Netto-Null-Wahnsinn und seine industriellen Folgen

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„Ist dies schon Wahnsinn, so hat es doch Methode“, an diesen Ausspruch in Shakespear’s Hamlet erinnert, was zur angeblichen Klimarettung unternommen wird. Eine Hybris, die ihres Gleichen sucht.

Die CO2-Emissionen sind trotz aller Klimakonferenzen und der Zusagen, die CO2-Emissiomnen zu senken, weiter gestiegen. Sie zeigen keine Anzeichen dafür, dass sie von der “Klimapolitik” beeinflusst werden. Zig Milliarden Euro wurden ohne „klimatische“ Erfolge ausgegeben. Und so wird es weitergehen.

Getrieben von ihrer Besessenheit der Emissionsverminderung setzt die Regierung die gesamte stromabhängige Lebensweise des Landes auf den drastischen Ausbau der wetterabhängigen Windenergie- und Solaranlagen wie auch auf die zügige Entwicklung der grünen Wasserstofftechnologie, obwohl die Internationale Energieagentur unter dem klimaoptimistischsten Szenarium erwartet, dass der Wasserstoff bis 2050 weniger als 2 Prozent des weltweiten Stroms liefern wird.

Der Westen macht sich zunehmend etwas vor. Wir werden dazu gebracht zu glauben, dass das Netto-Null-Ziel, die Wunderinnovationen in der Batteriespeichertechnologie und der Wasserstoff alle unsere Probleme lösen werden. Damit Deutschland seine Ziele für die Energiewende bis 2030 erreichen kann, müsste es das Äquivalent von 43 Fußballfeldern mit Sonnenkollektoren und 1.600 Wärmepumpen pro Tag sowie 27 neue Onshore- und vier Offshore-Windenergieanlagen pro Woche installieren. Unnötig zu sagen, dass nichts in der Nähe davon passiert.

Dazu das Zitat von Jürgen Zeschky, dem Chef von Enercon, dem größten deutschen Windturbinen-Hersteller, das BILD am 21.2.2023 brachte: „Es erscheint nicht realistisch, dass die politischen Zielvorgaben erreicht werden. Die Installationszahlen befinden sich auf niedrigem Niveau.“

Es macht andererseits wenig Sinn, die CO2-Emissionen auf eine Weise zu reduzieren, die unsere Lebenshaltungskosten in die Höhe treiben oder unsere Emissionen einfach im Ausland entstehen zu lassen, da Industriearbeitsplätze an Orte mit weniger stringenten Klimaschutzauflagen verlagert werden. Es ist wenig sinnvoll, sich mit einem spekulativen langfristigen Problem auf eine Weise zu befassen, die kurzfristige praktische Probleme viel schlimmer macht.

Dies gilt umso mehr, als es keinen physikalischen Beleg gibt, dass eine Änderung der CO2-Konzentration in der Atmosphäre eine Auswirkung auf das Klima hat. Für Wissenschaftler wie zum Beispiel Richard Lindzen und Judith Curry ist die Atmosphäre ein so komplexer Mechanismus ist, dass es falsch ist, allein in dem CO2 den Verursacher des Klimawandels zu sehen, vielmehr spielen andere Faktoren wie zum Beispiel Sonnenfleckenaktivität eine viel größere Rolle.

Es spricht nichts dagegen, dass vernünftige, verhältnismäßige und umsichtige Schritte unternommen werden, um die CO2-Emissionen zu reduzieren. Aber dies in einer Weise wie es der ehemalige australische Premierminister Abbott einst formulierte:

„Die einzige rationale Option besteht darin, Arbeitsplätze und Lebensstandard an die erste Stelle zu setzen, dabei die Emissionen so weit zu senken, wie das unter Beibehaltung der Lebenshaltungskosten möglich ist. Nach zwei Jahrzehnten Erfahrung mit der sehr bescheidenen Realität des Klimawandels, aber den immer schlimmeren Folgen der Politik, mit ihm umzugehen, wäre alles andere eine Pflichtverletzung und ein politischer Todeswunsch.”

Bei alledem darf aber nicht übersehen werden, dass das CO2 ein lebenswichtiger Bestandteil unserer Atmosphäre ist. CO2ist erforderlich für die Photosynthese. Die wiederum liefert den Kohlenstoff, den die Pflanze für die zellulären Prozesse benötigt. Dieser Prozess setzt gleichzeitig Sauerstoff frei.

Welche Folgen zeichnen sich in der Industrie ab?

Durch die Verknappung von CO2-Emissionsrechten sollen die Preise für CO2 im europäischen Emissionshandel dramatisch erhöht werden, auch sollen mehr Sektoren einem solchen Handel unterworfen werden. Dazu kommen eine Vielzahl technischer Auflagen, die zum Energiesparen zwingen, und eine rabiate Beschränkung des Flottenverbrauchs der Autohersteller, womit man dem Verbrennungsmotor den Garaus macht, was ein gewaltiger Beitrag zur De-Industrialisierung von Europas und insbesondere von Deutschland wäre. Die Autohersteller stehen mit dem Rücken zur Wand. Die EU fordert bis Mitte nächsten Jahrzehnts ein Verkaufsverbot von Autos mit Verbrennermotor. Die Hersteller werden zum Bau von E-Autos gezwungen, was den Verlust von tausenden Arbeitsplätzen bedeutet und ein über mehr als 100 Jahre aufgebautes Knowhow unwiederbringlich verloren gehen würde. Die gesamte Wertschöpfungskette bei der Produktion wird ausgeblendet. Unverantwortlicher geht es schon nicht mehr. China reibt sich schon die Hände. Das Land hält mittlerweile einen globalen Marktanteil von Lithium-Batterien von gigantischen 80 Prozent.

