Gravierende Kosten und Veränderungen durch Netto-Null-Politik

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Die Internationale Energieagentur (IEA), die sich bislang für die Öl- und Gasindustrie eingesetzt hat, skizzierte in ihrem am 18. Mai 2021 veröffentlichten Bericht [1] einen Weg zu Netto-Null-Emissionen. Um dieses Ziel zu erreichen, sei eine beispiellose Transformation im Energiesektor notwendig. Der Bericht sieht vor, neue Investitionen in die Öl-, Gas- und Kohleversorgung zu stoppen, Kohlekraftwerke in den Industrieländern Volkswirtschaften bis 2030 stillzulegen und den Verkauf neuer Autos mit Verbrennungsmotoren bis 2035 zu verbieten. Das Ziel: Nur noch erneuerbare Energien – und Kernkraft.

Widersprüche kamen prompt. Energieunternehmen in Australien, größter CO2-Emittent pro Kopf unter den reichsten Nationen der Welt, und Offizielle in Japan und den Philippinen sagten, es gäbe viele Möglichkeiten, um auf Netto-Null zu kommen. Japan ließ nach Angaben von Reuters [2] wissen, es habe keine Pläne für den sofortigen Stopp von Öl-, Gas- und Kohle-Investitionen. Australiens führende Öl- und Gasindustrie und Bergbaulobbygruppen sagten, es gebe “keinen für alle einheitlichen Weg” zur Dekarbonisierung. Australiens Stromversorgung ist weitest gehend auf Fossilquellen angewiesen. Kernenergie wird bislang abgelehnt.

Warum Netto-Null-Emission, Dekarbonisierung oder Klimaneutralität, wie immer auch die Bezeichnungen lauten, eine einheitliche Definition gibt es nicht [3]? Warum raus aus Kohle, Öl und Gas? Es wird die weit verbreitete Ansicht vertreten, dass bei der Verbrennung dieser Energiequellen Kohlenstoffdioxid CO2 emittiert wird, das – unter Missachtung seiner lebensnotwendigen Bedeutung – als Klimaschadstoff angesehen wird. Wissenschaftlich gesicherte Nachweise für die Klimaschädlichkeit des CO2 aber gibt es nicht.

Aus den vielen Veröffentlichungen, in denen dem CO2 nur eine geringfügige Beeinflussung des Klimas nachgewiesen werden konnte, nur drei Zitate namhafter Wissenschaftler als Ergebnis ihrer Untersuchungen:

Nir Shaviv’s Erklärung [4] zum globalen Klimawandel: „Es gibt keine direkten Beweise dafür, dass große CO2-Schwankungen zu großen Temperaturschwankungen führen. Es gibt Beweise für das Gegenteil. Die beiden Argumente, die der IPCC verwendet, um das katastrophale Bild der menschengemachten globalen Erwärmung zu „beweisen“, sind fehlerhaft: die Erwärmung im Verlauf des 20. Jahrhunderts ist nicht singulär, und die Behauptung, nichts Anderes könne die Erwärmung im 20. Jahrhundert erklären, ist schlicht falsch.“

Steven E. Koonin [5]: „Entgegen der landläufigen Meinung deuten selbst die offiziellen Bewertungsberichte darauf hin, dass ein signifikanter, vom Menschen verursachter Klimawandel bis zum Ende dieses Jahrhunderts vernachlässigbare wirtschaftliche Nettoauswirkungen auf die Welt oder die US-Volkswirtschaften haben würde.“

 Patrick Frank [6], Professor an der Stanford University: „Die unvermeidbare Schlussfolgerung ist, dass ein Temperatursignal aus anthropogenen CO2-Emissionen (falls vorhanden) nicht in Klimabeobachtungen nachgewiesen werden kann oder derzeit nicht nachgewiesen werden kann.“

 Am 12. Mai beschloss das Bundeskabinett ein Klimaschutzgesetz, wonach Deutschland bis 2045 klimaneutral sein muss. Bislang hatte die Bundesregierung bis 2050 angestrebt, nur noch so viele Treibhausgase auszustoßen, wie wieder gebunden werden können. Das Zwischenziel für 2030 wird von derzeit 55 auf 65 Prozent Treibhausgasminderung gegenüber 1990 erhöht. Für 2040 gilt ein neues Zwischenziel von 88 Prozent Minderung. Zu den Zwischenschritten, nicht zu den Jahreszahlen und Reduktionswerten, hatte das Bundesverfassungsgericht die Bundesregierung Ende April mit einem Urteil verpflichtet.

