Walt-Disney-Verkehrswende: Experten zeigen, wie Habeck E-Fuels schlechtrechnet

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 Beim Verbrennerverbot verschweigen Befürworter Zusammenhänge und wahre Kosten. Zwei führende Experten, Burghard Voß und Ulrich Waas, legen die tatsächliche Rechnung vor, die als Gastvortrag am 28.3.2023 in der Berliner-Zeitung*) erschien:

 Wer die Debatte über das Verbot des Verbrennungsmotors verfolgt hat, erlebte ein Déjà-vu. Wie schon bei der Diskussion um den Ausstieg aus der Atomenergie gehen die treibenden Kräfte im Wirtschafts- und Umweltministerium bei ihrer Begründung selektiv vor, verschweigen Kosten, ignorieren Expertise und setzen auf reine Hoffnung, wo Fakten fehlen. Mal verengen sie den Blick so, dass das Bild unvollständig wird, mal weiten sie ihn derart, dass die wichtigsten Details verschwinden. 

Ursprünglich sollten „in der EU ab 2035 nur noch Neuwagen verkauft werden dürfen, die im Betrieb keine Treibhausgase ausstoßen“, wie es im Beschluss des EU-Parlament vom 14. Februar 2023 hieß. Nach Einwänden des deutschen Verkehrsministers soll es ab 2035 nun doch noch eine Ausnahme für PKW mit Verbrenner geben, die ausschließlich mit klimaneutralen Treibstoffen betrieben werden. 

Die Rechnung wird ohne das Fahrzeug gemacht 

Zwar kamen die Einwände spät, unberechtigt aber waren sie nicht, wie schon das obige Zitat zeigt: Es ist nämlich kurzsichtig, nur auf die Treibhausgas-Emissionen „im Betrieb“ zu schauen und Emissionen bei Herstellung des verwendeten Energieträgers sowie des Fahrzeugs und der benötigten Infrastruktur zu vergessen. Offensichtlich müssen doch die mit dem gesamten vorgeschlagenen Mobilitätssystem verbundenen Emissionen für jede Technologie bilanziert werden. 

Mit obiger Formulierung im EU-Beschluss sollten Zulassungen praktisch auf Elektrofahrzeuge beschränkt werden. Da jedoch die Stromerzeugung in Deutschland in den nächsten Jahren noch stark auf Kohle basieren wird (gegenwärtig knapp 40 Prozent, wegen Abschaltung der KKW dieses Jahr noch zunehmend), werden mit der jetzigen Forcierung der Elektromobilität die CO2-Emissionen erstmal noch steigen, besonders weil die Produktion von Elektrofahrzeugen mit den erforderlichen Batterien mehr Energie erfordert und damit etwa doppelt so viel CO2 freisetzt wie die Herstellung eines Verbrennerfahrzeugs. Auch im Betrieb ist mit dem derzeitigen Strommix keine nennenswerte Reduzierung der CO2-Emission zu erwarten. 

Tatsächlich ist es in der jetzigen Situation so: Weil nicht genügend CO2-frei erzeugter Strom zur Verfügung steht, muss die für den raschen Ausbau der E-Mobilität zusätzlich benötigte elektrische Energie überwiegend von zusätzlich betriebenen (Braun-) Kohlekraftwerke erzeugt werden. Korrekterweise müsste deshalb die für die Produktion von Autos und Batterien sowie den Betrieb benötigte elektrische Energie etwa mit der doppelten CO2-Emission im Vergleich zum gegenwärtigen Strommix (also ca. 1000 gCO2/kWh statt ca. 500 gCO2/kWh) bewertet werden. 

Die aktuellen Energiewendediskussion zeichnet immer häufiger aus, dass Zusammenhänge nicht mehr gesehen werden. Sollen sie nicht mehr gesehen werden, um das Realitätsdefizit mancher „Parteitagsbeschlüsse“ zu verschleiern? 

Dabei gibt es doch großen Konsens bei dem Ziel, möglichst rasch die CO2-Emissionen zu verringern! 

