Bundesrechnungshof beurteilt die Steuerung der Energiewende als mangelhaft

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„Die Steuerung der Energiewende durch das BMWi ist nach wie vor mangelhaft“. Mit diesen Worten rügt der Bundesrechnungshof erneut die Untätigkeit seit der Vorlage des letzten Berichtes vor drei Jahren. Die gesetzlichen Ziele einer sicheren und preisgünstigen Versorgung mit Elektrizität seien weiterhin unzureichend. Die Kritik ist derart massiv, dass man sich fragt, ob sich die Bundesregierung ihrer Verantwortung überhaupt bewusst ist.

„Seit unserer letzten Bilanz in 2018 hat sich zu wenig getan, um die Energiewende erfolgreich zu gestalten. Das ist ernüchternd. Die Bundesregierung steuert den Transformationsprozess weiterhin unzureichend. Das gefährdet eine sichere und bezahlbare Stromversorgung. Mehr noch: Die Energiewende droht Privathaushalte und Unternehmen finanziell zu überfordern“, bilanziert der Präsident des Bundesrechnungshofes Kay Scheller in der Presserklärung vom 30.3.2021 [1]anlässlich der Zuleitung eines Berichts an den Deutschen Bundestag über die Umsetzung der Energiewende durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi). „Die Bezahlbarkeit ist noch immer nicht messbar bestimmt; die Versorgungssicherheit lückenhaft erfasst. Ob Bürger und Wirtschaft künftig verlässlich mit Strom versorgt werden, unterliegt Risiken, die die Bundesregierung nicht vollständig im Blick hat. Bedenklich stimmen mich die hohen Strompreise für Privathaushalte und für kleinere und mittlere Unternehmen. Das setzt die Akzeptanz des Generationenprojektes aufs Spiel und gefährdet die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands. Hier besteht Handlungsbedarf: Wir schlagen vor, das System der staatlichen Umlagen und Entgelte grundlegend zu reformieren.“

Die sichere Versorgung mit Strom habe das BMWi anhand von Indikatoren und Schwellenwerten zu messen und zu bewerten. Sein Monitoring sei aber lückenhaft: Aspekte zur Versorgungszuverlässigkeit und Systemsicherheit wie Netzausbau und Speicher, Netzwartung, Netzstabilität oder Versorgungsausfälle decke sein Monitoring nicht oder nur unzureichend durch Indikatoren ab.

Bei anderen Kriterien beruhe die Bewertung auf „unrealistische oder überholte Annahmen“. Sie seien zu optimistisch und teils unplausibel. Nicht ausreichend berücksichtigt habe das BMWi zum Beispiel, dass beim Kohleausstieg eine Kapazitätslücke von bis zu 4,5 Gigawatt eintreten werde, die Leistung von vier großen konventionellen Kraftwerken.

Oder dass der stockende Netzausbau und die eingeschränkten grenzüberschreitenden Austauschkapazitäten erheblichen Einfluss auf die Versorgungssicherheit hätten (Abb.1).

Abbildung 1: Erreichter Netzausbau gegenüber Planung im Verzug

Oder auch, dass die neuen Pläne zur Wasserstoffgewinnung und zur „Elektrifizierung“ von Wärme und Verkehr einen erheblichen Strom-Mehrbedarf verursachen würden.

Ein Worst-Case-Szenario als Stresstest würde fehlen, in dem mehrere verschiedene Risiken zusammentreffen, die sich nachteilig auf die Versorgungssicherheit auswirken können.

Unklar sei, was das BMWi unter einer preisgünstigen und effizienten Versorgung mit Elektrizität verstehe. Die hohen Strompreise für Privathaushalte und für kleinere und mittlere Unternehmen würden bedenklich stimmen. Das setze die Akzeptanz der Energiewende aufs Spiel und gefährde die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands. Das jetzige Energiepreissystem mit seinen Entgelten, Steuern, Abgaben und Umlagen führe absehbar zu immer höheren Strompreisen. Sie machen bereits jetzt 75 % des Strompreises aus (Abb.2). Alle

Abbildung 2: Zusammensetzung des Strompreises

bisherigen Bemühungen der Bundesregierung hätten diese Entwicklung nicht stoppen können. Dieser Trend werde sich vielmehr fortsetzen, und zwar über Faktoren wie den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien, die Leistungsfähigkeit des Stromnetzes oder die CO2-Bepreisung.

Eine detaillierte Darlegung der vorgenannten Kritikpunkte ist in [2] zu finden.

Zuständigkeitshalber (?) beschränkt sich die Kritik des Bundesrechnungshofes ausschließlich auf die grundlegende Umstellung der Energieversorgung gemäß Energiewirtschaftsgesetz, d.h. weg von nuklearen und fossilen Brennstoffen, hin zu erneuerbaren Energiequellen und zu mehr Effizienz. Das ursprüngliche und anfangs ausschließliche Ziel der CO2-Emissonsverminderung bis hin zum vollständigen Verzicht auf fossile Brennstoffe (Dekarbonisierung) findet keine Erwähnung. Falls das Verminderungsziel 2020 erreicht wurde, dann nur aufgrund der Lockdown-Maßnahmen und wirtschaftliche Einschränkungen infolge der Corona-Pandemie. In den McKinsey-Berichten war bislang von Zielverfehlung die Rede. Sobald die wirtschaftlichen Produktionen wieder altes Niveau erreichen und nach Abschaltung der Kernkraftwerke bis Ende 2022 und deren Stromkompensation durch Kohlekraftwerke werden die CO2-Emissionen wieder ansteigen. Ob das CO2 überhaupt die entscheidende Rolle bei der Energiewende spielte, hatten wir bereits hier in Frage gestellt.

 

[1] https://www.bundesrechnungshof.de/de/presse-service/pressemitteilungen/sammlung/bund-steuert-energiewende-weiterhin-unzureichend

[2] https://www.bundesrechnungshof.de/de/veroeffentlichungen/produkte/sonderberichte/langfassungen-ab-2013/2021/umsetzung-der-energiewende-im-hinblick-auf-die-versorgungssicherheit-und-bezahlbarkeit-bei-elektrizitat-pdf