Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 24.3.2021 und seine möglichen Folgen

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG), von der verfassungsgebenden Versammlung, als übergeordnete Rechtsinstanz zum umfassenden Schutz des Rechtsstaats, eingerichtet, ist zugleich höchste richterliche Instanz, als auch ein, von den anderen Staatsgewalten unabhängiges und selbständiges Verfassungsorgan. Es besteht aus zwei Kammern mit jeweils 8 Richtern und Richterinnen.

Ein Beschluß des Bundesverfassungsgerichts, ist für jede Regierung, gleich welcher Couleur, bindend. Jede Eingabe, die sich auf „Gleichbehandlung“ nach der Verfassung, dem deutschen Grundgesetz beruft, wird nach dieser Norm geprüft.

Nun hat der Erste Senat des BVerfG mit Beschluß vom 24. März 2021 entschieden, dass die Regelungen des Klimaschutzgesetzes vom 12. Dezember 2019, wonach die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 55% gegenüber 1990 zu reduzieren seien, insofern die in Art. 20a GG festgelegten Grundrechte (Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen auch für künftige Generationen) nicht ausreichend berücksichtige, weil hinreichende Maßgaben für die weitere Emissionsreduktion ab dem Jahr 2031 fehlen.

Die zum Teil noch sehr jungen Beschwerdeführer seien durch die angegriffenen Bestimmungen dadurch in ihren Freiheitsrechten verletzt, weil die Vorschriften hohe Emissionsminderungslasten unumkehrbar auf Zeiträume nach 2030 verschieben. Nach den Beschlüssen der Pariser Klimakonferenz vom 12. Dezember 2015 war der Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur auf deutlich unter 2 °C und möglichst auf 1,5 °C gegenüber dem vorindustriellen Niveau (von 1850) zu begrenzen. 

Um das zu erreichen, so das BVerfG, müssten die nach 2030 noch erforderlichen Minderungen dann immer dringender und kurzfristiger erbracht werden. Von diesen künftigen Emissionsminderungspflichten sei praktisch jegliche Freiheit potenziell betroffen, weil noch nahezu alle Bereiche menschlichen Lebens mit der Emission von Treibhausgasen verbunden und damit nach 2030 von drastischen Einschränkungen bedroht seien. Der Gesetzgeber hätte daher, zur Wahrung grundrechtlich gesicherter Freiheit, Vorkehrungen treffen müssen, um diese hohen Lasten abzumildern (Quelle: Bundesverfassungsgericht, Pressemitteilung Nr. 31/2021 vom 29. April 2021)

Das generationengerechte Auslöffeln einer nicht selbst eingebrockten Suppe

24. Oktober 2021 von Kalte Sonne

Die Entscheidung liegt durchaus auf der Karlsruher Linie, nicht nur den (Verfassungs-)Gesetzgeber beim Wort, sondern ihn auch an die Hand zu nehmen. Damit überschreiten die Richter ihre Verfassungskompetenz, denn aus ihr folgt nicht unmittelbar eine bestimmte Pflicht zur Reduktion von Treibhausgasemissionen. Vom Klimaschutz ist auch nicht direkt die Rede; der Staat schützt vielmehr „auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere“. 

Der Gesetzgeber ist auf dieser Grundlage aber alles andere als untätig geblieben. Das Bild des BVerfG als Retter der Schwachen in aller Welt passt gerade beim Klimaschutz nicht, der eine starke Lobby hat und wichtiger Teil der (internationalen) Politik und Gesetzgebung ist.

Wenn der Gesetzgeber alle wesentlichen Dinge regeln soll, dann kann er auch die Verringerung der Emissionen näher selbst bestimmen. Das Karlsruher Gericht droht sich hingegen zu übernehmen, wenn es sich an der Regelung komplexer künftiger Vorgänge beteiligen will.Hierin liegt auch die, in einem Interview geäußerte Kritik des Staatsrechtlers und früheren Verteidigungsministers Rupert Scholz 

Zitat: „Wir haben einen Justizgewährleistungsanspruch, den es sonst in keinem anderen Land gibt. Wir haben uns daran gewöhnt und gute Erfahrungen gemacht. Aber auch hier beginnen sich kritische Aspekte zu häufen. Nämlich überall dort, wo Richter quasi Gesetzgeber werden. Der Richter hat das Gesetz anzuwenden und darauf zu achten, dass das Gesetz beachtet wird. Sich an die Stelle  des Gesetzgebers zu stellen, gehört jedoch nicht zu seinen Aufgaben. Das sieht man beim Bundesverfassungsgericht – eigentlich eine grandiose Schöpfung, aber nur, wenn es bei seinem Aufgabenbereich bleibt. Bei dem Klimaurteil sieht man aber, dass man dort beginnt, diesen Bereich langsam zu überschreiten.“ Zitatende

