“Nicht ohne mein Atomkraftwerk!”

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Den nachfolgenden Text (leicht gekürzt) schrieb Klara Beseler in der Zeitschrift „der FREITAG“ vom 28.12.2018, einem Meinungsmagazin. Sie ist mit ihrer Meinung nicht allein: In deutschen Medien mehren sich Beiträge, die in Sachen „Klimaschutz“ neu auf Kernkraftwerke setzen bzw. sich gegen deren Abschaltung wehren. Insbesondere haben sich in Anbetracht der CO2-Reduzierung die Europäische Kommission und der Weltklimarat IPCC für die friedliche Kernenergienutzung ausgesprochen. In Großbritannien wurde kürzlich mit dem Bau des Hinkley Point C Kernkraftwerkes begonnen.

BESELR: „Wenn Deutschland wirklich eine Vorreiterrolle im Klimaschutz haben will, muss die Heuchelei der Anti-Atom-Aktivisten ein Ende haben und einem neuen Realismus weichen. —- In Polen hat Bundesumweltministerin Svenja Schulze zusammen mit Vertretern anderer Staaten eine Absichtserklärung vorgelegt, in der sich die Unterzeichner ehrgeizigen Klimaschutzplänen bis 2020 verpflichten. Das klingt positiv, verbirgt aber eine bittere Wahrheit: Deutschland versagt in Sachen Klimaschutz auf ganzer Linie. Allerdings nicht aus Mangel an Engagement, wie es so häufig Umweltaktivisten verbreiten.

Deutschland gefällt sich sehr in einer selbstgerechten Vorbild- und Vorreiterrolle, wenn es um Klima geht. Doch fällt auf seine Nase, wer sich den deutschen Kohlendioxid-Ausstoß ansieht. Laut Bundesumweltministerium sind nämlich „Deutschlands Emissionen insgesamt ” gestiegen. Rückgänge waren bisher temporär, insignifikant und milden Witterungsbedingungen geschuldet. Zwar sind Treibhausgas-Emissionen generell gesunken, aber dies liegt an den rapide fallenden Methan (CH4)- und Di-Stickstoffoxid (N2O)- Werten. (Die Grafik des Umweltbundesamt weist eine seit zehn Jahren nahezu gleichbleibende CO2-Emission auf.)

Wie kann das sein? Hat die Regierung nicht mehrere Milliarden Euro in erneuerbare Energien investiert? Ja, hat sie. Im Jahr 2017 allein satte 16,2 Milliarden. (Um genau zu sein: 11 Mrd. flossen in Wind, rund 2,3 Mrd. in Solar und der Rest in andere). Außerdem verfügt Deutschland mit einer installierten Windkapazität von knappen 1,3 GW über die ” zweitgrößte Windenergie-Branche in Europa hinter Großbritannien.

Quelle: Umweltbundesamt

Nur hat Deutschland vergessen, echten Klimaschutz zu betreiben. Denn all das investierte Geld und all die installierten Kapazitäten sind bedeutungslos beim derzeitigen Stand der Dinge. Das Desaster fing mit dem panischen Ausstieg aus der Kernenergie und der damit eingehenden, viel zu früh zelebrierten Energiewende an. Um den Kohlendioxid-Ausstoß zu senken, muss der Konsum fossiler Brennstoffe drastisch gedrosselt werden. Erneuerbare Energien sind daher folgerichtig. Leider haben diese Energien aber diverse Nachteile: So sind sie nicht rund um die Uhr einsetzbar. Die Sonne scheint in Deutschland nicht einmal jeden Tag. Wind gibt es mal mehr, mal weniger.

Keine Kernenergie? Für Deutschland als Hochtechnologiestandort ist dies problematisch. Unsere Industrie benötigt Unmengen an Energie, die zuverlässig und ständig verfügbar sein muss. Aber auch für unser tägliches Leben ist dies eine wichtige Tatsache. Ansonsten wären Krankenhäuser, Supermärkte und unsere eigenen vier Wände nicht funktionsfähig. Anders ausgedrückt: erneuerbare Energien sind nicht in der Lage, die Grundlast unseres Landes zu tragen.

Natürlich gibt es eine Form der Energieerzeugung, welche diese Energienachfrage einfach erfüllen könnte, aber diese ist aus politisch-ideologischen Gründen unerwünscht. Doch Kernenergie ist verlässlich und vor allem CO2-neutral. Sie sollte eigentlich als das praktischste Mittel im Kampf gegen die Erderwärmung eingesetzt werden, vor allem in Kombination mit erneuerbaren Energien. Klingt logisch, ist aber für Grüne nicht akzeptabel. Das ist doppelt ironisch. Zum einen, weil sich die Bundesregierung durchaus im Klaren darüber war, dass Wind und Sonne Deutschlands Energiebedarf nicht decken können. Doch da Kernenergie unerwünscht ist, muss man nun auf Braunkohle setzen. Eine Schande, denn Braunkohle ist eine der dreckigsten Rohstoffe und, weil im Tagebau gefördert, für Zerstörungen der Natur verantwortlich.

Zum anderen ist es Entschluss von Öko-Aktivisten, auch massiv gegen Braunkohle zu protestieren. Das Paradebeispiel hierfür ist der Hambacher Forst, Glückselig und selbstgerecht, der Heuchelei der Täter nicht bewusst, ist das kleine Gehölz zum Symbol für den Kampf gegen fossile Brennstoffe stilisiert worden. Es wird exemplarisch für das Versagen der offiziellen Energiewende. Denn dass der Wald geopfert wird ist eine Folge des drohenden Energiemangels, der erst durch den „Atomausstieg“ herbeigeführt wurde.

Fast niemand sagt, dass dieselben Leute, die gegen die Rodung des Forstes protestieren, auch diejenigen sind, die gegen Kernenergie auf die Straße gehen. Seltsamer Ablauf: Wer jahrelang „Atomkraft, nein danke!‘ rief, kann nun Braunkohle heizen, will aber auch diese gar nicht.

Seit Jahren wird bei uns durch hanebüchene Desinformation die wichtige Rolle der Kernenergie geleugnet. (Geschieht in keinem Nachbarstaat!) Gleichzeitig werden „Erneuerbare“ Energien als non plus ultra gelobt. Würde man, so tönt es, mehr Wind-, Sonnen- und andere „umweltfreundliche“ Energien installieren, wäre Erderwärmung kein Thema mehr. Die Energieversorgung durch „Erneuerbare“ ist aber nicht gleichmäßig über das Land verteilt. Zum Beispiel weht Wind primär im Norden. Die dort produzierte Energie wird aber in den Industriezentren Mittel-und Süddeutschlands gebraucht. Leider ist die dafür existierende Infrastruktur noch immer nicht ausreichend. Auch ist Fakt, dass die nordbayerische Bevölkerung die geplanten Leitungsbauten nicht will.

Neuer Realismus. Man muss sich die Frage stellen: Will man den Klimawandel eindämmen oder einen freien Blick aufs Grüne haben? Beides scheint nicht möglich, solange man Atomkraftwerke – als zuverlässige, CO2-neutrale Energiequelle – verteufelt. Es ist zu schön, einfach und herrlich befriedigend „anti“ zu sein, ohne wirkliche Alternativen oder Lösungen anbieten zu müssen.

Leider wird über das, was wirklich gebraucht wird und was getan werden muss, um die menschliche Spezies zu retten, nicht bis zur letzten Konsequenz nachgedacht. Auch wenn es hart hinzunehmen sein mag: Zeit für einen neuen Kompromiss in unserer Klimapolitik.”