des Diskussionsentwurfs der CDU/CSU-Fraktion
Die Ampel-Regierung der 20. Legislaturperiode ist nach drei Jahren im Amt vorzeitig auslaufendes Modell. Täglich berichten die Medien über den schlechten Zustand der deutschen Wirtschaft. Im Wirtschaftswachstum 2024 rangieren beinahe alle EU-Länder vor Deutschland. CDU/CSU legten für den Energie-Kongress einen Diskussionsentwurf mit dem Titel „Neue Energie-Agenda für Deutschland“ [1] vor. Jene Parteien, die über 16 Jahre für die Energie- und Umweltpolitik mit verantwortlich waren und zum jetzigen Wirtschaftszustand maßgeblich beigetragen haben. Bietet der Diskussionsentwurf Verbesserungsvorschläge?
Zustand nach 25 Jahren Energiewende-Politik
Viele Unternehmen in Deutschland sind global gesehen nicht mehr wettbewerbsfähig. Wir haben zu hohe Energiepreise, zu hohe Arbeitskosten, zu viel Bürokratie (zum Beispiel das „Lieferkettengesetz“), zu hohe Steuern. Deswegen halten sich die Unternehmen mit Investitionen zurück, und der Export will auch nicht richtig in Gang kommen. Und es fehlt vor allem an Investitionen in Innovationen, was auch eine Folge der politisch gewollten Transformation ist. Eine Politik, weg von der sozialliberalen Marktwirtschaft und ersetzt durch eine Planwirtschaft. „Das Modell der staatlich gelenkten und subventionierten Wirtschaft, deren Zweck nicht mehr in der Wohlstandsvermehrung besteht, sondern in einem Gesellschaftsumbau nach Plan.“ [2]
Da eine sichere Abdeckung der Grundlast in der Stromversorgung mit erneuerbaren Energien nicht möglich ist, soll sich die Verbraucherseite anpassen. Die Energiewende, die Stromversorgungssicherheit und mit ihr die „große Transformation“ ist zu einem Hasardspiel geworden. Die stromerzeugenden Anlagen sollen immer weniger nach den Wünschen der Kunden betrieben werden, sondern das Stromangebot soll die Produktionspläne bestimmen, mithin auch die Stromnutzung in den Haushalten, so wie im Grundsatzpapier der Ampel „Strommarktdesign der Zukunft“ beschrieben. Das Zauberwort heißt darin „Flexibilität“.
Kritik an markanten Textstellen des Diskussionsentwurfs
„Bezahlbare, saubere und sichere Energie ist eine Grundvoraussetzung für unsere Zukunft als Industrie- und Handelsnation“.
Gebetsmühlenartig wurde diese Grundvoraussetzung in all den 25 Jahren der Energiepolitik wiederholt. Und was wurde erreicht? Deutschland hat europaweit mit die höchsten Energiekosten, die maßgeblich für die Wirtschaftsflaute sind. Die „Bezahlbarkeit“ bleibt wegen der hohen Kosten der Energiewende unglaubwürdig. Ebenso die „Versorgungssicherheit“, sie steht auf wackligen Beinen. Die in die Tausende gehende Zahl der jährlichen zumal auch kostenträchtigen Eingriffe zum Erhalt der Netzstabilität belegen ihre Anfälligkeit. „Sauberkeit“ meint umweltschonend. Die Verspargelung der Natur mit Windenergieanlagen, die Zerstörung von Wälder und ihre Folgen für die Vogelwelt sind das absolute Gegenteil von umweltschonend.
„Wir werden Deutschland als Industrieland wieder stärken und bis 2045 klimaneutral machen.“
Das vom Menschen erzeugte Kohlenstoffdioxid CO2 wird weiterhin entgegen wissenschaftlicher Erkenntnisse als Ursache für die gegenwärtig leicht steigende Temperatur der Erdatmosphäre angesehen. Diese Auffassung ist wissenschaftlich nicht belegt. Die Vorstellung, durch die Klimaneutralität den Klimawandel aufzuhalten, ist absurd. Überdies ist CO2 für die Pflanzenwelt unabdingbar. Ohne CO2 gäbe es kein Leben auf der Erde. Bleibt es bei dem Ziel der Klimaneutralität, dann wäre das eine Fortsetzung der Ampel-Politik.
