflichtet ist, und er versäumt es, den Folgen der Klimaveränderung mit tatsächlich wirksamen Maßnahmen entgegenzutreten.

Das geltende EEG-Recht und die Privilegierung sind jedenfalls nicht geeignet, die schweren Eingriffe in Natur und Landschaft verfassungsrechtlich zu rechtfertigen.  Deshalb gehören beide vollumfänglich abgeschafft.

 

*) Harry Neuman ist Bundesvorsitzender der NATURSCHUTZINITIATIVE e.V., einem bundesweit anerkannten Verband zum Schutz von Landschaften, Wäldern, Waldtieren und Lebensräumen  <www.naturschutz-initiative.de>