Deutschland verfehlt weiterhin selbstgesteckte Ziele der Energiewende

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Deutschland verfehlt nach aktueller Analyse [1] des Beratungsunternehmens McKinsey weiterhin den Großteil seiner selbstgesteckten Ziele für die Energiewende bis 2020. Zuletzt berichteten wir über die Analyse des zweiten Halbjahres 2017 [2]. Anhand von 14 Kriterien beurteilt das Unternehmen halbjährlich den Status der Zielentwicklung, entlang der drei Dimensionen des energiewirtschaftlichen Dreiecks: Klima- und Umweltschutz, Versorgungssicherheit und Wirtschaftlichkeit. Gleichzeitig sei mittelfristig nach dem beschlossenen Atom- und Kohleausstieg die Versorgungskapazität gefährdet, wenn die abgeschalteten Kapazitäten nicht rechtzeitig flexibel ersetzt werden und der Ausbau der Stromnetze schneller vorankommt.

Aus der Analyse nachfolgend ein paar Kernpunkte:

Ein Indikator mit „unrealistischer“ Zielerreichung ist die angestrebte CO2-Verminderung. Durch den witterungsbedingt deutlich geringeren Primärenergieverbrauch sei der CO2-Ausstoß zwar um 5,5 % gesunken, was einer Einsparung von ca. 50 Megatonnen CO2 gegenüber 2017 entspräche. Mit aktuell geschätzten 854 Megatonnen COpro Jahr sei man aber noch weit von der Zielmarke 750 Megatonnen COfür 2020 und 563 Megatonnen COfür 2030 entfernt. Von einer grundlegenden Trendwende könne keine Rede sein [1]. Da die CO2-Minderung größtenteils auf den ungewöhnlich hohen Temperaturen des Jahres 2018 beruhten, sei der Abwärtstrend voraussichtlich nicht nachhaltig und könne sich in einem kalten Jahr wieder umkehren.

„Unrealistisch“ sei auch die angestrebte Einsparung des Brutto-Stromverbrauches. Der liegt gegenüber dem Vorjahr nahezu unverändert bei rund 600 TWh. Das bedeutet lediglich eine Zielerreichung von 31 % [1].

Die Haushaltsstrompreise haben in Deutschland, allerdings auch in Europa, angezogen, aber es bliebe unverändert eine Strompreisdifferenz zwischen Deutschland und der EU von 38,3 %. Eine weitere Angleichung des deutschen Strompreises an den niedrigeren EU-Strompreis wird auch als „unrealistisch“ angesehen [1].

Die EEG-Umlage verharre seit 2014 auf einem Niveau von knapp unter 7 ct/kWh, während die geförderte Strommenge im gleichen Zeitraum um 50 % gestiegen sei. Daher bliebe der Indikator in seiner Zielerreichung „unrealistisch“ [1].

Der Ausbau des Stromnetzes mit 49 km Neutrassen in sechs Monaten vollziehe sich weiterhin schleppend. Von den 3.582 km bis 2020 seien erst 961 km fertiggestellt. Ob die vom Bundeswirtschaftsminister angekündigten Maßnahmen zur Erhöhung des Bautempos ziehen werden, müsse abgewartet werden [1]. Auf die Komplexität und den dadurch verursachten Zeitbedarf der über große Strecken in der Erde zu verlegenden Trasse des Hochspannungsgleichstroms geht die Analyse weder ein noch weist sie darauf hin. Wir haben auf dieser Webseite wiederholt auf die Besonderheiten und Schwierigkeiten der Erdverkabelung berichtet.

 

[1]Vahlenkamp, Th., et.al., Energiewende unter Strom – Durch Elektrifizierung zur Dekarbonisierung, Energiewirtschaftliche Tagesfragen (et) 69. Jg. (2019) Heft 3

[2]Tägder, K., Energiewende eine „Erfolgsgeschichte“? Von wegen!, ageu-die-realisten.com