Rohstoffbedarf: Kehrseite der “grünen” Energie

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Ab 2050 will die EU klimaneutral („Green Deal“) sein, also keine Treibhausgase mehr in die Atmosphäre ausstoßen. Um dieses Ziel zu erreichen, muss bis dahin ein Großteil der Emissionen, die durch Verbrennung fossiler Brennstoffe wie Öl, Kohle oder Erdgas entstehen, vermieden werden, weil die Emission von CO2 als klimaschädlich postuliert wird. Angeblich wissenschaftlicher Konsens. Ein wissenschaftlicher Beweis der Klimaschädlichkeit aber fehlt.

Die weit verbreitete Ansicht, dass fossile Brennstoffe “schmutzig” und erneuerbare Energien wie Wind- und Solarenergie und Elektrofahrzeuge “sauber” sind, ist zu einem festen Bestandteil der Mainstream-Medien und politischen Annahmen im gesamten politischen Spektrum der Industrieländer geworden. Eine kritische Auseinandersetzung mit dem, was „sauber“ sein soll, ist nicht gewollt. Jede ernsthafte Betrachtung der allgemeinen Umwelt- und Lieferkettenauswirkungen erneuerbarer Energien fand bislang nicht statt.

Betrachten wir zum Beispiel batteriebetriebene Elektrofahrzeuge. Sind sie wirklich „sauber“? Die derzeit effizienteste Batterie ist der Lithium-Ionen-Akku. Dieser Akku ist auf mineralische Rohstoffe wie Kobalt, Graphit, Lithium, Mangan, Kupfer, Nickel und einige Seltene Erden angewiesen. Lithium und Kobalt sind hierbei derzeit unabdingbar. Aktuell wird das Angebot von Lithium von Chile und Australien bestimmt, die zusammen knapp 80 % der globalen Bergwerksförderung stellen [1].

Lithium und Kobalt gehören nach Angaben des Bundesumweltamtes [2] zu den als ökologisch kritisch eingestuften Mineralien. Rohstoffe sind ökologisch kritisch, wenn sie ein hohes Umweltgefährdungspotential aufweisen und gleichzeitig von hoher wirtschaftlicher Bedeutung sind.

Ein großes Problem ist ihre Gewinnung. Sie schadet oft der Umwelt und den Menschen in den Abbauregionen. Der Abbau von Kobalt birgt die Gefahr, dass Grubenwasser sauer wird. Die Erze, die abgebaut werden, können in Verbindung mit Wasser und Sauerstoff Schwefelsäure bilden. Die wiederum kann Flüsse, Seen und das Grundwasser vergiften. In dem Bericht des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) [3] werden die sauren Grubenwässer als das größte Umweltproblem der Bergbauindustrie bezeichnet. Sie entstehen vor allem, wenn Minen nicht mehr betrieben werden, also nicht nur beim Abbau von Kobalt.

Kritisch setzte sich auch Katharina Mau mit der Lithiumgewinnung in Zeit-Online auseinander [4]. Sie verweist unter anderem auf die Verschärfung der Wasserknappheit bei der Gewinnung des Lithiums aus den Salzseen in Bolivien. „Das Wasser in dieser Region sei jetzt schon knapp und das könnte sich durch die Lithiumgewinnung verschlimmern.“ Sie beruft sich hierbei auf eine Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages WD 8-3000-135/18 aus 2019.

Dies ist nur ein Teilaspekt der Negativseite. Mark P. Mills schlägt in seiner von Wash zitierten  Arbeit [5] einen deutlich größeren Bogen und kommt zu einer Realität, die den „Green Deal“ Enthusiasten nicht gefallen wird: Alle energieerzeugenden Anlagen müssen aus Materialien hergestellt werden, die aus der Erde gewonnen werden. Kurz gesagt, kein Energiesystem ist tatsächlich “erneuerbar”, da alle Anlagen den kontinuierlichen Abbau und die Verarbeitung von Millionen Tonnen Primärmaterialien und die Entsorgung von unvermeidbar abgenutzte Hardware erfordern. Im Vergleich zu Kohlenwasserstoffen führen „grüne“ Anlagen im Durchschnitt zu einer 10-fachen Erhöhung der Materialmengen, die zur Erzeugung der gleichen Energiemenge gewonnen und verarbeitet werden.

Wer also glaubt, mit dem Anschluss seines Elektrofahrzeuges an eine Steckdose Gutes für die Umwelt getan zu haben, der übersieht – bewusst oder auch nicht – die gesamte Fertigungskette dieser E-Mobilität. Die von Mills beschriebene Realität der „grünen Energie“ lässt sich wie folgt zusammenfassen [6]:

  • Der Bau von Windkraftanlagen und Sonnenkollektoren zur Stromerzeugung sowie Batterien zur Betankung von Elektrofahrzeugen erfordert im Durchschnitt mehr als das Zehnfache der Materialmenge, verglichen mit Anlagen, die Kohlenwasserstoffe verwenden, um die gleiche Menge an Energie bereit zu stellen.

