Die Rückkehr zur sozialen Marktwirtschaft, einer Marktwirtschaft in Sinne von Ludwig Erhard, forderte die neue Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche auf dem Ludwig-Erhard-Gipfel vom 7. bis 9. Mai 2025 am Tegernsee zur Überwindung des wirtschaftlichen Einbruchs in Deutschland [1]. Die Ursache des Einbruchs sei überwiegend „Made-in-Germany“ und so müsse auch die Lösung dafür „Made-in- Germany“ geschaffen werden.
Die Behebung der Krisen in der Automobil-, der Maschinen- und Chemieindustrie erforderten eine gesicherte und vor allem wettbewerbsfähige Energieversorgung und eine Absenkung der Stromkosten sowie einen Realitätscheck der Techniken zur Energieerzeugung. Dabei dürfe keine Technik außen vorgelassen werden, wir seien auf alle angewiesen. Die Ausschreibung von 20 GW Gaskraftwerke zum Ausgleich der Dunkelflaute müsse dringend erfolgen. Der Klimaschutz in der Energiepolitik der vergangenen 15 Jahre sei überbetont worden, an eine Klimaneutralität bis 2045 glaube sie nicht.
Bei einer Podiumsdiskussion auf obiger Veranstaltung habe sich nach KTG-Info [2] Katherina Reiche grundsätzlich offen gegenüber der Kernenergie gezeigt. Vor allem sprach sie sich dafür aus, entsprechende Forschung in Deutschland zu erhalten und hier neue Reaktortypen zu entwickeln. Dabei war nicht nur die im Koalitionsvertrag explizit genannte Kernfusion gemeint, sondern ausdrücklich auch sogenannte Small Modular Reactors (SMR). In Europa hatte sich eine EU-SMR-Allianz gebildet, an der, so ist zu hoffen, sich die Bundesregierung künftig beteiligt.
Hinsichtlich eines Wiedereinstiegs in die Kernenergie insbesondere durch Wiederinbetriebnahmen äußerte Reiche dagegen, dass die Chance dazu verpasst worden sei und man nun damit leben müsse. Sie stellte dabei explizit auf das fehlende Vertrauen bei den Betreibern und in der gesamten deutschen Energiewirtschaft auf verlässliche Rahmenbedingungen für Kernenergie sowie die Schwierigkeit ab, in Deutschland einen dauerhaften Konsens hinsichtlich der Kernkraftnutzung zu erreichen. In ähnlicher Weise zu beiden Aspekten hat sich beim KernD-Verbandstag am 7. Mai auch der Bundestagsabgeordnete Dr. Andreas Lenz geäußert, der die Aufklärungsarbeit des Untersuchungsausschusses zum Kernenergieausstieg sehr engagiert vorangetrieben und sich auch stark für einen raschen und konkreten Wiedereinstieg in die Kernkraftnutzung eingesetzt hat.
Zu wünschen wäre allerdings auch, dass die neue Bundesregierung die Endlagervorhaben „Konrad“ und „Standortsuche“ für die Endlagerung hochaktiver Abfälle einer grundsätzlich neuen Bewertung unterzieht und dabei auch Bewertungen der Endlagerkommission bezüglich der Transformation und der Bohrlochlagerung einbezieht. Die bisherige Entwicklung der Standortsuche als Ersatz für das aufgegebene Gorleben-Vorhaben lässt ein real existierendes Endlager in diesem Jahrhundert als unwahrscheinlich erscheinen.
Neuer deutscher Pragmatismus bei Kernenergie für Neustart der deutsch-französischen Beziehungen [2]
Die Berliner Zeitung berichtet – Bezug nehmend auf einen Artikel der Financial Times (FT) – dass die neue Bundesregierung unter Kanzler Merz die jahrzehntelange ablehnende Haltung gegenüber der Nutzung der Kernenergie innerhalb der EU aufgeben will und damit eine Politikwende auf diesem Feld einleitet. Mit dem Signal, dem französischen Bestreben, die Kernenergie mit anderen CO2-armen Technologien in der EU gleichzustellen, nicht mehr im Weg zu stehen, soll eine neue Energiepartnerschaft mit Frankreich ermöglicht werden. Ein französischer Beamter äußerte gegenüber der FT, dass die deutsche Seite signalisiert habe, in Sachen Kernenergie künftig sehr pragmatisch zu handeln und ein deutscher Beamter sprach von einem grundlegenden politischen Wandel.
Quellen:
[1] https://ludwig-erhard-gipfel.de
[2] KTG-Fachinfo 07/2025 vom 20.05.2025: Neue Töne aus Berlin