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das weit in die Kompetenz der Legislativen hineingreift, kann für die Zukunft der Bundesrepublik Deutschland verheerende Folgen haben. Es läßt, ökonomisch betrachtet, keinerlei Gestaltungsspielraum zu, denn die Regierenden müssen kurzfristig für alle Sektoren zeitgleich verbindliche CO2-Minderungsziele festlegen. Spielraum zur Maßnahmenselektion, z.B. „auf Sicht fahren“, wurde in Karlsruhe ausgeschlossen. Dabei ist die schrittweise prioritätsbezogenen Umsetzung von Klimapolitik, schon aus Gründen der Kostenplanung, äußerst effektiv. Hierzu äußert sich das Gericht in keiner Weise. Ob die Ziele im Grundsatz überhaupt erreicht werden können, wird einfach vorausgesetzt. Doch wenn, zur Erreichung der Klimaziele, fast gleichzeitig für alle Sektoren sehr große Summen aufgebracht werden müssen, werden zwangsläufig sozialen Spannungen folgen. Es ist nicht auszuschließen, dass, als Folge der richterlichen Priorisierung, für etliche lebenswichtigen Bedürfnisse, nicht genug Geld übrig bleibt. Dadurch kann in anderen Bereichen größerer Schaden entstehen, als für eine (unter Vorbehalt) nicht erreichbare Treibhausneutralität. Das hätte für kommende Generationen höhere Lasten an anderer Stelle zur Folge. Zweifellos werden die wirtschaftlichen Errungenschaften der letzten 60-80 Jahre, zur Finanzierung der Klimapolitik, aufgezehrt. Der Wohlstand im Sinne der sozialen Marktwirtschaft wird sinken und damit einhergehend auch der Verlust einer intakten Umwelt nebst kultureller und gesellschaftlicher Werte.

Mithin bestehen berechtigte Zweifel, ob durch das Urteil des BVerfG, die Voraussetzung für eine generationengerechte allübergreifende Lastenaufteilung überhaupt entstehen kann. (aus: Tichys Einblick 11/21, S. 30)

Weitere Kritik: „Besorgniserregend falsch“

Der Beschluss des Gerichts wurde zu Recht und aus vielerlei Gründen kritisiert. Die „Welt“ nannte die Entscheidung „besorgniserregend falsch“. Von „unpräzisen Bezugsgrößen“, „ungenauer Sprache“, „höchst fragwürdiger Sichtweise“ und „viel Raum für Falschinterpretationen“ war die Rede. Die Richter hätten sich „nur oberflächlich mit klimawissenschaftlichen Grundlagen beschäftigt“ und ein „höchst umstrittenes“ Modell eines „willkürlichen CO2-Budgets“ zur Grundlage ihrer Argumentation gemacht.

Heftigere Missbilligung einer höchstrichterlichen Entscheidung war bei dem traditionsreichen Medium wohl noch nie zu lesen.  Die weiteren entsprechenden Passagen aus dem Karlsruher Beschluss mutet besonders bizarr an:

„In Randnummer 118 schreibt  das BVerfG von den „weitgehend unumkehrbaren tatsächlichen Auswirkungen von CO2-Emissionen auf die Erdtemperatur“ und „das Grundgesetz lässt die tatenlose Hinnahme eines ad infinitum fortschreitenden Klimawandels durch den Staat nicht zu“. Von welchen Zeiträumen ist hier die Rede? Es ist durchaus erheblich, ob bestimmte Ereignisse in zehn, hundert, in tausend Jahren oder endlos (ad infinitum) das heißt, nie eintreten. Entsprechend wäre dann auch der Zeitansatz, sich vorzubereiten und Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Dabei ist das von der Bundesregierung gesetzte Zieldatum für Klimaneutralität 2050 willkürlich gefasst – es leitet sich jedenfalls nicht aus dem Weltklimaabkommen von Paris ab.

Wie zuverlässig kann man erkennen, welche Fakten beim Klima unumstößlich sind? 

Was unter den Randnummern 199 bis 204 steht, ist verwirrender, als die zahlreichen falschen Klimaprognosen

Ab Seite 84 ist die Rede von „internationaler Dimension“ und „genuin globaler Natur“ der Klimasache und dass der „nationale Gesetzgeber“ die festgelegten Klimaziele „nicht allein, sondern nur in internationaler Kooperation erreichen kann“; so weit nachvollziehbar.

Dann aber: „Der Klimaschutzverpflichtung aus Art. 20a GG steht nicht entgegen, dass Klima und Klimaerwärmung globale Phänomene sind und die Probleme des Klimawandels daher nicht durch die Klimaschutzbeiträge eines Staates allein gelöst werden können.“ Das bedeutet, dass alle Staaten einvernehmlich zusammenwirken müssen; dann aber die gedankliche Kehrtwende „Zu nationalem Klimaschutz verpflichtete Art. 20a GG zudem auch, wenn es nicht gelänge, die internationale Kooperation in einem Abkommen rechtlich zu formalisieren.“ Weiter heißt es: „So oder so kann dem Gebot, nationale Klimaschutzmaßnahmen zu ergreifen, nicht entgegengehalten werden, sie könnten den Klimawandel nicht stoppen.“ Und schließlich: „Dabei könnte sich der Staat seiner Verantwortung auch nicht durch den Hinweis auf die Treibhausgasemissionen in anderen Staaten entziehen.“ 

 Das BVerfG ist also der Auffassung, dass Deutschland mit seinem Weltflächenanteil von 0,0705744% (360.000 zu 510.100.000 QKm) und seinem, nach Corona, weniger als 2%-Anteil der CO2-Emission allein nichts am Weltklima ändern wird. Diese Erwägung hält das BVerfG für unbedeutend, auch wenn China, mit z.Zt. 32%-Anteil, Indien, Russland und die USA ihre eigenen Reduktionsziele nicht einhalten und das Weltklima deswegen kollabiert. Daher die Frage: „Geht es ums Klima oder ums Prinzip?“.

