Deutschland vor einem energiepolitischen Scherbenhaufen

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In atemberaubenden Tempo hat sich mit Beginn der russischen Invasion in der Ukraine die katastrophale Ausrichtung der deutschen Energiepolitik offenbart. Die angeblich „grüne“ Energiewende missachtete die Energieversorgungssicherheit und den gesunden Menschenverstand. Aus grundlastfähigen Energieträgern wie Kernenergie und Kohle auszusteigen, stattdessen auf die wetterabhängigen Stromerzeuger Wind und Solar und als Brücke auf Gas zu setzen, zudem als dominanten Gaslieferanten das autoritäre Russland auszuwählen, ist ein unbegreiflicher politischer Kardinalfehler, der sich jetzt rächt. Das Versorgungsdesaster war voraussehbar.

Wann endlich wird erkannt, dass eine auf Wind und Sonne aufbauende Stromversorgung unverzichtbar auf mitlaufende fossile oder nukleare Kraftwerke angewiesen ist? Ohne diese Anlagen gibt es keine Versorgungssicherheit.

Der erst wenige Monate alte Ampel-Koalitionsvertrag ist in Teilen quasi Makulatur. Lässt sich das Rad zurückdrehen? Bundeswirtschaftsminister Habeck schließt länger laufende Kohlekraftwerke nicht mehr aus. Der Bonner Generalanzeiger vom 3.3.2022 zitierte ihn mit den Worten:

„Da muss der Pragmatismus jede politische Festlegung schlagen, die Versorgungssicherheit muss gewährleistet sein.“ Im Zweifel sei diese Sicherheit wichtiger als der Klimaschutz.

Was noch vor wenigen Tagen undenkbar schien, auch die aus Umweltschutzgründen einst geschmähte Anlieferung von Flüssiggas wird realisiert. Der Bau von zwei Terminals ist kurzfristig in Planung gegangen.

Deutschland verfügt über ein beträchtliches Potential an Schiefergas, das mit dem Fracking-Verfahren gefördert werden kann. Wir berichteten darüber. Auch dieses ist in Betracht zu ziehen und darf nicht a priori als umweltschädigende Förderung abqualifiziert werden. Aus den USA angeliefertes Flüssiggas wurde ebenfalls mittels Fracking gefördert. Wie ist zu vermitteln, dieses Gas zwar einzuführen und zu nutzen, in Deutschland aber seine Förderung zu verbieten?

Selbst der Weiterbetrieb der letzten drei noch im Betrieb befindlichen Kernkraftwerke wurde in Medien gefordert und nicht gänzlich ausgeschlossen.

Wie stark ist Europa von Energieimporten abhängig? Shellenberger [1] nennt Zahlen:

  • Europa fördert 230 Milliarden Kubikmeter Erdgas pro Jahr, verbraucht aber 560 Milliarden Kubikmeter.
  • Europa fördert 3,6 Millionen Barrel Öl pro Tag und verbraucht 15 Millionen Barrel pro Tag.
  • Europa verbraucht 950 Millionen Tonnen Kohle pro Jahr, produziert aber nur die Hälfte davon.

Russland liefert etwa 20 Prozent des europäischen Öls, 40 Prozent des Gases und 20 Prozent seiner Kohle.

Derzeit bezieht Deutschland bei Gas 55 Prozent seiner Importe aus Russland, beim Erdöl sind es 35 Prozent und bei der Kohle 50 Prozent.

Wie ist es möglich, dass sich die europäischen Länder, insbesondere Deutschland, in den 30 Jahren seit dem Ende des Kalten Krieges so abhängig von einem autoritären Land machen ließen?

Für Shellenberger [1] ist klar: „Diese Länder befinden sich in den Fängen einer wahnhaften Ideologie, die sie unfähig macht, die harten Realitäten der Energieerzeugung zu verstehen. Die grüne Ideologie besteht darauf, dass wir keine Atomkraft und dass wir kein Fracking brauchen. Sie besteht darauf, dass es nur eine Frage des Willens und des Geldes ist, auf alle erneuerbaren Energien umzusteigen – und zwar schnell. Sie besteht darauf, dass wir ein Herunterfahren der Wirtschaft brauchen und dass wir vor dem drohenden menschlichen “Aussterben” stehen. (Ich weiß es. Ich selbst war einmal ein wahrer Gläubiger.)“

Grüne Kampagnen haben es geschafft, die gesicherte, kostengünstige deutsche Energieversorgung zu zerstören. Sie nennen es „Energiewende“, indem sie den politischen Entscheidungsträgern erfolgreich eine eigentümliche Version des Umweltschutzes verkaufen, eine apokalyptische Bedrohung für das menschliche Überleben durch den Klimawandel.

Um 2000 hatte Deutschland einen Kernenergiestrom-Anteil von rund 30 Prozent, ein CO2-freier Stromanteil und kostengünstig obendrein. Trotz endloser Studien, die zeigen, dass Kernkraft die sicherste, sauberste und zuverlässigste Energieform ist, reagierte Deutschland unter Kanzler Gerhart Schröder auf ständige Anti-Atom-Propagandaformen, die unbeherrschbare Risiken postulierten, und beschloss den Ausstieg – gestaffelt – bis ca. 2030.

Angesichts der durch einen Tsunami ausgelösten Reaktorkatastrophe im japanischen Kernkraftwerk Fukushima war es Kanzlerin Angela Merkel, die eine nur wenige Monate zuvor beschlossene Betriebsverlängerung aller deutschen Kernkraft nicht nur eigenmächtig rückgängig machte, sondern den Ausstieg Hals über Kopf bis 2022 beschloss, wobei acht der siebzehn Reaktoren sofort abgeschaltet werden mussten. Bis 2020 war der nukleare Stromanteil auf 11 Prozent reduziert worden.

Zum Vergleich: Frankreich deckt seinen Strombedarf mit rund 70 Prozent Kernenergiestrom.

Deutschland steht vor einem energiepolitischen Scherbenhaufen. Trotz über 500 Milliarden Euro in die Subventionen der wetterabhängigen Windenergie- und Solaranlagen verfehlt Deutschland seine selbst gesetzten CO2-Reduktionsziele, Landschaften werden verschandelt, der Naturschutz wird zur Farce, die Stromkosten sind die höchsten in Europa und jetzt steigen auch die Gas- und Ölkosten sprunghaft, die Gasversorgung ist gefährdet, die Verschiebung des Kohleausstiegs scheint wahrscheinlich. Laut Handelsblatt vom 5.3.2022 treffen RWE, Vattenfall und Steag Vorsorge, um im Bedarfsfall ihre Kohlekraftwerke länger laufen zu lassen. Nicht nur das vorgezogene Ausstiegsdatum 2030, auch die CO2-Reduktionen müssen beerdigt werden, zumal die CO2-freie nukleare Stromerzeugung ab 2023 durch Kohle oder Gas ersetzt werden muss.

 

[1] https://bariweiss.substack.com/p/the-wests-green-delusions-empowered?utm_source=url&mc_cid=c978d4f085&mc_eid=2560bc397b&s=r