„„Die Klima- und Kosteneffizienz der Energiepolitik muss grundlegend gesteigert werden. Schnelle und wirksame Maßnahmen müssen kostspieligen Ideallösungen vorgezogen werden.“
Die überwiegend auf Wind- und Solarenergie ausgerichtete Energiepolitik war wegen fehlender Voraussetzungen (Energiespeicher, Grundlastfähigkeit, Stromnetze, Wetterabhängigkeit) von Anfang an auf rechtliche Einspeise-Bevorzugung, auf Zwangsabgaben (EEG) und erheblichen Subventionen angewiesen – bis heute. Die deutschen CO2-Einsparungen lassen sich nur zum Teil auf die Erneuerbaren zurückführen. Global haben diese Einsparungen keinen Effekt. Weder Klima- noch Kosteneffizienz sind bei Beibehaltung dieser Energiepolitik möglich, jedenfalls keine Effizienz, die diesen Namen verdient.
„Echte Technologieoffenheit ist die Voraussetzung für umfassende Effizienz.“
Technologieoffenheit bedeutet eine unvoreingenommene Prüfung aller Energieoptionen im Hinblick auf eine langfristige Versorgungssicherheit. Das bedeutet eine erneute Prüfung der Optionen Kernenergie, Kohle, Gas, Öl, Wasserstoff und ganz besonders Fracking. Bereits in der Zeit ihrer Regierungsverantwortung hatten CDU/CSU diese Technologieoffenheit nicht erkennen lassen. Eine Änderung dieser Haltung ist nicht glaubwürdig, zumal die „grüne“ Politik bei ihr dominierte.
„Das Abschalten der letzten Kernkraftwerke zum 15. April 2023 mitten in der Energiekrise war eine ideologisch motivierte Fehlentscheidung der Ampel. Wir streben schnellstmöglich eine fachliche Bestandsaufnahme an, ob angesichts des jeweiligen Rückbau-Stadiums eine Wiederaufnahme des Betriebs der zuletzt abgeschalteten Kernkraftwerke unter vertretbarem technischem und finanziellem Aufwand noch möglich ist.“
Das Eingeständnis der Fehlentscheidung ist zwar zu begrüßen, überzeugend ist das Eingeständnis gleichwohl nicht. Schließlich fiel die Fehlentscheidung bereits 2011 unter Angela Merkel. Was haben beide Parteien seither, insbesondere auch in der Zeit nach Abschalten der letzten drei Kernkraftwerke, also in ihrer Oppositionszeit, Überzeugendes unternommen, dass eine Wiederinbetriebnahme möglich erscheinen lässt? Wurden den KKW-Betreibern eine spätere Wiederinbetriebnahme in Aussicht gestellt? Allem Anschein nach, ist es dazu zu spät. Die Mehrheit der Öffentlichkeit hatte sich nach fast 50 Jahren Kernkraftwerksbetrieb in Deutschland in gewisser Weise an ihn gewöhnt. Insbesondere die Anwohner an den KKW-Standorten haben die wirtschaftliche Bedeutung der Kernkraftwerke für umliegende Gemeinden erfahren können. Der Weiterbetrieb der letzten drei Kernkraftwerke hätte als Präzedenzfälle weiterhin von der Nutzung der Kernenergie überzeugen können. Aber auch diese Chance wurde vertan.
„Wir befürworten zudem Forschung und Entwicklung von Kernkraftwerken der vierten und fünften Generation sowie von SMR (Small Modular Reactors) und beteiligen uns hierzu an europäischen Partnerschaften und internationalen Initiativen.“
Bei dieser Absicht kann man nur hoffen, dass CDU/CSU auch in einer etwaigen Koalition konkrete Maßnahmen zur Förderung von F+E bei den genannten Kernkraftwerken ergreift, insbesondere die diesbezügliche Änderung des Atomgesetzes. Es ist absolut unbegreiflich, dass Deutschland als bedeutendes Industrieland mit dem Ausstiegsbeschluss zugleich auch die staatlich geförderte nukleare Forschung rechtlich unterbunden hat. Der Anschluss an die Weltspitze ging verloren. Seither ist die Zahl der Lehrstühle auf diesem Sektor stark rückläufig.
