Zunahme der Stromimporte: Ein Zeichen für Strommangel?

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Die Stromerzeugung allein auf der Basis von Wind und Sonne (Ökostrom) ist unter Beibehaltung des Klimazieles und der Versorgungssicherheit in den nächsten Jahren nicht möglich. Der Ökostrom bedarf zur Sicherstellung der Stromversorgung einer grundlastfähigen Energiequelle in der Größenordnung von ca. 40 GW, wozu Wind und Sonne – auch bei weiterem Ausbau – wegen Dunkelflauten logischerweise nicht in der Lage sind.

Überdies kommt noch hinzu, dass wegen der Elektrifizierung der Industrie und des Verkehrs gigantische Mengen Strom zusätzlich zum gegenwärtigen Bedarf gebraucht werden.

Mitte April mussten aus ideologisch-politischen Gründen auch die drei noch verbliebenen Kernkraftwerke abgeschaltet werden. Diese im Betrieb CO2-freien Anlage hätten einen Teil der notwendigen Grundlast übernehmen können. Wenn der von der Ampelkoalition vehement geforderte vorzeitige Kohleausstieg bis 2030 gelingen soll, müssen rechtzeitig genug moderne Gaskraftwerke gebaut werden – die Rede ist von rund 50 Anlagen. Ob die aber innerhalb der nächsten sechs Jahre fertig sind und in Betrieb genommen werden können, erscheint immer zweifelhafter. Erst recht, wenn sie mit Wasserstoff betrieben werden sollen. Damit droht nicht nur eine Stütze der Energiewende wegzufallen. Auch die gesamte Transformation der Industrie gerät in Gefahr. Politisch würden die Grünen ein Fiasko erleben, wenn die Kohlekraftwerke mangels Alternativen über 2030 hinaus weiterlaufen müssten – zu dann erheblichen Kosten.

Wirtschaftsminister Robert Habeck hat für die kommenden Jahre massive Probleme für die Industrie eingestanden. Bei der Vorstellung seiner Industriestrategie (besser gesagt: Schadensbericht) sagte er. „Wir verlieren die Industrie und damit nicht nur Arbeitgeber und Branchen, sondern einen maßgeblichen Teil des Wohlstands.“ Was nichts Anderes aussagt, als dass die Energiewende gescheitert ist.

Trotz dieser erkannten Probleme hat die Ampelregierung eine durchaus mögliche Verlängerung der Kernkraftwerkslaufzeiten hintertrieben und die Energiepreise damit künstlich erhöht. Wobei die Erhöhung aufgrund des angewandten „Merit-Order-Prinzips“ erst recht zuschlägt, wenn mehr Gaskraftwerke die Stromkompensation übernehmen, wonach der Strompreis nach dem jeweils teuersten Stromerzeuger sich richtet, und das sind Gaskraftwerke.

Wie sich nun das Abschalten der Kernkraftwerke am Strommarkt auswirkte, ist aus dem folgenden Diagramm zu erkennen:

Seit April 2023 importiert Deutschland so viel Strom wie noch nie seit Meldebeginn gemäß EU-Transparenzverordnung – auch, weil jetzt im Inland Kapazitäten zur günstigen, CO2-armen Stromproduktion fehlen. Wegen des hohen CO2-Preises war es für Deutschland nach dem Ausstieg günstiger, Strom aus CO2-armer Wasser- und Kernkraft zu importieren, statt diesen nun mit den verbliebenen inländischen Kohlekraftwerken selbst zu erzeugen.

Demnach ist Deutschland erstmals seit dem Jahr 2002 wieder Netto-Importeur von Strom und dürfte es über das gesamte Jahr betrachtet auch bleiben.

Eingeführt hat Deutschland im Sommer vor allem Strom aus den skandinavischen Ländern, den Niederlanden, Frankreich und der Schweiz. Eine Auswertung der Denkfabrik Agora Energiewende zeigt, dass sich seit dem Kernenergieausstieg die direkten KKW-Strom-Importe aus Deutschlands Nachbarländern im Schnitt mehr als verdoppelt haben. Die meisten Importe stammten allerdings weiterhin aus erneuerbaren Quellen, in erster Linie aus Wasser- und Windkraft.

In Antworten der Bundesregierung auf parlamentarische Anfragen zu möglichen Stromdeckungsdefiziten wurden stets auf das europäische Verbundnetz und von Stromimporten im Bedarfsfall aus Nachbarländern verwiesen. Das obige Diagramm verdeutlicht, wie stark auch Nachbarländer auf Stromimporte angewiesen sind. Demnach können Stromimporte keine absolute Stromversorgungssicherheit bieten.

Unter Bezug auf das oben genannte Habeck-Zitat wiederholen wir unsere schon in anderen Beiträgen genannte Auffassung:

Der derzeitige Netto-Null-Ansatz in der Klimapolitik basiert auf der Annahme, dass die Reduzierung der Kohlenstoffemissionen in den nächsten 30 Jahren längerfristig zu vorhersehbaren und signifikanten Vorteilen in Bezug auf reduzierte Klimakatastrophen führen wird. Es gibt viele Unsicherheiten in dieser Annahme. Und es ist nicht im Entferntesten klar, dass die wahrscheinlichen Vorteile die atemberaubenden Summen öffentlicher und privater Ausgaben rechtfertigen, die für die Dekarbonisierung der Gesellschaft erforderlich wären.