Wo unser Atommüll lagern soll

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 Unter diesem Titel berichtete die Hannoversche Allgemeine Zeitung (HAZ) am 13.04.2023 über den Besuch des Niedersächsischen Umweltministers Christian Meyer (Diplom-Sozialwirt) und weiterer Politiker im Schacht Konrad. Dr. Hermann Hinsch verfasste dazu folgenden Leserbrief:

Noch werden im Schacht Konrad keine radioaktiven Abfälle eingelagert, und so konnten die Politiker es wagen, eine Grubenfahrt zu machen. Aber frei von Radioaktivität ist die Grube natürlich nicht, wie auch sonst nichts auf dieser Welt. Das Gestein, in diesem Fall Erz mit einem Gehalt an Eisen von 27 – 33 %, enthält die radioaktiven Elemente Thorium, Uran und Kalium 40, dazu einige unbedeutende Radionuklide. In der folgenden Tabelle sind die Gehalte pro Tonne nach den Angaben des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) aufgelistet, und dazu die daraus berechenbaren Aktivitäten in Becquerel (Bq) pro kg. 1Bq ist ein Strahlenereignis pro Sekunde. Die Bezugsgröße kg ermöglicht den Vergleich mit dem menschlichen Körper, dieser enthält etwa 100 Bq/kg.

Wenn in der Grube einmal radioaktive Abfälle eingelagert werden, dann ist es denkbar, dass Arbeiter nach ihrer Schicht radioaktiv verschmutzt sind oder sogar Radioaktivität in ihren Körpern aufgenommen haben. Der Fachausdruck lautet: „Kontamination“. Von Bedeutung ist dabei allein die Kontamination durch künstliche radioaktive Stoffe aus den Abfällen; Strahlung aus natürlichen Quellen muss man davon abziehen. Es ist also wichtig zu wissen, wie viel Aktivität ein Bergmann von seiner Schicht mitbringt, solange es in der Grube noch keine radioaktiven Abfälle gibt. An solchen Messungen habe ich mich vor 35 Jahren beteiligt. Ein Bergmann gab uns nach seiner Schicht seinen Arbeitsanzug und wir haben die Radioaktivität des Staubes darauf gemessen. Die Messwerte waren ganz eindrucksvoll.

Ich nehme an, man wird die Einlagerung der radioaktiven verpackten Abfälle so organisieren, dass auch dann keine künstliche Kontamination vorkommt. Auf der Asse (Anm.: Ein ehemaliges Salzbergwerk zur Erforschung der Endlagerung radioaktiver Abfälle) wurde nie eine solche Kontamination nach der Arbeit festgestellt. Anders im Jahr 1986 und einige Jahre danach. Da hatten wir Asse-Mitarbeiter bis 1.000 Bq künstlicher Aktivität im Körper. Die stammte aus Tschernobyl. Aber ein Mensch mit einem Gewicht von 75 kg hat eine natürliche Aktivität von 7.500 Bq, daneben sind 1.000 Bq nicht beängstigend. Alle Menschen in Deutschland waren ähnlich oder auch höher kontaminiert. Einen Einfluss auf die Gesundheit hatte das nicht. In den Sterbetafeln des Statistischen Bundesamtes zeigt sich kein Einfluss.

Ganz werden die zukünftigen Arbeiter nicht davonkommen, wenn sie einmal radioaktive Abfälle in die Grube einlagern. Sie sind der Strahlung ausgesetzt, welche aus den Behältern herauskommt. Das Maß für die biologische Wirkung ist das Sievert (Sv). Strahlendosen im Bereich von Sv werden nur in der medizinischen Strahlentherapie angewandt. Dabei darf man nicht den ganzen Körper gleichzeitig mit 7 Sv bestrahlen, das wäre tödlich. In allen anderen Bereichen geht es um tausendstel Sv, nämlich Millisievert (mSv).

Erste biologische Wirkungen, die aber noch nicht Krankheit bedeuten, werden ab 100 mSv beobachtet. Dabei muss die Dosis innerhalb von ein paar Stunden erreicht werden. 100 mSv gestreckt auf ein ganzes Jahr zeigen keine Wirkung.