„Beim Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft steht unsere Positionierung unter dem Motto „schneller, bunter, breiter“. Wir werden dafür sorgen, dass die Wasserstoffinfrastruktur zügig alle Wirtschaftsregionen erreicht.“
Prof. Samuel Furfari, ehemaliger leitender Beamter in der EU-GD „Energie“, warnte bereits vor Jahren vor der „Wasserstoff-Illusion als Sackgasse, dass die Nutzung von Wasserstoff zur Speicherung und anschließenden Erzeugung von Strom, aber auch als Kraftstoff aus so offensichtlichen wirtschaftlichen und sicherheitstechnischen Gründen nicht möglich sein wird.“ Die Wasserstoff-Strategie sei ein kostspieliger politischer Fehler. Die massiven Kosten zum Aufbau der technischen Infrastruktur, die ungeklärten Fragen des Wasserstofftransports, die Verfügbarkeit von hochreinem Wasser und der enorme Energieverlust auf der gesamten Kette von der Wasserstofferzeugung bis zu seinem Einsatz (etwa 80%), spricht gegen seine Rolle als Retter der Energiewende. Zumal zwei Drittel des als notwendig ausgewiesenen Wasserstoffs importiert werden muss. Bereits die Stromerzeugung mit Erdgas ist deutlich teurer als der Einsatz von Kohle. „Grüner“ Wasserstoff zur Stromerzeugung würde die Erzeugungskosten um mindestens das Vierfache erhöhen. Detaillierte Angaben hier, hier, hier.
„Neben dem konsequenten Ausbau der erneuerbaren Energien muss endlich neue steuerbare Leistung als verlässliche Säule unserer Energieversorgung aufgebaut werden. Auf dem Weg zum gesellschaftlich breit getragenen Kohleausstieg 2038 darf es kein weiteres endgültiges Abschalten von Kohlekraftwerken geben, solange keine neuen Gaskraftwerke als Ersatz gebaut sind und zusätzliche alternative gesicherte Leistung für alle Landesteile verfügbar ist.“
Ist der CDU/CSU immer noch nicht bewusst, dass mit jedem weiteren Ausbau der erneuerbaren Energie die Netzregelung problematischer und der Bedarf an konventionellen Regelkraftwerken unverändert bei rund 60 GW liegen wird, da die Abdeckung der Grundlast mit Erneuerbaren nicht möglich ist? Dass Deutschland langfristig über keine preislich angemessenen Energiespeicher ausreichender Kapazität verfügen wird? Wer von der Flatterstrom-Erzeugung als verlässliche Säule spricht, zeigt seine Unkenntnis in der Stromerzeugung.
„Steuerbare Leistung“ ist die von den Grünen geforderte Flexibilität im Stromgebrauch (siehe oben). Will man tatsächlich mit der „steuerbaren Leistung“ dem Stromverbraucher vorschreiben, wann man Strom entnehmen darf? Eine „angebotsorientierte Versorgung“ bedeutet einen Rückschritt in vorindustrielle Zeiten, wo die Menschen nur in Abhängigkeit vom natürlichen Energieangebot arbeiten konnten. Ein „angebotsorientiertes Versorgungssystem“ wäre weltweit einmalig und somit wettbewerbsfeindlich. Wer so etwas fordert, verfügt über eine tiefgreifende Unkenntnis der industriellen Praxis.
„Der Suchprozess für ein Endlager für radioaktive Abfälle in Deutschland auf Basis einer weißen Landkarte mit den gesetzlich festgelegten Kriterien muss unter Einbeziehung von Erfahrungen europäischer Partnerländer und mit Fortsetzung der Forschung an neuen Technologien wie der Transmutation beschleunigt werden“.
Wer ernsthaft die Kernenergie wieder nutzen will, sollte sich unverzüglich für die schnelle Bereitstellung eines Endlagers einsetzen. Mit der Aufgabe des Endlagerkonzeptes Gorleben und der rechtlichen Neuordnung der Entsorgung in 2016 wurde ein Weg eingeschlagen, der die staatliche Verpflichtung zur Bereitstellung eines Endlagers für abgebrannte Brennelemente in diesem Jahrhundert für wenig wahrscheinlich, nach meiner persönlichen Meinung unmöglich macht.