Was gehört zu Strategien zur CO2-Minderung? 

Alle ernstzunehmenden Strategien zur Minderung von CO2 müssen beantworten, wie schnell und in welchem Umfang 

  • werden die Technologien für einen alternativen Weg verfügbar sein? (und zwar fürs benötigte Gesamtsystem: Neue Form der Antriebsenergie, Infrastruktur zur Produktion sowie Verteilung des Energieträgers, Technologien zur Nutzung des Energieträgers, …)
  • werden welche Ressourcen benötigt? (Rohstoffe, Arbeitskräfte, Kapital, …) 
  • ist eine Akzeptanz der Bevölkerung erreichbar? (Bereitschaft und Fähigkeit, Verhaltensweisen evtl. grundlegend zu ändern, …) 
  • sind welche Nebenwirkungen zu erwarten? (industriepolitisch, ökologisch, wirtschaftlich)

Eine Verkehrswende kann nicht auf  Wünschen fußen

Zu allen diesen Fragen braucht es für eine Verkehrswende(1) mit wesentlicher Verringerung der CO2-Emissionen klare und gesicherte Antworten, damit man nicht mit einer „Walt-Disney-Planung“ endet: „Wishing will make it so!“ Tatsächlich aber gibt es – Stand heute – nur Beschreibungen zu Strategien einer Verkehrswende, die einen Teil der Fragen beantworten, andere wesentliche jedoch faktisch offen lassen. 

In einer solchen Lage ist es nicht sinnvoll, bestimmte Technologien gesetzlich für alle Zukunft zu verbieten, bloß weil einzelne Parteien damit ein Signal senden möchten – obwohl sie grundlegende Fragen nicht beantworten können. 

Bisher ist der Einsatz von Treibstoffen aus Erdöl dominant im a) Flugverkehr b) Schiffsverkehr c) Straßenverkehr (PKW, LKW) 

Mit Blick auf den Verkehrssektor und den Klimaschutz geht es also darum, Erdöl-basierte Treibstoffe in allen Kategorien zu ersetzen. Bei a) und b) besteht gegenwärtig Konsens, dass nur Flüssigtreibstoffe realistisch sind. Für den Straßenverkehr ist der Erdölverbrauch des PKW-Verkehrs der relativ größte „Brocken“. Wie hier Erdöl ersetzt werden kann, ist gegenwärtig das umstrittenste Thema. 

EU und Bundesregierung sind in E-Autos verliebt 

Für PKW setzen die grünen Ministerien der Bundesregierung, wie auch die Beschlussvorlage des EU-Parlaments, praktisch ausschließlich auf batterie-elektrische Antriebe. Dagegen sehen sie Antriebe mit Wasserstoff-Brennstoffzellen skeptisch, Verbrennungsmotoren mit weitgehend oder vollständig CO2-neutralen flüssigen Brennstoffen wollen sie per Gesetz verbieten. 

Alle wollen den Verbrauch fossiler Kraftstoffe, der für die CO2-Emissionsbilanz wesentlich ist, möglichst rasch zu reduzieren. So stellt sich die Frage, ob synthetische Kraftstoffe zur Klimaneutralität beitragen können, die entweder mit Hilfe von elektrischer Energie aus Wasserstoff und eingefangenem CO2 beziehungsweise anfallender Biomasse hergestellt werden und damit im Verbrauch für die CO2-Bilanz neutral sind. 

Wie das bei Strategie-Vergleichen so ist: Die Vorteile der einen können die Nachteile der anderen Strategie sein. Um sauber zu bilanzieren, sollte man sich deshalb die jeweiligen Vor- und Nachteile anschauen, ohne zu „mogeln“. Das bedeute, nicht besondere Bedingungen für die Analysen zu wählen, die eine Strategie bevorteilen, aber tatsächlich gar nicht gegeben sind. 