Damit verabschiedete sich das höchste deutsche Gericht faktisch von einem der wichtigsten Prinzipien deutschen Rechts, dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Jede staatliche Maßnahme, die ins Leben der Bürger eingreift, muss einen legitimen Zweck verfolgen. Dafür muss die Maßnahme geeignet, erforderlich und angemessen sein. Sobald eine dieser drei Voraussetzungen fehlt, ist die Maßnahme rechtswidrig.Eric Gujer, Chefredaktor der „Neuen Zürcher Zeitung (NZZ)“ vom 29.10.2021 (Auszug)

Das Thema mit der grössten Sprengkraft ist gegenwärtig die Klimapolitik. Hier vermischen sich Geopolitik, wirtschaftliche Interessen, nationale Egoismen und obendrein die Gesetze der Natur, die sich menschlichem Einfluss entziehen. Dieses Knäuel zu entwirren, gelingt der Politik mit ihren traditionellen Instrumenten nicht. Den Temperaturanstieg um ein halbes Grad mehr oder weniger zu reduzieren, ist nicht die grösste Herausforderung, vielmehr eine gemeinsame Zielsetzung aller Akteure, wissend, dass der (soweit menschlich verursachte) Klimawandel nur begrenzt werden kann, wenn die Menschheit an einem Strang zieht.

Die Uno-Klimakonferenz COP26 in Glasgow findet derzeit ohne chinesische und russische Beteiligung statt. Xi Jinping repräsentiert den grössten Verursacher von Treibhausgasen, Wladimir Putin einen der grössten Produzenten fossiler Brennstoffe.

Wie bringt man also die internationale Gemeinschaft dazu, sich ausnahmsweise als Gemeinschaft zu verhalten? Das gelingt nicht mit abstrakten Klimazielen, sondern durch Kooperation und Konzessionen.

Die Europäer bevorzugen jedoch Symbolpolitik, die den eigenen Kontinent zum Maß aller Dinge macht. Sie blenden dabei aus, dass niemand gezwungen werden kann, ihrem Weg zu folgen: nicht mit Verboten, nicht mit Sanktionen und schon gar nicht mit Verbalradikalismus. Am Ende zählt nicht das wohlige Gefühl moralischer Überlegenheit, sondern das konkrete Ergebnis – und das weltweit.

Ein gutes Beispiel für die Widersprüche ist China. Seine CO2-Emissionen werden bis 2030 weiter steigen; dreissig Jahre später will das Land die Klimaneutralität erreichen. An der Ernsthaftigkeit der Absichten sollte niemand zweifeln, immerhin hat China im Gegensatz zu Amerika einen – allerdings noch rudimentären – nationalen Emissionshandel eingeführt und unterhält die weltweit grösste Flotte an E-Fahrzeugen. Auch sonst steuert Peking um, indem es etwa weniger Kohlekraftwerke in Entwicklungsländern finanziert.

Natürlich hat Peking ein eigenes Interesse am Umweltschutz. Der Smog in den Grossstädten ist mitunter kaum auszuhalten. Aber die Chinesen sind ausgebuffte Diplomaten und werden das sich bietende Drohpotenzial kaum ignorieren.

Der chinesische Aussenminister warnte davor, China als Gegner zu behandeln. Er sagte: «Die USA hoffen, dass der Klimaschutz die Oase in den chinesisch-amerikanischen Beziehungen ist. Wenn die Oase aber von Wüste umgeben ist, wird sie irgendwann selbst zur Wüste.» Klimapolitik kann nicht von Geopolitik getrennt werden.

Die EU erlebt gerade, wie die Energiepolitik zum Spaltpilz heranwächst. Die Osteuropäer fürchten wohl nicht zu Unrecht, dass Ursula von der Leyens überambitioniertes Programm «Fit for 55» mit Lasten verbunden ist, welche sie ungleich schwerer zu schultern vermögen als die wohlhabenden Westeuropäer.

Wo man hinschaut, gibt es Zielkonflikte, im Umgang mit China genauso wie in der EU. Eine rationale Politik erkennt das an, statt sich in immer strengere Vorgaben hineinzusteigern, bei denen völlig ungewiss ist, ob sie jemals erreicht werden. Danach gilt es, konkrete Wegmarken zu definieren. Washington würde seine Chinapolitik überdenken. Berlin zöge den Kohleausstieg vor und stoppte den Atomausstieg. Brüssel würde die Disziplinierung des widerspenstigen Ostens der Jahrhundertaufgabe Klimaschutz unterordnen.

Der „Plan“ ist reine Fantasie

Die deutschen Maßnahmen zur vermeintlichen Weltrettung werden gigantische Summen verschlingen – nicht einmalig, sondern dauerhaft. „Grüne“ Energie, wenn sie brauchbar sein soll, ist nun mal viel kostspieliger als herkömmliche.

Die von Beginn an abwegige Behauptung, heimische „erneuerbare“ Erzeugung könne den deutschen Energiebedarf decken, verbreiten mittlerweile nicht einmal mehr Strenggläubige der Reduktionsreligion. Seit etwa zwei Jahren lautet die Überschrift über dem „Plan“ zur Energiewende: Wasserstoff. Der soll energetisch höchst verlustreich, aber massenhaft in noch unbestimmten arabischen oder afrikanischen Staaten, mit z.T. vordemokratisch zugeschnittenen politischen und wirtschaftlichen Verfassungen, von noch nicht bestehenden Solarfabriken produziert werden und mittels zu bauender Supertanker über noch zu realisierende Spezialterminals nach Deutschland verbracht werden. Über reale Planungen hierzu ist nichts bekannt, aber unzweifelhaft ist, dass diese „Energiewende“ sehr teuer werden wird.