Im Berufsleben sind 20 mSv pro Jahr die Obergrenze. Die große Mehrheit der Beschäftigten in kerntechnischen Anlagen bleibt weit darunter, so wird es auch im Schacht Konrad sein.

Jeder Mensch im Flachland ist von Natur aus einer jährlichen Strahlendosis von etwa 2 mSv ausgesetzt. Davon sind 1,4 mSv auf die natürliche Radioaktivität in unserem Körper zurückzuführen, 0,6 mSv stammen aus der Umgebung und dem Weltraum (kosmische Strahlung).

Es ist nicht anzunehmen, dass die natürliche Strahlung einen Einfluss auf unsere Gesundheit hat. Es leben nämliche große Bevölkerungsgruppen in Brasilien, Indien und anderswo bei mehrfach höherer natürlicher Strahlenexposition, ohne dass dies einen Einfluss auf deren Gesundheitszustand hätte.

Schachtanlage Konrad, Quelle: DBE.de

Was muss man nun in Zukunft von endgelagerten radioaktiven Abfällen befürchten? Nichts. Zurzeit lagern sie überwiegend an der Erdoberfläche, ohne irgendeinen Schaden anzurichten. Eine Ausnahme: Durch unglaublichen Leichtsinn ist ein Mann durch Strahlung ums Leben gekommen, und mit ihm sein Hund (Tammiku, Estland 1994). Wären die Abfälle unter der Erde gewesen, wäre das nicht passiert. Anders als die Behauptung der „Grünen“: Wenn die radioaktiven Abfälle unter der Erde sind, dann kommen sie irgendwann auf geisterhafte Weise wieder an die Oberfläche und gefährden die ganze Menschheit. „Wir vergiften die Erde“, schrieb einmal ein solcher grüner Prophet. Im Gegenteil: Wir entnehmen der Erde Uran (U 235: Halbwertszeit 704 Millionen Jahre) und das noch langlebigere Thorium. Daraus entstehen Abfälle mit höchsten einigen 10.000 Jahren Halbwertszeit. Die gefährlichsten Isotope, Caesium 137 und Strontium 90, haben jeweils nur Halbwertszeiten von 30 Jahren. Man entnimmt der Erde also sehr langlebige radioaktive Isotope und bringt kurzlebigere zurück, so dass in geologischen Zeiträumen die Erde „entgiftet“ wird. Tatsächlich ist dies neben der gewaltigen natürlichen Radioaktivität der Erde ohne Bedeutung.

Aber was ist innerhalb der nächsten Jahrtausende zu befürchten? Geologen können viele Millionen Jahre in die Vergangenheit schauen, daher dürften sie auch in der Lage sein, eine Million Jahre in die Zukunft zu sehen. Sie sagen, es wird keine merkliche Aktivität aus einem Endlager an die Oberfläche kommen. Wenn es aber ungewöhnliche Ereignisse gibt, die man Störfälle nennt. Für ein Endlager muss nachgewiesen werden: Auch im Fall eines unwahrscheinlichen Störfalles darf niemals irgendwer irgendwann irgendwie einer höheren jährlichen Strahlendosis als 0,1 mSv ausgesetzt werden. Das ist ein zwanzigstel dessen, was uns die Natur überall zumutet!

Was sagt unser Umweltminister Meyer zu all diesem: “Drei Generationen haben vom Atomstrom profitiert, 30.000 Generationen müssen die Folgen ausbaden.“

Die folgende Liste zeigt, wie lange man sich mit einem nur in der grünen Phantasie existierenden Problem beschäftigen kann.

1976                Ende der Erzförderung

1976 – 1982   Geologische Untersuchungen

1992 – 1993    Erörterungstermin. Es gab 290.000 Einwendungen, von Greenpeace, BUND, Bürgerinitiativen, Gemeinden, Kirchen, Einzelpersonen

2006                 Die letzten Klagen wurden abgewiesen, der Planfeststellungbeschluss wurde rechtskräftig.

2021                   Die Stadt Salzgitter, die AG Schacht Konrad sowie BUND und NABU haben die Rücknahme des Beschlusses beantragt

2027                    Geplante Inbetriebnahme des Bergwerks als Endlager für schwach- und mittelaktive Abfälle