  • Ein einzelnes Elektroauto enthält mehr Kobalt als 1.000 Smartphone-Batterien; die Flügel einer einzigen Windkraftanlage haben mehr Kunststoff als 5 Millionen Smartphones und eine Solaranlage, die ein Rechenzentrum mit Strom versorgen kann, verwendet mehr Glas als 50 Millionen Telefone.
  • Das Ersetzen von Kohlenwasserstoffen durch „grüne“ Anlagen nach aktuellen Plänen – ganz zu schweigen von den Bestrebungen nach einer viel größeren Expansion – wird den Abbau verschiedener kritischer Mineralien auf der ganzen Welt erheblich erhöhen. Zum Beispiel erfordert eine einzelne Batterie eines Elektroautos mit einem Gewicht von 1.000 pounds (ca. 453,6 kg) rund 500.000 pounds (ca. 226.796 kg) Ausgangsmaterial. Gemittelt über die Lebensdauer einer Batterie, “verbraucht” jede Meile des Fahrens eines Elektroautos fünf pounds (ca. 2,3 kg) Erdmaterial. Die Verwendung eines Verbrennungsmotors benötigt etwa 0,2 pounds (ca. 0,09 kg) Benzin pro Meile.
  • Öl, Erdgas und Kohle werden benötigt, um den Beton, Stahl, Kunststoffe und gereinigte Mineralien zu produzieren, die zum Bau „grüner“ Anlagen verwendet werden. Das Energieäquivalent von 100 Barrel Öl wird bei den Prozessen benötigt, um eine einzige Batterie herzustellen, die das Äquivalent eines Barrels Öl speichern kann.
  • Bis 2050 wird die Menge der ausgedienten Solarpanels – ein Großteil davon nicht recycelbar – nach den derzeitigen Plänen doppelt so viel wie die Tonnage des heutigen weltweiten Kunststoffabfalls ausmachen, zusammen mit über 3 Millionen Tonnen nicht recycelbaren Kunststoffen aus ausgedienten Windturbinenflügeln pro Jahr. Bis 2030 werden mehr als 10 Millionen Tonnen Batterien pro Jahr zu Müll werden.

Zum Abfallproblem bemerkt Schernikau [7]: „Es gibt noch keinen kostengünstigen Weg, um ausgediente Rotorblätter oder Solarpanele in großen Mengen zu recyceln. […] Stellen Sie sich vor was passiert, wenn Millionen von ausgedienten Batterien von Elektrofahrzeugen und Solarparks nach 10 – 20 Jahren das Ende ihrer Lebensdauer erreichen? Es wird zu einer „Abfallkatastrophe“ führen, denn es gibt weder genügend Recyclingkapazitäten noch Geld oder Energie, um diesen teilweise hochgiftigen Abfall zu entsorgen.“

Der Weg der „grünen“ Energie bedeutet zudem eine signifikante Ausweitung des heutigen bescheidenen Niveaus an grüner Energie – derzeit weniger als 4% des Gesamtverbrauchs der USA (gegenüber 56% aus Öl und Gas) – und der zu einer beispiellosen Zunahme des weltweiten Bergbaus für benötigte Mineralien führen und die bestehende Umweltbeeinträchtigungen verschärfen wird.

In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass die Urangewinnung zu zahlreichen Anfragen im Deutschen Bundestag in den 70er und 80er Jahren geführt haben, die stets Auskünfte über potentielle Umweltbeeinträchtigungen bei der Gewinnung des für den Betrieb von Kernkraftwerken erforderlichen Brennstoff verlangten. Hinter den Anfragen steckte die Absicht, den Nutzen der Kernenergie in Misskredit zu bringen. Mit dem Etikett „Grün“ werden Ansichten verdrängt, die einst die politische Überzeugung prägten.

Die Entschlossenheit, nicht zu wissen oder wegzuschauen, wenn Tatsachen die „grüne“ Überzeugungen angreifen, ist zwar leider eine dauerhafte Eigenschaft der menschlichen Natur, verhindert aber eine sachgerechte Übelabwägung, im vorliegenden Fall der Elektromobilität.

 

[1] https://www.bgr.bund.de/DE/Gemeinsames/Produkte/Downloads/DERA_Rohstoffinformationen/rohstoffinformationen-33.pdf?__blob=publicationFile&v=2

[2] https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/1410/publikationen/2020-06-17_texte_79-2020_oekoressii_abschlussbericht.pdf

[3] https://wedocs.unep.org/bitstream/handle/20.500.11822/9156/Sick%20Water.pdf

[4] Katharina Mau, „Dreckige Rohstoffe für saubere Autos“, Zeit-Online, 11.12.2019

[5] https://www.manhattan-institute.org/mines-minerals-and-green-energy-reality-check?utm_source=CCNet+Newsletter&utm_campaign=ddf9d90d5c-EMAIL_CAMPAIGN_2020_08_05_03_30_COPY_01&utm_medium=email&utm_term=0_fe4b2f45ef-ddf9d90d5c-36495737&mc_cid=ddf9d90d5c&mc_eid=2560bc397b

[6] https://the-pipeline.org/about-those-green-energy-unicorns/?utm_source=CCNet+Newsletter&utm_campaign=ddf9d90d5c-EMAIL_CAMPAIGN_2020_08_05_03_30_COPY_01&utm_medium=email&utm_term=0_fe4b2f45ef-ddf9d90d5c-36495737&mc_cid=ddf9d90d5c&mc_eid=2560bc397b

[7] Lars Schernikau, “Klimakrise/ Was nun?” Think beyond the obvious, 08.08.2020