Realität ist jetzt, dass die energieintensiven Branchen in Deutschland (Baustoffe, Chemie, Glas, Nichteisen-Metalle, Papier und Stahl) bei steigenden Energiepreisen international nicht mehr konkurrenzfähig sind und entweder abwandern oder aufgeben werden. Die Folge ist Arbeitslosigkeit mit einer doppelten Folge: Nicht nur fallen Steuerzahler weg, sie sind auch noch vom schrumpfenden Anteil Wertschöpfender zu alimentieren. Um das zu verhindern, muss die Regierung den Unternehmen Milliardenzuschüsse zum Strompreis bezahlen. So im kürzlich verabschiedeten Kohleausstiegsgesetz (Artikel 1 §§ 44, 45) bereits vorgesehen.

Diese Subventionen sind dauerhaft zu gewähren, denn Deutschland war als einziges großes Industrieland, unter „Klimakanzlerin“ Merkel, aus der verlässlichen und weitgehend CO2-freien Kernkraft ausgestiegen. Wegen Wind-Sonne-Biogas-Romantik werden die Stromerzeugungskosten für uns auf unabsehbare Zeit höher sein als für den Rest der industrialisierten Welt. Diese deutsche Spezialität trifft nicht nur die Industrie, sondern die gesamte Gesellschaft. 

Zur Teuerung aufgrund verfehlter Energiepolitik kommt künstliche Teuerung, die das Verhalten der Bürger beeinflussen soll, also die CO2-Bepreisung aller nicht „grün“ produzierten, verarbeiteten und transportierten Güter. Dieser zusätzliche Strafzins muss installiert werden, entweder über Zertifikatehandel oder direkte Besteuerung. Nur damit kann die gewünschte Lenkungswirkung eintreten und die CO2-Bilanz verbessert werden. CO2-intensive Produkte und Dienstleistungen müssen, nach dem Willen der Öko-Sozialisten, so teuer werden, dass sehr viele sie sich nicht mehr leisten können oder wollen. Der Bürger soll „umsteigen“ auf „klimafreundliche“ Lebensführung

Tichys Ausblick: „Energiekrise spitzt sich zu – letzte Rettung Kernkraft“ vom 28.10.2021

Gäste:  Dr. phys. Philipp Lengsfeld, CDU-Bundestagsabgeordneter (2013 – 2017),

             Dr. phys. Götz Ruprecht, Kernphysiker und Mitgründer des Start-up-Unternehmens CEO Dual-Fluid-Reaktor

             Dipl.Ing (Maschinenbau) Manfred Haferburg, Kernenergetiker, ehemaliger Oberschichtleiter im KKW Greifswald

Strom und Gas werden knapp und immer teurer, die Lage wird sich in den nächsten Jahren weiter zuspitzen. Immer mehr Länder in Europa setzen wieder auf Kernkraft, als preiswerte und umweltschonende Energiequelle. Kann das für Deutschland auch gelten oder ist   die viertgrößte Industrienation der Welt schon unrettbar ins Hintertreffen geraten?

Kernenergie, die einzige praktikable Lösung zur Dekarbonisierung der Stromwirtschaft wird in Deutschland aus ideologischen Gründen von der Politik unterdrückt.

Doch der Atomausstieg allein reichte der deutschen Politik nicht, sie setzte von Anfang an alles daran, den „Fadenriss“ in der Kernenergie herbeizuführen. Studienrichtungen wurden abgeschafft, die Forschung ausgedörrt, die Produktion vergrault. Deutschland, das einst die besten Kernkraftwerke der Welt konstruierte, baute und betrieb, kann heute noch nicht mal mehr die erforderlichen Ersatzteile bauen, geschweige denn einen Reaktor.

Die Welt forscht an gasgekühlten Hochtemperaturreaktoren, bleigekühlten Schnellreaktoren, Salzschmelze-Reaktoren mit Thorium als Brennstoff, überkritischen wassergekühlten Reaktoren und natriumgekühlten Schnellreaktoren.

Die deutschen Nachbarstaaten, an der Spitze Frankreich, forschen in Richtung kleinerer Reaktoren und an Recyclingverfahren für Feststoffbrennzellen. China nimmt einen Thorium-(Mini-)Reaktor in Betrieb, nicht größer als ein Badezimmer. 2030 soll es zur Serienproduktion kommen. Weiterhin baut es den in Deutschland erfundenen Kugelhaufenreaktor HTR-PM.

Russland baut den ersten bleigekühlten Reaktor BREST OD 300. Im russischen Bielojarsk laufen die natriumgekühlten schnellen Reaktoren BN 600 und BN 800. Sie können radioaktiven Abfall in Kernbrennstoff umwandeln. Hätte Deutschland diese Technologie, würde der Abfall der bisherigen Kernkraftwerke ausreichen, um das Land 350 Jahre mit Strom zu versorgen und die Endlagersuche könnte sich auf einen Zeithorizont der Endlagerung von 300 Jahren beschränken.

Andere Staaten arbeiten, neben dem Bau herkömmlicher Kernkraftwerke, letztendlich Verbesserungen alter Designs, an Zukunftslösungen wie der Kernfusion.

In Deutschland entwickelt das Start-up-Unternehmens CEO Dual-Fluid-Reaktor einen Reaktor ohne Feststoffbrennzellen, stattdessen mit zwei Flüssigbrennstoffelementen, wodurch man den Reaktor deutlich kleiner bauen kann, was einer Effizienzsteigerung gleich kommt. 