Doch statt die EU-Vorschläge abzuwarten, die auch an der Verschärfung ihrer bisherigen Minderungsziele arbeitet, prescht die Bundesregierung in nationaler Hektik vor. Das geschieht ohne Not. Das Bundesverfassungsgericht hat eine bessere Verteilung der Anstrengungen und mehr Klarheit für die Zeit nach 2030 gefordert, nicht mehr und nicht weniger.

„Der Kampf gegen die Erderwärmung wird zum finanziellen Kraftakt“ betitelt Der Spiegel am 15. Mai 2021 seinen Bericht über die Nachbesserung des Klimaschutzgesetzes.

„Hohe Strompreise vertreiben Hightech-Unternehmen aus Deutschland. Nicht nur klassische Industriebranchen setzen die Energiekosten unter Druck. Auch die Halbleiterbranche ist verärgert“, schrieb das Handelsblatt am 23.02.2021.

Wolfgang Reitzle, der Aufsichtsrat von Conti, hält in Steingarts Nachrichtenportal „The Pioneer“ die Entwicklung für eine „Zumutung“. Die Republik säge an ihrem automobilen Ast. Man zerstöre politisch die Autoindustrie, die ja noch 99 Prozent ihrer Wertschöpfung durch Autos mit Verbrennungsmotor generiert.

Die FAZ brachte am 17. März 2021 ein Interview mit dem Geschäftsführer des Verbandes der Chemischen Industrie, Wolfgang Große Entrup. Daraus folgende Zitate von ihm: „Wir brauchen brutal günstigen Strom und das in unvorstellbaren Mengen und die auch noch 24 Stunden am Tag, 7 Tage in der Woche. Wenn die Industrie keine wettbewerbsfähigen Preise für Strom aus erneuerbaren Energien bekommt, wird sie den Umbruch nicht schaffen.“

„VCI hat sich eine Studie anfertigen lassen, wonach die chemische Industrie den Ausstoß an Treibhausgasen bis Mitte des Jahrhunderts auf nahezu null reduzieren könne. Technisch sei das machbar, allerdings seien dafür enorme zusätzliche Mengen Strom aus erneuerbaren Energien nötig.  Nach der Studie werde sich der Strombedarf der chemischen Industrie bis Mitte der 2030er Jahre auf 628 TWh mehr als verzehnfachen. Parallel müsste der Strompreis auf 4 Cent je KWh fallen. Selbst bei 6 Cent wären die zusätzlichen Investitionen von 45 Milliarden für neue Anlagen nicht wirtschaftlich.“

Dass der Übergang zu einer emissionsfreien Welt nicht ohne gravierende Folgen für den Lebensstil vollzogen werden kann und mit astronomischen Kosten für Haushalte und Wirtschaft verbunden sein wird, thematisiert besonders die britische Presse. In Großbritannien nimmt der Kampf gegen Net-Zero Fahrt auf:

Daily Telegraph wird in ihrem (übersetzten) Artikel [7] „Net-Zero wird Monster-Preiserhöhungen und Umweltzerstörung entfesseln“ sehr deutlich: „Die monumentalen CO2-Kosten für die Errichtung der neuen Infrastruktur, die für eine Netto-Null-Welt benötigt wird, ganz zu schweigen von ihren physischen Kosten, könnten selbst dieselbe Umweltkatastrophe auslösen, die sie verhindern soll. Die bevorstehende Energiewende wird enorm ressourcenintensiv sein und die Kosten in allen Bereichen in die Höhe treiben.“ Es sei ziemlich unbestreitbar, dass der „grüne“ Weg einen enormen Anstieg der globalen Emissionen verursachen wird. Der Übergang (zu erneuerbaren Energien) wird auch zu unzähligen anderen Formen der Zerstörung von Umwelt- und Biodiversität führen.