Wenn Elektro-Antriebsvertreter für ihre Analysen „den durchschnittlichen EU-Strommix, der laut Prognosen im Jahr 2030 bestehen soll“ als Berechnungsgrundlage nehmen, ist klar, dass mit dem heutigen und mit dem absehbaren Strommix die Analysen weniger wunschgemäß ausfielen. (Redlicherweise sollte auch zugegeben werden, dass über den „EU-Strommix“ von der Verringerung der CO2-Emissionen je erzeugter kWh auch infolge der Kernenergienutzung in mehreren EU-Ländern profitiert werden soll.) 

Andere Studien kommen daher zu dem Ergebnis, dass gegenwärtig auf keine der existierenden Technologien verzichtet werden darf, wenn noch eine Chance bestehen soll, die Klimaschutzziele zu erreichen. Im Übrigen müssten klimarelevante Emissionen, die aufgrund von Mobilitätsnachfrage entstehen, unbedingt vollständig bilanziert werden. Eine Begrenzung allein auf den Treibhausgasausstoß im Betrieb könne kontraproduktiv sein. 

Vor der Verabschiedung eines entsprechenden Gesetzes sollten die Vor- und Nachteile der diskutierten Lösungen hinreichend vollständig und systematisch betrachtet werden. Aus Platzgründen sind hier Vor- und Nachteile nur der Strategien „Batterie-elektrisch“ und „Verbrennungsmotor mit CO2-neutralen Flüssigtreibstoffen“ beispielhaft zusammengestellt. Grundsätzlich sollten auch Varianten wie beispielsweise „Brennstoffzelle-elektrisch“ einbezogen werden, mit denen sich die Situation wiederum anders darstellen kann. 

Strategie Batterie-elektrisch 

Vorteile: a) Technik mit umfangreicher Erfahrung, b) „auf der Straße“ emissionsfrei, c) km pro eingesetzter kWh hoch

Nachteile: a) erfordert komplett neue Infrastruktur, b) komplett neuer Fahrzeugpark, c) Rohstoffprobleme (Lithium, Seltene Erden), d) Speicherproblem/geringe Reichweite, e) Import des Energieträgers (elektrische Energie) schwierig/aufwendig 

Strategie Verbrennungsmotor mit CO2-neutralen Treibstoffen 

Das sind Biokraftstoffe (auch HVO, englisch Hydrogenated Vegetable Oils, evtl. auch andere Bio-masse) oder synthetische Kraftstoffe („E-Fuels“, hergestellt aus vorhandenem CO2 und Wasserstoff). 

Vorteile: a) Komplette bisherige Infrastruktur inkl. Importe per Tanker sowie bisheriger Fahrzeugpark können weitgehend weiter genutzt werden, b) Biokraftstoffe vergleichsweise kostengünstig, c) Vergleichsweise schnelle Einführung besonders für Biokraftstoffe möglich (Biokraftstoffe „pur“, sog. HVO 100, in Belgien, Dänemark, Finnland, Estland, Lettland, Litauen, Niederlande, Norwegen, Schweden bereits eingeführt), d) Durch Beimischung können die Klimaziele auch für die Bestandsflotte schneller umgesetzt werden, es muss nicht auf Austausch der Fahrzeugflotte gewartet werden, e) Exportmöglichkeit des Konzeptes/ der Technologien. Schnelle Wirkung weltweit erreichbar, nicht nur in Europa, f) Speicherung einfach

Nachteile: a) Synthetische Kraftstoffe vergleichsweise teuer, energieaufwendig, b) Biokraftstoffe nur begrenzt verfügbar, aber in einigen Entwicklungsländern günstiger 

Aspekte wie die genannten sind in eine Analyse einzubeziehen, um den Nutzen von Strategien zur Minderung von CO2-Emissionen im Verkehrssektor akkurat zu bewerten. Einen ersten Eindruck, wie komplex entsprechende Analysen sind, geben Studien wie z.B. von Zukunft Mobilität(2) (89 Seiten, wo-bei dort allerdings Biokraftstoffe nicht betrachtet werden und nur Strom aus regenerativen Quellen angenommen wird, wovon wir noch weit entfernt sind). Hier kann nicht auf alle Aspekte eines bewertenden Vergleichs eingegangen werden, doch an einem zentralen Argument in der gegenwärtigen Diskussion zum Verbrennerverbot kann die Problematik veranschaulicht werden. 