Warum ist ein Dual-Fluid-Reaktor sicherer? Bei Überhitzung dehnen sich Flüssigkeiten deutlich schneller als Feststoffbrennelemente aus, so dass diese auch rasch abfließen können. Dadurch wird die Reaktivität sehr schnell verringert (Reaktivitätskoeffizient), sozusagen eine naturgesetzlich eingebaute Handbremse.

Mit diesem Konzept, in dem alles auf einen geschmolzenen Kern ausgerichtet ist, stellt eine Kernschmelze kein Problem mehr dar.

Wie rasch kann Deutschland auf eine Kernenergiewende noch umschwenken?

Deutschland hat sich für die nächsten 20 bis 25 Jahre aus der Kernenergie verabschiedet, weil auch Wissenschaft und Forschung zu diesem Thema politisch radikal gebremst wurden. Grohnde, Brockdorff und Gundremmingen gehen zum Jahresende vom Netz; die Betreiber haben sich seit 5 Jahren auf die Stillegung und den Abriß vorbereitet und können die Reaktoren nicht einfach weiter laufen lassen. Große Verzögerungen entstehen in der Personalgewinnung und -ausbildung. Es dauert z.B. 5 Jahre, bis man einen Schichtleiter (Ingenieur) lizenziert hat. KKW sind brennstoffoptimiert, d.h. im nächsten Jahr sind keine Brennstoffelemente mehr vorhanden. Selbst wenn man sie käuflich erwerben könnte, würde dies viel Zeit kosten. Genehmigungsverfahren für Außerbetriebsetzung und Abriß müssten umfirmiert, d.h. neu gefasst werden. Selbst wenn allerhöchste Eile auf der gesetzgebenden Ebene angemahnt würde, wäre dieser Prozess nicht unter einem Jahr abzuschließen.rg, Schwerpunkt: Internationales Bank – und Währungsrecht und Finanzverfassungsrecht. Seit 1991 als Rechtsanwältin sowie als Beraterin von Entscheidungsträgern vornehmlich im Bereich der KMU tätig.  

Energiekrise: Überparteiliches Bündnis weist den Weg, vom 20.10.2021

„Kein weiter so“ lautet der aktuelle Slogan der Zeit. In vielen Bereichen werden die Folgen der bisherigen Politik spürbar, die Erkenntnis, dass die bisherigen Wege Holzwege waren, dämmert so langsam. Dass allerdings Bremsen allein nicht reicht, sondern ein schneller Richtungswechsel erforderlich ist, ist jedoch noch nicht bei allen angekommen.

Im Bereich der Energieversorgung ist nun ein überparteiliches Bündnis aus Fachleuten der SPD, CDU und FDP sowie Energieexperten und Vertretern von Verbänden entstanden, die einen Forderungskatalog der dringendsten Maßnahmen an die künftige Bundesregierung entwickelt haben. Angesichts drohender Black- und Brownouts, d.h. regionaler Stromausfälle sowie drohender Wohlstandsverluste erheblicher Teile der Bevölkerung durch die explodierenden Energiepreise und der beginnenden Deindustrialisierung besteht dringender Handlungsbedarf.

Prof. Dr. Fritz Vahrenholt, Umweltsenator a.D. Hamburg (SPD), Dr. Horst Rehberger, Wirtschaftsminister a.D. im Saarland und Sachsen-Anhalt (FDP), Prof. Dr. Wolfgang Merbach, Vorsitzender der Seniorenunion Sachsen-Anhalt (CDU), Dr. Uwe Schrade, Vorsitzender EnergieVernunft Mitteldeutschland e.V., Dipl.-Ing. Frank Hennig, Ingenieur für Kraftwerksanlagen und Energieumwandlung sowie Dr.-Ing. Detlef Ahlborn, Vorstandsmitglied Vernunftkraft e.V., zeichneten in einer Pressekonferenz ein ebenso facettenreiches wie bedrückendes Bild der Realität in Deutschland. Nach der anstehenden Abschaltung dreier Kernkraftwerke zum Ende dieses Jahres werden sich Lücken in der Versorgung ergeben, die durch Erneuerbare Energien und Ersatzlieferungen aus dem Ausland nicht zuverlässig zu schließen sein werden. Die Abschaltung der letzten verbleibenden drei Kernkraftwerke innerhalb der nächsten 14 Monate würde diese Lücke dramatisch vergrößern.

Kernkraftwerke in Betrieb halten

Um ein Schreckensszenario zu verhindern, sei es vor allem wichtig, die Kernkraftwerke in Betrieb zu halten. Daher sei es unabdingbar, das Auslaufen der Betriebsgenehmigungen für diese Anlagen durch entsprechende gesetzliche Regelungen schnellstmöglich abzuwenden. Andernfalls könnten diese selbst in Notfällen nicht wieder in Betrieb genommen werden, weil neue Genehmigungen für Kernkraftwerke rechtlich nicht möglich seien, so Vahrenholt.

„Dass die Klima- und Energiepolitik der Bundesregierung scheitern muss – an den Gesetzen der Physik, an den Gesetzen der Ökonomie und an den Gesetzen der mathematischen Statistik“, erläutert der Sprecher von über 1.000 Bürgerinitiativen gegen Windkraftanlagen in der Bundesrepublik, Dr.-Ing. Detlef Ahlborn. Es sei ein „verwegenes Experiment, bei der Energieversorgung einer großen Industrienation auf den Zufall zu setzen. Die Schwankungen bei der Stromversorgung durch Wind- und Solarenergie seien so groß, dass man die Energieversorgung sogar auswürfeln könnte. Tatsächlich hätte der Computer für den Fall des Auswürfelns sogar eine größere Gleichmäßigkeit der Ergebnisse errechnet.