„In einem in kürzlich veröffentlichten Bericht“, schreibt Daily Telegraph, „stellte die Internationale Energieagentur fest, dass eine Energiewende, wie sie Präsident Biden in den USA plant, wenn sie weltweit angewendet wird, die Nachfrage nach wichtigen Mineralien wie Lithium, Graphit, Nickel und Seltenerdmetallen bis 2040 um 4.200 Prozent, 2.500 Prozent, 1.900 Prozent bzw. 700 Prozent steigen lassen würde.“

„So wie die Dinge stehen, gibt es einfach nicht die Kapazitäten, eine solche Transformation herbeizuführen. Massive, emissionsfördernde Investitionen in neue Bezugsquellen sind erforderlich, um die wahrscheinliche Nachfrage zu decken“[7].

“Der Mineralbedarf eines Energiesystems, das mit sauberen Energietechnologien betrieben wird, unterscheidet sich grundlegend von dem, das mit fossilen Brennstoffen betrieben wird”, erklärt Fatih Birol, Generaldirektor der IEA. “Ein typisches Elektroauto benötigt das Sechsfache des Mineraleinsatzes eines konventionellen Autos, und eine Onshore-Windkraftanlage benötigt neunmal mehr Mineralressourcen als ein ähnlich großes Gaskraftwerk.“

In diesem Sommer will die Kommission ein Maßnahmenpaket zur Erreichung ihrer Green Deal- Ziele vorschlagen. Dabei geht es zum einen um die Anpassung des EU-weiten Emissionshandels, der Kraftwerke, Industrieanlagen und Luftfahrt erfasst. Zum andern muss der Beitrag der übrigen Sektoren wie Verkehr und Gebäude geregelt werden, wo bis jetzt aufeinander abgestimmte, aber unterschiedliche nationale Reduktionsziele und weitere Instrumente greifen.

Das Gobal Warming Political Forum (GWPF), das die politischen Energie- und Umweltentwicklungen in Großbritannien intensiv verfolgt, schrieb am 23. Mai 2021 [8]: „Die Staats- und Regierungschefs der EU sehen sich wachsender Unzufriedenheit und Revolte über den unerbittlichen Anstieg der Energiepreise und den Schmerz der Verbraucher gegenüber. Nachdem sie jahrelang den Wählern versichert haben, dass erneuerbare Energien Energie billiger machen und Europäer davon profitieren, müssen sie nun einräumen, dass diese Pläne alle Bürger tatsächlich sehr beeinträchtigen werden.“

„Die EU-Kommission schlägt eine Reihe weitreichender Maßnahmen vor, die die Kosten für den Betrieb eines Autos und die Heizung von Häusern in die Höhe treiben werden. Wenn es so weitergeht, werden die Haushalte nicht nur die steigenden Energiekosten schultern müssen, sondern auch die steigenden Kosten des europäischen Rekordpreises für Kohlenstoffdioxid in ihren Heizkosten und Kraftstoffpreisen.“

The Sun schrieb am 26. Mai 2021, „Es ist Selbstmord, uns dazu zu bringen, den politischen Versprechungen zuzustimmen. Es ist selbstmörderisch, willkürliche Termine festzulegen, ohne zu überlegen, wie man die Öffentlichkeit mitnehmen kann.“

Deutschland wandelt auf dünnem Eis: Die Stromversorgung auf der Basis erneuerbarer Energien, ohnehin eine rückwärtsgewandte Technik ohne Innovationspotential, wird mit jedem Zubau von Windenergie- und Solaranlagen regelungstechnisch risikoreicher. Ohne Nuklearstrom ist die Dekarbonisierung nicht erreichbar, zumindest Gaskraftwerke bleiben für die gesicherte Stromversorgung zwingend erforderlich. Die Umrüstung von Industrie, Verkehr und der Wärmeerzeugung auf klimaneutrale Energien bedeutet eine Vervielfachung der Stromerzeugung, mithin eine Vervielfachung von Windenergie- und Solaranlagen. Die Kosten für alle Bereiche werden gigantisch sein. Bei dem ohnehin schon höchsten Strompreis in Europa wird es nicht bleiben, weitere Kosten werden auf alle Verbraucher zukommen. In nächster Zeit wird sich die Besteuerung der CO2-Abgaben für alle Nutzer fossiler Brennstoffe preislich bemerkbar machen. Die Grundlage dafür findet sich im kürzlich verabschiedeten Klimaschutzgesetz.