Wie schneiden die Technologien im Vergleich ab? 

Ein Hauptargument für das Verbrennerverbot lautet: Der Betrieb eines Autos mit Batterie-elektrischem Antrieb sei deutlich günstiger als mit Wasserstoff/Brennstoffzelle und als E-Fuel/Verbrennungsmotor. Für gleiche Fahrleistungen liege das Verhältnis der erforderlichen kWh fürs Fahren bzw. zum Herstellen von Wasserstoff oder von E-Fuel bei – ganz grob – 1:2:4. Nach heutigem Stand der Technologien ist das in etwa richtig und bestimmt auch die Unterschiede in den Preisen. 

Aber das ist eine sehr verkürzte Betrachtung. Denn zu Preisen, Wirkungsgraden und Entwicklung der CO2-Emissionen – dem eigentlichen Hauptthema – ist auch das Folgende zu bedenken: 

Wir können E-Fuels morgen so importieren wie heute Erdöl 

Die großtechnische Herstellung von Wasserstoff und besonders E-Fuels ist ein relativ neues Thema. Verbesserungen der Verfahren und Kosten sind zu erwarten. Eine Forschungsgruppe am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) meint zu E-Fuels, dass in wenigen Jahren ein Liter-Preis unter 2€*) (3) machbar erscheine (also etwa 10 Prozent teurer als heutige Diesel- oder Benzinpreise). Zwar sind solche Prognosen von Forschungsgruppen immer mit Vorsicht zu genießen, doch da E-Fuels nach dem heutigen Kenntnisstand ohnehin für den Flugverkehr benötigt werden, können die Forschungsergebnisse ohne Zusatzaufwand für E-Fuels im Straßenverkehr genutzt werden. (*)Anm.: Vermutlich der reine Erzeugungspreis ohne Steuern usw., danach 4-fach teurer als heutige Spritpreise.)

Natürlich sollten in Deutschland produzierte kWh nach Möglichkeit im Verkehr direkt, also Batterie-elektrisch, eingesetzt und nicht erst mit Wirkungsgradverlust umgewandelt werden. Aber selbst die Studien zur Energiewende gehen davon aus, dass Energie auch in Zukunft importiert werden muss. So schloss Robert Habeck kürzlich in Namibia einen Kooperationsvertrag ab, weil dort die Bedingungen zur Erzeugung „regenerativer kWh“ etwa um den Faktor 2 günstiger sind als in Deutschland. Da aber der Stromtransport über diese Entfernungen als nicht machbar eingestuft wird, ist eine Umwandlung vor Ort in Wasserstoff oder Wasserstoffverbindungen vorgesehen, die besser transportabel sind. Dafür wird auch der Wirkungsgradverlust hingenommen. 

Im Übrigen sollte bzgl. Wirkungsgrad konsistent argumentiert werden. Robert Habeck rechtfertigt den Bau vieler neuer Gaskraftwerke in Deutschland damit, diese würden so entwickelt und gebaut, dass sie später statt mit Erdgas mit „grünem“ Wasserstoff betrieben werden könnten. Dabei geht es also um die Kette „Windstrom in Namibia – Umwandlung in Wasserstoff – Tankertransport nach Deutschland – Verbrennung im Gaskraftwerk. Da sieht das mit dem Wirkungsgrad kaum anders aus als beim E-Fuel. Warum soll dann nach Habecks Logik E-Fuel nicht aus Namibia oder Chile nach Deutschland importiert werden? 