Rehberger machte deutlich, dass sowohl die Versorgung der Bevölkerung als auch der Wirtschaft mit günstiger Energie von grundlegender Bedeutung sei. International aufgestellte Großkonzerne würden ins Ausland abwandern, weshalb sie sich nicht gegen diesen deutschen Sonderweg wenden würden. Der Exodus habe bereits begonnen, große Unternehmen zögen weg. Die Bürger und der ortsgebundene Mittelstand würden jedoch von hohen, teils unbezahlbaren Energiepreisen in die Knie gezwungen. Untersuche man die Entwicklung vor und bis in die dreißiger Jahre des vergangenen Jahrhunderts, so habe die prekäre wirtschaftliche Lage breiter Teile der Bevölkerung maßgeblich zur Demontage der Demokratie beigetragen. Die Auswirkungen dieser Politik auf unser Staatswesen seien noch nicht hinreichend im Bewusstsein angekommen.

Vahrenholt ergänzte diesen Aspekt um den Hinweis, dass jeder Arbeitsplatz, der ins Ausland abwandere, speziell nach China, für die Entwicklung des Weltklimas sehr negative Folgen habe. Die CO2-Emissionen pro 1000 $ BIP lägen z.B. in China mehr als dreimal so hoch wie in Deutschland, das bezüglich des CO2-Emissionen in der Wirtschaft zu den effizientesten Staaten weltweit gehöre. Mithin würde jede Verlagerung von Industriekapazitäten aus Deutschland nicht nur den Bürgern und der Wirtschaft schaden, sondern auch dem Klima.

Es bestand Einigkeit, dass Strom aus erneuerbaren Energien zwar ein Teil eines notwendigen Energiemixes sein sollte, aber weder eine grundlastfähige noch eine sichere oder gar preisgünstige Versorgung Deutschland sicherstellen könne.

Die Ergebnisse der Sondierungsgespräche zur Koalitionsbildung seien nicht annähernd geeignet, die bestehenden Probleme zu lösen. Zwar sei zu begrüßen, dass Gaskraftwerke gebaut werden sollen, diese seien jedoch kaum weniger klimaschädlich als Kohlekraftwerke. Sie könnten günstigstenfalls auch erst in fünf Jahren betriebsbereit sein, bis dahin dürfe durch Abschaltung von Kernkraftwerken keine massive Versorgungslücke entstehen.

Die konkreten Forderungen des Bündnisses dokumentiert Achgut.com hier im Wortlaut:

Forderungen an die Klima- und Energiepolitik der nächsten Bundesregierung 

1. Ein „Weiter so“ in der Klima- und Enerergiepolitik Deutschlands wäre ein Irrweg

Die aktuelle Entwicklung der Gas- und Strompreise ist besorgniserregend und ein Alarmsignal. Der Preis für die Kilowattstunde (kWh) Strom hat sich jetzt an der Leipziger Börse auf 13 Eurocent nahezu verdreifacht. Für Industrie und Gewerbe ist dies dramatisch, weil sich die Verteuerung massiv auf die Produktionskosten auswirkt. Aber auch die Haushaltskunden trifft es hart: Zahlte ein Haushaltskunde bisher den weltweit höchsten Strompreis in Höhe von 32 Eurocent/kWh, so sind es jetzt 40 Eurocent/kWh.

Für diesen Anstieg, der europaweit stattfindet und die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen und europäischen Industrie in Frage stellt, gibt es mehrere Ursachen:

  • Der in ganz Europa (UK, Italien, Spanien, Niederlande) und insbesondere in Deutschland in Gang gesetzte Kohleausstieg,
  • die Verdreifachung der CO2-Zertifikatspreise seit 2020 von 20 auf über 50 Euro pro Tonne CO2, die auch die Gasversorgung trifft,
  • der Wechsel von Kohlestrom zu teurerem Gasstrom,
  • die weltweit gestiegene Nachfrage nach Gas infolge der wirtschaftlichen Erholung nach der Pandemie und des nach wie vor rasanten Wachstums der Menschheit,
  • sowie ein äußerst schwaches Wind-Jahr von Januar bis September 2021.
  • Diese Preisentwicklung ist vor allem ein Zeichen des Mangels.

Besonders alarmierend sind die Zahlen für Deutschland: Die gesicherte Leistung des deutschen Kraftwerksparks wird laut BDEW schon bis 2023 von heute 90.000 MW auf 75.300 MW sinken. Die Jahreshöchstlast wird aber nach der Prognose der Bundesnetzagentur 81.800 MW betragen. Ob dieses Defizit durch den Import aus den Nachbarländern ausgeglichen werden kann, die ebenfalls auf fossile Kapazitäten verzichten, ist fraglich.

Aus all diesen Gründen folgt: Die bisherige Politik der Energiewende steht vor dem Scheitern. Kein Land der Welt wird der gleichzeitigen Stilllegung der die Versorgung sichernden Kernenergie und Kohlekraft folgen und einen vollständigen Umstieg aller Sektoren (Haushalt, Industrie, Verkehr, Wärme) auf Strom realisieren. Wenn also die Klima- und Energiepolitik Deutschlands nicht unverzüglich geändert wird, steht eine extreme Stromknappheit mit temporären Stromabschaltungen bevor. Außerdem gäbe es unvorstellbar hohe Preiseffekte und großflächige Versorgungseinschränkungen. Die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie und unser Wohlstand wären akut gefährdet.