Es hat den Anschein, einzig der Bundesrechnungshof sieht von offizieller Seite die Gefahr, dass die Energiewende in dieser Form den Wirtschaftsstandort Deutschland gefährdet und die finanzielle Tragkraft der stromverbrauchenden Unternehmen und Privathaushalte überfordert. „Das kann dann letztlich die gesellschaftliche Akzeptanz der Energiewende aufs Spiel setzen“, wie er im kürzlich erschienenen Bericht [9] schrieb.

In seiner Buchbesprechung „Klimadämmerung“ in Tichys Einblick 06/21 beurteilt Fritz Vahrenholt die Situation sehr pessimistisch: „Ohne negative Erlebnisse zur Versorgungssicherheit – also einen Blackout – wird der Tross auf dem Pfad ins Unglück weiterziehen. Zunehmend sollte uns auch interessieren, was passiert, wenn das Land aufgrund einer Erosion der Sozialsysteme durch Stromsperren, Autofahrverbote und Auswandern ganzer Industriezweige seinen Zusammenhalt verliert. Die Energiemangelsituation und die ausufernde Kostenbelastung für Bürger und Gesellschaft werden auch nicht in kurzer Zeit behebbar sein, selbst wenn man dann hektisch ein Gasturbinenprogramm aus dem Boden stampft.

Um es nochmals in Erinnerung zu rufen: Auslöser ist die vermeintliche Klimawirkung des vom Menschen erzeugten CO2, wofür es keinen wissenschaftlich anerkannten Beweis gibt.

 

[1] https://www.iea.org/events/net-zero-by-2050-a-roadmap-for-the-global-energy-system

[2] https://www.reuters.com/business/energy/asia-snubs-ieas-call-stop-new-fossil-fuel-investments-2021-05-19/?mc_cid=bd78d89ed6&mc_eid=2560bc397b

[3] https://www.climatepartner.com/de/news/was-bedeutet-net-zero-wirklich

[4] Prof. Dr. Nir J. Shaviv, israelisch-US-amerikanischer Physiker, Erklärung vor dem Bundestagsausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit zum globalen Klimaschutz am 24. November 2018 anlässlich der bevorstehenden COP 24 in Katowitz

[5] Steven E. Koonin, „Unsettled: What climate science tells us, what it doesn’t, and why it matters”, Dr. Steve E. Koonin ist ein führender Wissenschaftler in der Wissenschaftspolitik in den Vereinigten Staaten. Unter Präsident Obama war er Unterstaatssekretär für Wissenschaft im US-Energieministerium, wo er der Hauptautor des Strategischen Plans des Ministeriums und des ersten Quadrennial Technology Review (2011) war. Mit mehr als 200 Peer-Review-Arbeiten in den Bereichen Physik und Astrophysik, wissenschaftliche Berechnung, Energietechnologie und -politik sowie Klimawissenschaft war Dr. Koonin Professor für theoretische Physik an der Caltech- und propst-Vorsitzender von Caltech. Derzeit ist er Universitätsprofessor an der New York University mit Stationen an der Stern School of Business, der Tandon School of Engineering und dem Department of Physics.

[6] https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/feart.2019.00223/full

Patrick Frank, 06. September 2019

[7] https://www.telegraph.co.uk/business/2021/05/14/electric-cars-onwards-green-transition-will-unleash-monster/?mc_cid=d7bd98fb35&mc_eid=2560bc397b

[8] https://www.thegwpf.com/eu-leaders-brace-for-clash-over-astronomical-cost-of-net-zero-plans/?mc_cid=a6ad93cb8c&mc_eid=2560bc397

[9] Bericht des Bundesrechnungshofes nach § 99 BHO zur Umsetzung der Energiewende im Hinblick auf die Versorgungssicherheit vom 31. März 2021