CO2-Emissionen 

Der nach Plänen der Bundesregierung nun forcierte Ausbau der E-Mobilität ist auf die nächsten Jahre sicher nicht klimaneutral. Denn die gesamte aufzubauende Infrastruktur – von Batteriefabriken, Batterien und Elektroautos bis zu Wind- und Solarkraftwerken mit Stromverteilungen und Ladesäulen – erfordert erstmal große Investitionen nicht nur an Kapital, sondern auch an Energie. Nach dem gegenwärtigen Stand wird die dafür benötigte Energie noch überwiegend aus fossilen Quellen kommen. Aufgrund der Abschaltungen der Kernkraftwerke sind die CO2-Emissionen in der Stromerzeugung in Deutschland sogar wieder gestiegen und gehören jetzt in Europa „zur Spitze“. Ein forcierter Ausbau wird deshalb in den nächsten Jahren zu einem Anstieg der Emissionen führen. 

Dagegen kann die Strategie „Verbrenner mit synthetischen Kraftstoffen“ weitgehend auf vorhandene Strukturen zurückgreifen, womit die Energieinvestitionen für Infrastruktur gering sind. Die Strategie kann deshalb vergleichsweise kurzfristig, also noch in diesem Jahrzehnt, zur Klimaneutralität im Verkehr beitragen. Gleiches gilt auch für die Nutzung von Biokraftstoffen, wie das Beispiel Schweden(4) zeigt, wo diese inzwischen in nennenswertem Umfang eingesetzt werden. 

Dagegen wird zwar eingewendet, dass nicht genügend Biomasse in Deutschland als Abfall vorhanden und ein gezieltes Anpflanzen zum Energieeinsatz nicht sinnvoll wäre. Aber immerhin wird derzeit im Jahr Biomasse zur Erzeugung von etwa 5 Milliarden kWh verbrannt, und nach Habecks Planungen soll das noch verdoppelt werden. Wäre da der Einsatz der Biomasse für Biokraftstoff nicht günstiger? Im Übrigen wäre hier die Entwicklung auch für den Technologietransfer in einige Länder nützlich, in denen das Potenzial für Biomasse größer ist als für batterie-elektrische Systeme. 

Fazit 

Nach heutigem Stand ist nicht klar, ob ein Verbot des Verbrennungsmotors zugunsten des Elektroantriebs für PKW, die richtig Strategie ist, um Klimaneutralität in den nächsten 10-20 Jahren zu erreichen. Klar muss sein, dass eine Verkehrswende mit E-Mobilität erst dann zu Klimaneutralität führt, wenn vorher die Energiewende gelungen ist, wenn für die Produktion genügend CO2-frei erzeugter Strom zur Verfügung steht. 

Richtigerweise sollte das eigentliche Ziel, die Verringerung der CO2-Emissionen, vorgegeben werden. Die Lösungen jedoch, die heute zum Erreichen des Ziels erkennbar sind, sollten nicht per Gesetz vorgeschrieben, sondern technologieoffen entwickelt und verfolgt werden. Da die verschiedenen Technologien sehr unterschiedliche Vor- und Nachteile haben, ist zu erwarten, dass der günstigste und rascheste Weg zur Klimaneutralität des Verkehrs in einer Technologie-Kombination bestehen wird, wobei die Technologien jeweils in demjenigen Marktsegment Erdöl verdrängen werden, in dem sie ihre Anwendungsvorteile haben. 

Aus diesem Grund wird von Automobilfirmen in allen Ländern mehr oder weniger offensiv neben Elektro-Mobilität auch weiterhin die Strategie „Verbrenner mit synthetischen Kraftstoffen“ parallel verfolgt. Der Chef der Toyota-Forschung(5) hält es für naiv, zur Verringerung von Kohlendioxid-Emissionen auf die Monokultur einer Antriebsart zu setzen: „Mit nur einer Lösung lässt sich nicht so viel Kohlendioxid reduzieren wie mit einer Vielfalt unterschiedlicher Lösungen.“ 

Zumindest in den nächsten 10-20 Jahren besteht der Nutzen von „Verbrenner mit synthetischen Kraftstoffen“ darin, dass die gesamte vorhandene Struktur, auch die PKW-Flotte, für synthetische Kraftstoffe weiter genutzt werden kann, was Kosten und Zeit spart; zumal synthetische Kraftstoffe ohnehin für den Flugverkehr entwickelt werden müssen. Es ist deshalb nicht sinnvoll, bereits jetzt ein Verbrennerverbot gesetzlich zu regeln, das vorhandenes Knowhow und auch Arbeitsplätze obsolet machen würde. 