Vor diesem Hintergrund ist die geplante Stilllegung der letzten sechs Kernkraftwerke in den nächsten 14 Monaten unverantwortlich. Diese Kraftwerke liefern noch 64 Terrawattstunden (TWh) Strom pro Jahr, 11% des deutschen Strombedarfs. Ein Ersatz durch Windkraftanlagen erfordert rein rechnerisch den Zubau von 30.000 Megawatt (MW) an installierter Leistung, ohne dass diese eine sichere Stromproduktion zu jeder Zeit bieten können. Für diesen Zubau wäre außerdem selbst bei einer Verdoppelung der Errichtungsrate von zurzeit 2.000 MW pro Jahr auf 4.000 MW eine Zeit von 8 Jahren erforderlich. Dies würde dann aber auch bedeuten, dass bis 2030 kein weiterer Zuwachs des Strombedarfs für Elektromobilität, Wärmepumpen oder Wasserstoffelektrolyse erfolgen könnte. Denn zusätzlich sollen bis 2030 durch den beschlossenen Kohleausstieg 29.000 MW Kohlekraftwerke vom Netz genommen werden. Überdies würde ein weiterer Zubau an stark schwankenden Stromproduzenten bedeuten, dass immer mehr Wind- und Solarkraftwerke in Starkwind- oder einstrahlungsreichen Zeiten abgeschaltet werden müssten. Deren Beitrag zur CO2-Reduktion sinkt mit jedem weiteren Zubau.

2.  Für die Koalitionsverhandlungen und die zukünftige Klima- und Energiepolitik halten wir deshalb folgende Maßnahmen für unverzichtbar:

1. Kernkraftwerk-Moratorium

Die Fraktionen der die Bundesregierung tragenden Parteien bringen unverzüglich ein Vorschaltgesetz zum Atomgesetz in den Bundestag ein. Ziel des Gesetzes ist es, die Regelungen des Atomgesetzes von 2011 zur Stilllegung von Kernkraftwerken für die verbliebenen sechs Kernkraftwerke aufzuheben und erst wieder in Kraft zu setzen, wenn die wegfallende Strommenge durch Ersatzneubauten von Erneuerbaren Energien und Gaskraftwerken ersetzt worden ist. Die mit der vorzeitigen Stilllegung verbundenen Entschädigungszahlungen entfallen. Die Bundesnetzagentur erklärt die Kernkraftwerke zu systemrelevanten Kraftwerken, so dass diese auch gegen den Willen der Eigentümer weiterbetrieben werden können.

2. Gaskraftwerke-Programm

Die Bundesregierung beschließt ein Sofortprogramm zum Bau von Gaskraftwerken. Entsprechenden Hinweisen aus dem Abschlussbericht der Kohlekommission im Januar 2019 ist sie bislang nicht gefolgt. Der in der DenaStudie benannte notwendige, aber nicht ausreichende Zubau von 15 GW Gaskraftwerksleistung bis 2030 wird durch private Investoren am freien Markt und ohne staatlichen Anreiz nicht erfolgen. Um die hierzu nötigen Investitionen zu ermöglichen, werden auf dem Wege der Ausschreibung Kapazitätsprämien für die Bereitstellung von Kraftwerksleistung vergütet. Zur Bestimmung der Größe des Programms ermittelt die Bundesregierung unter Beteiligung externer Experten die bis 2030 entstehende Stromlücke unter besonderer Berücksichtigung unvorhersehbarer minimaler regenerativer Erzeugungsleistung und einer 15-tägigen Windflaute, wie sie vom 1. bis 15. September 2021 aufgetreten ist. Die Gaskraftwerke haben eine Abtrennung von CO2 vorzusehen.

3.  Ermöglichung der CO2-Verpressung

Das Verbot der Sequestrierung von CO2 wird aufgehoben. Konventionelle Kraftwerke, die eine Abtrennung von mindestens 90% des CO2 aus den Abgasen aufweisen, werden von dem CO2-Zertifikatehandel befreit. Die Bunderegierung untersucht, ggfs. mit anderen Nationen, die Möglichkeit der Sequestrierung von CO2 in Tiefengesteinen in der Nordsee.

4. Ladeeinschränkungen für E-Autos

Nach dem englischen Vorbild wird das Aufladen von E-Autos an privaten Ladestationen in Zeiten von Strommangel (Dunkelflaute) von 11–22 Uhr untersagt.

5. Abschaffung Stromsteuer

Die Stromsteuer wird abgeschafft.

6. Aussetzung der Anhebung der CO2-Steuer

Die Anhebung der CO2-Abgabe, die am 1. Januar 2022 von 25 €/t CO2 auf 30 €/t CO2 ansteigen soll, wird ausgesetzt.

7. Wiederaufnahme der Kernkraftwerksforschung

Das faktische Forschungsverbot für neue, inhärent sichere Kernkraftwerkstechnologien wird aufgehoben. Im Energieforschungsprogramm der Bundesregierung wird hierzu ein neuer Schwerpunkt geschaffen. Die Forschungszentren in Jülich und Karlsruhe erhalten entsprechende Abteilungen. Die Länder werden aufgerufen, die in den vergangenen Jahren abgeschafften Lehrstühle wieder einzurichten.