Die Industrieverlagerung hat längst begonnen. Der Autobauer Volkswagen gab kürzlich bekannt, dass der Großteil seiner zukünftigen Elektrofahrzeugproduktion von Deutschland in die USA verlagert wird.

Erhebliche Skepsis und Kritik war von Unternehmenslenkern auf dem WELT-Wirtschaftsgipfel im Januar 2023 zu hören [1]. „Wir sind in Deutschland nicht mehr wettbewerbsfähig“, sagte der Vorstandschef des Spezialchemiekonzerns Lanxess, Matthias Zachert, „wenn Sie hohe Energiekosten (sie haben sich für Lanxess verfünffacht) haben, dazu hohe Lohnkosten, eine der höchsten Steuerbelastungen in Europa und dann auch noch langwierige Genehmigungsverfahren und eine überbordende Bürokratie aus Brüssel, dann können Sie guten Gewissens keine Erweiterungsinvestitionen in Deutschland mehr tätigen. Unsere Wachstumsinvestitionen werden vor allem in wettbewerbsfähigere Regionen wie die USA gehen. Da präferieren wir Nordamerika inzwischen eindeutig“. Angesprochen auf Kernkraftwerke sagte Zachert: „Ich denke, dass man gegenwärtig alle Energieträger, die zur Verfügung stehen, heranziehen sollte, ohne Rücksicht auf ideologische Erwägungen. Und in diesen Mix gehören halt auch Kohle- und Atomkraft.“

Etliche Teilnehmer beklagten eine mangelnde Innovationsfreude in Deutschland. In Deutschland müssten alle technischen Möglichkeiten der Energieversorgung einbezogen werden.

Vor wenigen Wochen kündigte BASF, der größte Chemiekonzern der Welt, an, seine Produktion in Europa zu verkleinern, mehrere deutsche Produktionsstätten zu schließen und rund 2.600 Arbeitsplätze abzubauen. Als einen Grund nennt der deutsche Chemieriese die gestiegenen Energiepreise, lässt aber einige entscheidende andere Faktoren aus – nämlich, dass Europas überbordende Bürokratie und himmelhohe Steuern dazu führen, dass es kein global wettbewerbsfähiger Markt mehr ist. Europäische Kunden werden künftig mit Chemikalien aus China, Südkorea und den USA beliefert. BASF war das Chemieunternehmen, das durch die Förderung des ‚Haber-Bosch-Verfahrens’ zu Beginn des 20. Jahrhundert die Grundlagen für die Produktion von Kunstdünger gelegt hat. Das zu einer Zeit als die Bevölkerung wuchs und nutzbares Ackerland zu einer knappen Ressource wurde.

Die chemische Industrie hatte mit drastischen Worten schon vor zwei Jahren vor einem Scheitern der Energiewende gewarnt. „Wir brauchen brutal günstigen Strom und das in unvorstellbaren Mengen“, hatte Wolfgang Große Entrup, Geschäftsführer des Verbands der Chemischen Industrie (VCI), bei der Vorlage der Jahresbilanz geäußert. Wenn die Industrie keine wettbewerbsfähigen Preise für Strom aus erneuerbaren Energien bekomme „und die auch noch vierundzwanzig Stunden am Tag, sieben Tage die Woche“, werde sie den Umbruch nicht schaffen.

Technisch sei die Reduktion des CO2 in der Branche machbar, allerdings seien dafür enorme zusätzliche Mengen Strom aus erneuerbaren Energien nötig. Anders seien die Produktionsprozesse nicht zu elektrifizieren. Die Autoren bei VCI schätzen, dass sich der Strombedarf der chemischen Industrie bis Mitte der 2030er Jahre auf 628 Terawattstunden mehr als verzehnfachen wird. Das wäre mehr als der gesamte deutsche Stromverbrauch aktuell und weit mehr als die im vergangenen Jahr produzierten 251 Terawattstunden an Ökostrom. Parallel müsste der Strompreis nach Einschätzung des VCI auf 4 Cent je Kilowattstunde fallen.

Fazit

Das Streben nach Netto-Null durch wetterabhängige Energien und die Elektrifizierung des Wärme- und Straßenverkehrs ist grundsätzlich unvereinbar mit dem Ziel der Energieversorgungssicherheit, weil technologische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen schlicht missachtet werden. Man schafft erst die Voraussetzungen für einen Umstieg und dann steigt man um, nicht umgekehrt. So aber rennt Deutschland bei Ausstieg aus Kern- und Kohleenergie ohne ein erkennbares Backup-System in eine profunde Energie-, Wirtschafts- und Versorgungskrise.

[1] Welt am Sonntag, Nr.7, 12.Februar 2023, “Letzte Warnung”