Die Fehler von 40 Jahren lassen sich nicht in sieben aufholen 

Sollten E-Fuels in 10-20 Jahren immer noch so teuer sein, wie von Elektro-Auto-Vertretern heute argumentiert wird, würde der Markt das ganz von allein ohne Gesetz regeln. Wenn andererseits die Entwicklungen so verlaufen sollten, wie E-Fuel-Vertreter es heute erwarten, würde dem Verbotsgesetz die Begründung fehlen. 

Bei großen Strukturänderungen, wie Energie- und Verkehrswende, ist die alte Bauernregel zu beachten: „Gut Ding will Weile haben.“ Sicher sollte man sich in der jetzigen Lage bemühen, Wandel zu beschleunigen. Aber was in vier Jahrzehnten von Regierungen jeglicher Couleur „verdilettiert“ worden ist, lässt sich nicht per Gewaltakt in sieben Jahren nachholen. 

Das Besteigen des Mount Everest soll für trainierte Personen in 40 Tagen möglich sein. Wer meint, eine um 30 Tage verspätete Anreise zu der Expedition ließe sich durch eine vervierfachte Marschge-schwindigkeit kompensieren, wird beim Aufstieg abstürzen. 

 

*) https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/energie-mobilitaet-elektroantrieb-walt-disney-verkehrswende-experten-zeigen-wie-robert-habeck-e-fuels-schlechtrechnet-beim-verbrennerverbot-verschweigen-befuerworter-zusammenhaenge-und-wahre-kosten-li.332224 

(1) https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/verkehrswende-mobilitaetswende-vorwaerts-in-die-vergangenheit-ist-das-die-neue-verkehrspolitik-der-grossen-koalition-aus-cdu-und-spd-in-berlin-li.325785

(2) https://www.zukunft-mobilitaet.net/169895/analyse/elektroauto-brennstoffzelle-synthetische-kraftstoffe-ptx-ptl-kosten-infrastruktur-rohstoffe-energiebedarf-wirkungsgrad/

(3) https://www.adac.de/verkehr/tanken-kraftstoff-antrieb/alternative-antriebe/synthetische-kraftstoffe/

(4) https://www.iwd.de/artikel/kraftstoff-synthetik-statt-bio-446349/

(5) https://zeitung.faz.net/faz/unternehmen/2023-03-25/dae70c70ac2630fbe94c7f167af6c249/?GEPC=s5

 

Zu den Autoren: 

Prof. Dr. Burghard Voß studierte Maschinenbau und Fahrzeugtechnik an der Technischen Universität Berlin. 1984 trat er in die neugegründete IAV, Ingenieurgesellschaft für Auto und Verkehr, ein. Nach diversen Projektlei-tungen und unterschiedlichen Managementpositionen leitete Prof. Voß von 2000 bis zu seinem altersbedingtem Ausscheiden 2021 die Getriebe‐ und Hybridentwicklung. 2022 übernahm Voß die Leitung des Lehrstuhls für Fahrzeugtechnik und –antriebe an der BTU Cottbus Senftenberg. 

Dipl. Ing. Ulrich Waas ging nach dem Physik-Diplom 1975 zur KKW-Sparte der Kraftwerk Union AG, gemeinsa-mes Tochterunternehmen von Siemens und AEG. Nach Tätigkeiten in verschiedenen Fachabteilungen war er von 1992 bis zur Pensionierung 2012 Leiter der Abteilung, die beim KKW-Erbauer für einen wesentlichen Teil der Pe-riodischen Sicherheitsüberprüfung zuständig war. Anfang 2005 wurde Waas zum Einbringen seiner Fachkennt-nisse in Sicherheitsfragen bei KKW vom Bundesumweltministerium in einen Ausschuss der Reaktor-Sicherheits-kommission berufen, von Anfang 2010 bis Ende 2021 in die RSK selbst.