8. Kernkraft wird als erneuerbar anerkannt

Deutschland unterstützt die Bemühungen Frankreichs und Polens, in der Taxonomie-Verordnung die Kernenergie als CO2-freie Technologie mit den erneuerbaren Energien gleichzustellen.

9. Überprüfung des Konzepts der Endlagersuche

Die Endlagersuche für hochradioaktive Reststoffe ist aus Kostengründen einzustellen. Da mit der Einlagerung erst Mitte des Jahrhunderts begonnen werden könnte und der Kostenumfang mehr als hundert Milliarden Euro beträgt, sind folgende Alternativen zu prüfen: – Aufarbeitung des Materials (dadurch Volumenverringerung um 90%) und Verkauf an Länder, die weiter Kernkraftwerke betreiben. – Abgabe an Länder, die schnelle Brutreaktoren betreiben zwecks energetischer und emissionsarmer Nutzung des in den Reststoffen noch zu 95 % vorhandenen Energieinhalts. – Mitnutzung der in den nächsten Jahren entstehenden Endlager (Finnland/Schweden). – Forschung zu neuen Methoden kerntechnischer Verfahren zur Umwandlung der radioaktiven Reststoffe, z.B. Transmutation. Beteiligung am belgischen Projekt „Myrrha“. Alle genannten Punkte sind preiswerter als die Vorbereitung und Errichtung eines eigenen Endlagers gegen den zu erwartenden Widerstand der Bevölkerung.

10. Neubestimmung des Windkraftflächenverbrauchs

Die Bundesregierung wird die bestehenden Flächen für Windkraftwerke, die angeblich nur 0,9% der Landesfläche betragen, weil sie lediglich die Bebauungsplanflächen umfassen, unter Berücksichtigung eines Abstandes von 1000 Metern zu den nächsten Wohnbebauungen neu bestimmen. Dies ermöglicht die realitätsbezogenere Angabe des Flächenverbrauchs für eine Verdopplung der Windkraftkapazität bis 2030.

11. Wind und Sonne können Kernkraft und Kohle nicht ersetzen

Nach Angaben des Umweltbundesamts sind auf der heute planerisch ausgewiesenen Fläche für Windkraftanlagen bundesweit bei einem Abstand zur Wohnbebauung von 1.000 Metern allenfalls 60 Gigawatt (GW) möglich. Das entspricht nahezu der bereits heute bestehenden Windenergiekapazität von 55 GW an Land. Eine Verdoppelung der fluktuierenden Windenergieerzeugung an Land von 105 auf 210 TWh und ein Ausbau der Offshore-Windenergiekapazität von 8 GM auf 20 GW (was mit einem Anstieg auf 70 TWh verbunden wäre), würde bedeuten, dass 2030 mit 280 TWh aus Windenergie zu rechnen wäre. Vor dem Hintergrund des Zubaus von weiteren 50 TWh Solarenergie auf dann 100 TWh könnte zwar die wegfallende Kernkraftwerksleistung und Kohlekraftwerksleistung summenmäßig gerade eben ersetzt werden. In Ermangelung großtechnisch verfügbarer Speichertechnologien bis mindestens 2030 wären die mehrtägigen Stromlücken bei Windflauten und Dunkelheit jedoch nicht auszugleichen.

12. Grüner Strom für Industrie, Wärme und E-Mobilität ist nicht vorhanden

Darüber hinaus wäre selbst bei diesem optimalen Szenario keine zusätzlich CO2-freie Stromerzeugung für die Industrie, die Wärmeerzeugung, die Elektromobilität vorhanden.

13. Kein Strom für grünen Wasserstoff

Daher gibt es auch keinen Spielraum für eine Wasserstoffstrategie, die ausschließlich auf Ökostrom beruhen soll. Bei der Erzeugung einer Kilowattstunde Strom auf dem Weg Wind-/Solarstrom-Speicherung-Wiederverstromung gehen 75% des eingesetzten Stroms verloren. Anders ausgedrückt: Man braucht viermal so viel Strom, um eine Kilowattstunde zwischenzuspeichern. Die Kosten des zwischengespeicherten Stroms steigen auf das Sechsfache, da auch die Anlagen zur Erzeugung, Speicherung und Wiederverstromung finanziert werden müssen.

14. Überarbeitung des Klimaschutzgesetzes

Demzufolge ist das Klimaschutzgesetz zu überarbeiten. Die dort planwirtschaftlich für das Jahr 2030 festgelegten CO2-Minderungen der Energiewirtschaft von 280 auf 108 Millionen Tonnen, der Industrie von 186 auf 118 Millionen Tonnen, der Gebäude von 118 auf 67 Millionen Tonnen, des Verkehrs von 150 auf 85 Millionen Tonnen und der Landwirtschaft von 70 auf 56 Millionen Tonnen, können nicht erreicht werden.

Zusammenfassend ist festzuhalten: Die Energiepolitik Deutschlands muss sich an realistischen Zielen ausrichten. Sie sollte die Empfehlungen des Weltklimarates (IPCC) aufgreifen, der als Instrumente gegen den Klimawandel die Kernkraft und die CCS-Technologie ausdrücklich empfiehlt. Die „Rettung“ des Weltklimas von deutschem Boden aus durch die Vermeidung deutscher Treibhausgasemissionen ist illusorisch. Dem damit verbundenen Absturz von Wohlstand, Arbeitsplätzen und industrieller Wertschöpfung wird keine Nation folgen.

(Forderungskatalog aus der Pressekonferenz EnergieVernunft und VERNUNFTKRAFT, 19.10.2021, Berlin