Kleiner-sicherer-günstiger: Reaktoren von Morgen

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iacta alea est  (die Würfel sind gefallen). Diese Worte soll Caesar gesagt haben, als er am 10. Januar 49 v. Chr. den Rubikon überschritt und damit einen klaren Rechtsverstoß beging. Damit machte Caesar deutlich, dass seine Tat unwiderruflich Folgen haben würde, deren Ausgang jedoch noch nicht absehbar war.

Auch für die deutschen Kernkraftwerke (KKW) sind die Würfel gefallen. In 2022 geht das letzte  KKW vom Netz. Noch verrichten acht KKW  sicher und zuverlässig ihren Dienst: Gundremmingen B und C (mit je 1.345 MW), Emsland und Neckarwestheim II (mit 1.400 MW), Grohnde und Philippsburg 2 (mit je 1.450 MW) sowie Brockdorf und Isar 2 (mit je 1.480 MW).

Ihr Wegfall wird in unserem Land, einem der bedeutendsten Wirtschaftsnationen, eine riesige Stromlücke im Grundlastbereich hinterlassen, welche durch die unsteten Wind- und Sonnenkraftwerke nicht annähernd ausgeglichen werden kann. Hinzu kommt, dass die großen Gleichstromtrassen von der deutschen Küste in die Industriegebiete Bayerns und Baden-Württembergs frühestens 2025 zur Verfügung stehen werden.

International aber geht der Bau großer Kernkraftwerke ungebremst weiter. Zu einem so kurzfristigen Ausstieg wie Deutschland hat sich keine Nation bekannt. Im Gegenteil, der Kreis der Kernenergie nutzenden Länder hat sich vergrößert (Vereinigte Arabische Emirate, Weißrussland).

Auch die Entwicklung neuer Kernkraftwerkstypen ist international ungebremst. Eine dieser Entwicklungen gilt dem Bau kleiner Kernkraftwerke, dem „Small Modular Reactor (SMR)“, mit einer Leistungsgröße bis zu 300 MW. Ihr Vorteil ist mehrfach: Deutlich geringere Kosten als die großen Leistungsreaktoren, die Option der Modulbauweise und – ganz entscheidend – die höhere Sicherheit.

Im Bau sind derzeit ein Modul in Argentinien unter der Bezeichnung CAREM-25 mit 27 MWe und in Russland die Doppeleinheit KLT-40S mit je zwei 35 MWe-Reaktoren. Ende 2016 hat in den USA die NuScale Power bei der nuklearen Aufsichtsbehörde einen Antrag für die Zertifizierung ihres SMR eingereicht. Hierbei handelt es sich um einen Druckwasserreaktor mit einer elektrischen Bruttoleistung von 50 MW. NuScale schätzt, das bis 2035 weltweit mehr als tausend dieser Kleinreaktoren in Betrieb gehen werden.

Der an der Oregon State University entwickelte und von NuScale zur Genehmigung eingereichte SMR verfügt  über physikalisch inhärente  sowie passive Sicherheit. Letzteres bedeutet,  dass auch bei schweren Störfällen kein aktiver Eingriff von Pumpen und Ventilen nötig ist und die Sicherheit der Anlage ohne Energiezufuhr von außen oder Maßnahmen der Bedienungsmannschaft gewährleistet ist. Der Reaktor ist so ausgelegt, dass er sich komplett autark herunterfahren und für unbegrenzte Zeit selbst kühlen kann. Die Kühlung beruht auf Naturumlauf.

Die modulare Bauweise des SMR ermöglicht es dem Betreiber, den Zubau von Modulen seinem Bedarf anzupassen. Im Fall von NuScale werden die einzelnen Module in einer Fabrik montiert und anschließend gewissermaßen einsatzfertig ausgeliefert.

Das erste kommerzielle Kernkraftwerk mit zwölf Modulen soll auf dem Gelände des Idaho National Laboratory errichtet werden.

Angaben zur SMR-Entwicklung, zur Ökonomie und den Marktaussichten von SMR sind dem Bericht der OECD/NEA von 2016  „Small Modul Reactors. Nuclear Market Potential for Near-term Deployment“  (7213-smrs.pdf) zu entnehmen.

Mit dem Ausstieg aus der Kernenergie wird zugleich auch die Entwicklung der Reaktortechnik in Deutschland nicht mehr gefördert. Deutschland wird international auf diesem Gebiet eine Zuschauerrolle einnehmen. So viel steht fest: Mit dem Verzicht auf Kernenergie kann eine gesicherte Grundlast in Deutschland nur durch die Verstromung von Kohle und/oder Gas gewährleistet werden. Eine gesicherte Stromerzeugung allein auf der Basis von Wind und Sonne ist nicht möglich. Alle Staaten, die eine Reduzierung ihrer mit fossilen Brennstoffen betriebenen  Kraftwerke anstreben, setzen zum Ausgleich demzufolge auf Kernkraftwerke.