Frankreich will bis 2050 zusätzlich zu den bereits geplanten sechs Kernkraftwerken acht weitere Reaktoren bauen. Dies sieht ein aktueller Gesetzentwurf vor, der Anfang nächsten Monats zunächst dem Kabinett und dann den Gesetzgebern vorgelegt werden soll. Dies sei ein klares Bekenntnis zur Kernkraft als Teil der nationalen Energiestrategie, um „Energiesouveränität“ zu gewährleisten. Zentrale Zielsetzung ist es dabei, den Verbrauch fossiler Energieträger bis 2030 um 45 Prozent und bis 2035 um 60 Prozent im Vergleich zum Jahr 2012 zu senken. Die aktuelle Zielvorgabe liegt bei einer 40-prozentigen Senkung bis 2030.
Wie die Energieministerin Agnes Pannier-Runacher der Zeitung Tribune Dimanche [1] sagte, sei der Zubau von acht Kernkraftwerken bisher als „Option“ von der Regierung diskutiert worden. Die Invasion in der Ukraine habe vor Augen geführt, wie wichtig es sei, sich vor geopolitischen Gefahren zu schützen, dass Energie zu einer Kriegswaffe geworden sei. Demnach lege der Gesetzentwurf ehrgeizige Ziele fest. Im Gegensatz zu Deutschland setzt Frankreich massiv auf Kernenergie, um Kohlekraftwerke zu ersetzen und die CO2-Emissionen zu senken.
Die Entscheidung, die Atomflotte massiv aufzustocken, ist nicht nur eine strategische, sondern auch ein Eingeständnis der Realität: Die bestehenden französischen Kernkraftwerke, von denen viele bereits über 40 Jahre alt sind, werden nicht ewig in Betrieb bleiben können. Mit steigendem Wartungs- und Reparaturbedarf und der Notwendigkeit, die Energieunabhängigkeit Frankreichs zu wahren, wird die Kernenergie als stabile und zuverlässige Energiequelle angesehen.
Frankreichs Vorgehen hat weitreichende europäische Implikationen. Trotz Widerstands aus Deutschland hat Frankreich erreicht, dass Kernkraft auf EU-Ebene als „grüne“ Energieform eingestuft wird, was potenziell Investitionen erleichtern könnte. Zudem sind staatliche Subventionen für Kernkraftwerke in der EU weiterhin zulässig. Dies ist ein klares Zeichen dafür, dass Frankreich seine Interessen auf europäischer Ebene durchzusetzen weiß.
Das von Frankreich entwickelte EPR-Reaktormodell kommt beim Ausbau erneut zum Einsatz. Der erste EPR-Reaktor in Frankreich soll nach Angaben des staatlichen französischen Energiekonzerns EDF Mitte 2024 in Flamanville in der Normandie zu Testzwecken ans Netz gehen – 17 Jahre nach Baubeginn und zu Kosten in Höhe von 12,7 Milliarden Euro, viermal so viel wie ursprünglich vorgesehen.