Die alleinige Ausrichtung auf erneuerbare Energien verursacht schwere Energiepreisspitzen und Engpässe.
Das Wall Street Journal vom 28. September 2021 [1] hat die momentane krisenhafte Energiesituation treffend beschrieben:
Die europäischen Staats- und Regierungschefs bei den Vereinten Nationen hielten Lobreden über ihre Klimapolitik der CO2-Vermimderung. „Solche Gelübde der Kohlenstoff-Keuschheit sind, gelinde gesagt, ironisch, da Europa mit einer schweren Energieknappheit und steigenden Preisen zu kämpfen hat, die durch seine grüne industrielle Revolution verursacht wurden.“ Der Börsenpreis für Gas kletterte um 450 % auf einen Höchststand. Die Großhandelspreise für Strom haben sich innerhalb eines Jahres verdreifacht. Heizölkosten plus 53 %, Spritpreise plus 26 %. Ein Ende der Preisspirale ist noch nicht in Sicht.
In den letzten zehn Jahren hätten Großbritannien und Europa Hunderte von Kohlekraftwerken stillgelegt, und Großbritannien habe nur noch zwei übrig. Spanien habe im vergangenen Sommer die Hälfte seiner Kohlekraftwerke stillgelegt. Die europäischen Länder hätten Billionen von Dollar für die Subventionierung erneuerbarer Energien ausgegeben, die im vergangenen Jahr zum ersten Mal fossile Brennstoffe als Anteil an der Stromproduktion übertrafen.
Aber erneuerbare Energien liefern nicht rund um die Uhr zuverlässigen Strom, und die Windkraft in diesem Sommer hat in ganz Europa und in Großbritannien nachgelassen, was sie zwingt, Gas und Kohle verstärkt zu verwenden. Doch die Nachfrage nach diesen fossilen Brennstoffen steigt auch in Asien und Südamerika, wo die Dürre die Wasserkraft hat schrumpfen lassen.
Japan ist besonders abhängig von Flüssigerdgasimporten, seit es nach Fukushima im Jahr 2011 die meisten seiner Kernkraftwerke stillgelegt hat. Sogar China war gezwungen, Strom der energiehungrigen Aluminiumhütten wegen unzureichender Kohleverstromung zu rationieren. Dies hat die globalen Aluminiumpreise in die Höhe schnellen lassen.
Die gestiegene globale Nachfrage hat dazu geführt, dass sich der Kohlepreis im vergangenen Jahr verdreifacht und der Preis für Erdgas verfünffacht hat. Europas Cap-and-Trade-System hat die Preise noch weiter in die Höhe getrieben. Im Rahmen des Programms müssen Hersteller und Energieversorger Emissionsgutschriften auf einem offenen Handelsmarkt kaufen, um ihre Emissionen auszugleichen. Die Preise für Kredite sind in diesem Jahr gestiegen, da die Nachfrage nach ihnen von Kohlekraftwerken und anderen Herstellern gestiegen ist, während die staatlichen Regulierungsbehörden das Angebot verknappt halten.
Russland nutzt die Energieschwierigkeiten Europas aus, indem es die Gaslieferungen reduziert, vielleicht um Deutschland unter Druck zu setzen, die Zertifizierung seiner Nord Stream 2-Pipeline abzuschließen, die die Ukraine umgeht. Russlands Gazprom hat nur ein Drittel der verfügbaren Transportkapazität über seine Jamal-Pipeline für Oktober gebucht und keine zusätzlichen Lieferungen über seine Ukraine-Pipeline. Europa ist immer abhängiger von Russland – dem zweitgrößten Gasproduzenten der Welt nach den USA – bei der Energiegewinnung geworden, weil Großbritannien und Deutschland die Fracking-Gasförderung verboten haben und ihre reichen Gasschieferressourcen ungenutzt lassen. Unterdessen schließen die Niederlande Europas größtes Gasfeld.
Explodierende Strompreise haben dazu geführt, dass die britischen Stahlhersteller die Produktion eingestellt haben. Ein ehemaliger Energieberater der britischen Regierung warnte letzte Woche, dass die Energieknappheit des Landes in diesem Winter eine „Drei-Tage-Arbeitswoche“ auslösen könnte – eine Anspielung auf den Kohle- und Eisenbahnarbeiterstreik im Jahr 1974, der die Regierung dazu veranlasste, Energie für kommerzielle Nutzer zu rationieren.
Die European Steel Association (EUROFER) warnte davor, dass die Produzenten des Kontinents weltweit nicht mehr wettbewerbsfähig sind. Düngemittelhersteller, die Gas als Rohstoff verwenden, sorgen für Aufsehen. Die norwegische Yara International plant, 40% ihrer Düngemittelproduktionskapazität in Europa zu drosseln. Die US-amerikanische CF Industries hat Anfang dieses Monats den Betrieb in ihrer Düngemittelfabrik im Nordosten Englands eingestellt und damit die nachgelagerten Geschäfte bedroht.
US-Gas- und Kohleproduzenten haben von steigenden Preisen in Europa profitiert. Wachsende Exporte treiben jedoch die Preise in die Höhe, die Amerikaner für Energie zahlen, weil die inländische Produktion hinter dem Niveau vor der Pandemie zurückbleibt. Die Erdgaspreise in den USA haben sich seit dem Frühjahr verdoppelt, und einige Kohlekraftwerke suchen nach Brennstoff.
Zwar ziele die Politik der Biden-Regierung darauf ab, die Produktion fossiler Brennstoffe auslaufen zu lassen und das US-Netz ausschließlich mit erneuerbaren Energien zu versorgen. Den Demokraten aber werde es nicht gelingen, fossile Brennstoffe zu verbannen. Stattdessen werden die USA, wie Europa, mehr Gas und Kohle benötigen, um die durch erneuerbare Energien verursachte Strom-Volatilität zu kompensieren.
Mit verantwortlich ist die EU-Kommission mit dem Klimaschutzprogramm „Green Deal“, das eine starke Verteuerung von CO2-Berechtigungen auslöste. Im deutschen Brennstoffemissionshandelsgesetz wurde eine CO2-Besteuerung ab 1. Januar 2021 in Höhe von 25 EUR/Tonne CO2 festgelegt mit einer stufenweisen Anhebung bis 2025 auf 55 EUR/Tonne CO2.
Das deutsche Klimaschutzgesetz schreibt dem deutschen Wirtschaftssektor jahresscharf genaue Emissionshöchstmengen vor. Laut Welt am Sonntag vom 26.9.2021 fürchtet der DENA-Chef, „dass weder der Verkehr noch Industrie, Stromwirtschaft, Landwirtschaft oder Gebäudesektor diese gesetzlichen CO2-Grenzen in den Jahren bis 2025 einhalten können“.
Die Reaktion der deutschen Wirtschaft auf globale Brennstoff-Marktentwicklungen verlangt – um wettbewerbsfähig zu bleiben – unternehmerische Flexibilität, die durch die deutsche Klima-Gesetzgebung nicht gegeben wird.
Ungeachtet wissenschaftlich gesicherter Erkenntnisse, dass das menschlich erzeugte CO2 nur einen marginalen Einfluss auf die globale Erdtemperatur hat, ist nachdrücklich darauf hinzuweisen, dass durch den forcierten Ausbau der Kohlekraftwerke in Asien, Afrika und Australien die CO2-Verminderung in Deutschland absolut unbedeutend ist.