„Wir wollen den europäischen Binnenmarkt für Energie vollenden. Ziel ist eine echte europäische Energie-Union. Statt gegenseitiger Belehrungen im deutsch-französischen Verhältnis müssen diese unterschiedlichen Strategien respektiert und Synergien genutzt werden. Deutscher Ökostrom wird im französischen Netz und französischer Strom aus Kernenergie im deutschen Netz genutzt.“
Bei dem letzten Satz kommt einem aus deutscher Sicht das Motto in den Sinn: „Tausche Rostlaube gegen Luxusauto“. Die nationalen Stromnetze in Europa sind zwar durch grenzüberschreitende Leitungen auf der Hoch- und Höchstspannungsebene miteinander verbunden. Dadurch wird die physikalische Basis dafür geschaffen, dass Stromschwankungen ausgeglichen werden können und der Strom über die Grenzen hinweg gehandelt werden kann. Die Größe der ausgleichbaren Schwankungen ist aber dabei durch die Transportkapazität der Verbindungsleitungen begrenzt. Jeder EU-Staat hat daher primär für eine ausreichende, sichere Selbstversorgung zu sorgen. In den Wintermonaten liegt der Stromanteil der Erneuerbaren deutlich unter 50%. Mit dem Ausstieg aus der Kernenergie, mit der Einstellung der Erdgaslieferungen aus Russland und dem geplanten Verzicht auf Kohle ist Deutschland zur Sicherung der Grundlast auf den Import von Flüssiggas (LNG) als quasi einziger Energieoption angewiesen. Sollten die Vereinigten Staaten mit ihrer Absicht, den Export von Flüssigkeit zu beschränken, Ernst machen, würde ein wesentlicher Lieferant für Deutschland entfallen. Bei strengen Wintern könnte die Gasbevorratung knapp werden. Frankreich wäre gut beraten, sich nicht auf Stromlieferungen aus Deutschland zu verlassen.
Schlussbemerkung
Der „grüne“ Weg der Energiewende ist eine Sackgasse. Sein Scheitern wird mit jedem Tag offensichtlicher. Er hat horrende Steuergelder verschlungen, deren Ende noch nicht abzusehen ist, hat zu erheblichen Strompreissteigerungen geführt, hat zu Wettbewerbsverzerrungen und zur massiven Schwächung der deutschen Wirtschaftsleistung beigetragen. Die Energieversorgung und die Versorgungsicherheit sind stark geschwächt. Und last but not least richtet sich der „grüne“ Weg gegen den Willen einer Mehrheit der Bevölkerung.
Die „Neue Agenda für Deutschland“ lässt nicht erkennen, wie CDU/CSU der Sackgasse entkommen kann. Will sie es überhaupt? Sie plädiert für den“ konsequenten Ausbau der erneuerbaren Energien“, trotz aller Warnungen im Hinblick auf die zunehmenden Risiken der Netzregelung. Sie will „Technologieoffenheit“. Wo, bei welchen Techniken? Dass die steigende Besteuerung des CO2, die die Stromkosten antreibt, wird ignoriert: „Die CO2-Bepreisung und der Zertifikatehandel (ETS) ist das ökonomisch und ökologisch effizienteste Instrument“ und wird weiter verfolgt. Nicht im Ansatz lässt sie Zweifel an der Treibhauswirkung des CO2 erkennen. Folglich schreitet sie auf dem Weg der Klimaneutralität weiter. Die vorgeschlagene Prüfung auf Wiederanfahren der letzten drei Kernkraftwerke klingt nach leerem Gerede. Das in Deutschland in erheblichem Maße verfügbare Fracking-Gas bleibt unerwähnt, obwohl dieses Gas den LNG-Importzwang drosseln könnte. Die eingeschlagene Wasserstoff-Strategie wird trotz ihrer Kosten und Ineffizienz weiter verfolgt. Lichtblicke im Diskussionspapier sind die Absicht, das Verbrennerverbot und das Heizungsgesetz aufzuheben.
Was aber bleibt von den wenigen in die richtige Richtung weisenden Ansätzen Im Diskussionspapier, wenn CDU/CSU auf einen Koalitionspartner wie SPD oder Die Grünen angewiesen sein wird, was wahrscheinlich ist?Diese Erfahrung liegt bereits vor!
[1] „Neue Energie-Agenda für Deutschland“, Diskussionsentwurf der CDU-CSU Fraktion im Deutschen Bundestag
[2] Alexander Wendt, „Wohlstandsvernichtung als Regierungsprogramm“, Tichys Einblick 12/24