Prof. Dr.-Ing. Hans-Günter Appel*)
Die teure Energiewende wird weiter getrieben. Die meisten Medien bringen positive Berichte ohne Kritik. Selbst falsche Angaben werden nicht hinterfragt [1].
Ein Artikel in der Wilhelmshavener Zeitung vom 12. April 2025 über Repowering von Windgeneratoren ist beispielhaft für eine einseitige und falsche Unterrichtung über die Energiewende. Mit solchen Berichten soll die Akzeptanz gefördert werden. Sie werden von fast allen Medien verbreitet.
In diesem Beispiel schreibt der Journalist Sebastian Urbanczyk über das Repowering von Windgeneratoren, die nach 20 Jahren keine EEG-Subventionen mehr erhalten. Nach dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) wird Wind- und Solarstrom bevorzugt in das Netz mit einer lukrativen Einspeisevergütung eingeleitet. Ohne diese Subventionen sind selbst abgeschriebene Anlagen ein Minusgeschäft, weil der Wert des unkalkulierbaren und schnell wechselnden Stroms viel geringer ist als regelbarer Kraftwerksstrom.
Urbanczyk berichtet mit Bezug auf den „Experten“ Renke Harms, dem Vorsitzenden des Regionalverbandes Friesland/Wittmund im Bundesverband Windenergie (BWE) und Projektierer für das Repowering von Windkraftanlagen.
Kosten
Zu den Kosten des Windstroms werden folgende falsche Angaben gemacht: „Die Produktionskosten für eine Kilowattstunde (kWh) betragen lediglich 6 Cent. Nach Photovoltaikanlagen ist Windkraft somit die günstigste Energieform. Atomenergie kostet im Vergleich (ohne Endlager) 20 Cent pro kWh.“
Die Einspeisevergütung für Windstrom an Land wurde von der Bundesnetzagentur für die letzten genehmigten Anlagen auf über 7 Cent/kWh festgelegt. Hinzu kommen die Kosten, um den unzuverlässigen Windstrom auf die verlangte Netzleistung zu regeln. Dazu sind Kraftwerke erforderlich, die im Teillastbereich laufen oder betriebsbereit in Wartestellung sind. Die Kapazitäten von teuren Batterien und Pumpspeichern reichen nur zum Regeln von Kurzzeitschwankungen. Für längere Windstille müssen Kraftwerke einspringen. Die Regelkosten verteuern den Windstrom um deutlich mehr als 3 Cent/kWh. Der Ausbau der Stromnetze für den Windstrom bringt weitere kräftige Verteuerungen. Hinzu kommen die Kosten für die „Entsorgung“ von zu viel erzeugtem Windstrom. Bei Starkwind wird mit dem weiteren Ausbau von Windkraftanlagen das Netz immer häufiger überlastet. Es müssen dann Abnehmer für den überschüssigen Strom gefunden werden. Sie erhalten diesen Strom unentgeltlich oder bekommen sogar noch Geld dafür, dass sie den Strom abnehmen (negative Börsenpreise). Addiert man zu den Einspeisevergütungen für Windstrom die Regelkosten, die Speicher- und Entsorgungskosten, sowie den Netzausbau, kostet er mehr als 20 Cent/kWh. Von preiswertem Windstrom kann da keine Rede sein.
Falsche Angaben zur Kernenergie
Die Aussage: „Atomenergie kostet im Vergleich (ohne Endlager) 20 Cent pro kWh.“ ist eine falsche Behauptung. Bei meiner Besichtigung des Kernkraftwerks Unterweser kurz vor dessen Abschaltung wurden mir die Kosten der Erzeugung detailliert angegeben. Es waren 3 Cent/kWh. In diesen Kosten waren auch die Rücklagen für die Entsorgung des radioaktiven Abfalls enthalten. Dies gilt für alle deutschen Kernkraftwerke, die abgeschaltet wurden. Neue Kernkraftwerke, wie das in Finnland fertiggestellte, haben nach Literaturangaben Erzeugungskosten von 12 Cent/kWh. Dieser plan- und regelbare Strom ist damit noch weitaus günstiger als der unzuverlässige Wind- und Solarstrom, der immer zusätzlich Regelstrom aus Kraftwerken braucht.
Kraftwerke sichern die Stromversorgung
Kraftwerke sind auch für ein stabiles Stromnetz erforderlich. Wenn große Verbraucher ein- oder abgeschaltet werden, stabilisiert die Rotationsenergie der großen und schweren Generatoren die Netzfrequenz, bis durch Änderung der Dampfzufuhr die neue Netzleistung erreicht ist. Der schwankende Wind- und Solarstrom hat dagegen keine solche Momentan-Reserve. Daher kann er kein stabiles Netz bilden und erhalten. Man sollte ihn als Fakepower (Fake = Täuschung) bezeichnen, weil viele Politiker und Journalisten behaupten, mit diesem unzuverlässigen Strom könne man Deutschland und sogar die Welt vollständig versorgen.
Bei diesen gravierenden Unterschieden zwischen regelbaren Kraftwerkstrom und unzuverlässiger Fakepower darf man den Strom aus beiden Stromerzeugern nicht als gleichwertig ansehen. So ist schon der Vergleich der Einspeisevergütung des geringwertigen Windstroms mit den Erzeugungskosten des plan- und regelbaren Kraftwerksstroms Unsinn. Noch schlimmer wird es, wenn die installierten Leistungen von Wind- und Solaranlagen mit den Leistungen von Kraftwerken gleichgesetzt werden. Die Leistung von Wind- und Solaranlagen schwankt je nach Wetter zwischen 0 und 70 Prozent ihrer installierten Leistung mit einem Jahresmittel von 20 % für Wind und 10 % für Solar. Die Leistung von Kraftwerken kann geregelt werden und bei Bedarf kurzfristig auch auf 110 Prozent erhöht werden. Diese Fakten sind offensichtlich vielen Journalisten unbekannt.
Wasserstoff ist keine Lösung
Der Vertreter der Windenergie, Renke Harms, sieht Wasserstoff als Stromspeicher der Zukunft. Dazu sollte man Fakten bewerten. 30 % des eingesetzten Stroms gehen bei der Wasserstoff-Elektrolyse verloren. Wasserstoff hat nur ein Drittel der Energie von Erdgas. Das heißt, es muss gegenüber Erdgas ein dreifaches Gasvolumen transportiert und gespeichert werden. Die Energieverluste für Transport und Speicherung dürften bei 40 % liegen. Dann soll der Wasserstoff in Gaskraftwerken wieder verstromt werden. Einfache Gasturbinen haben 65 % Verluste. Günstiger, aber auch teurer, sind und Gas- und Dampfkraftwerke (GuD). Mit dem heißen Abgas wird Dampf erzeugt, der zusätzlich eine Dampfturbine antreibt. Damit verringern sich die Verluste auf etwa 40 %. Die Wiederverstromung liefert nur noch 15 bis 25 % des eingesetzten Stroms. Ein Verfahren, das die Stromkosten verfünffacht. Dazu ist in dieser Rechnung der Energieaufwand zum Bau der Elektrolyse, der Transportleitungen, der Speicher und der Gaskraftwerke nicht enthalten. Wasserstoff zur Stromspeicherung führt zu hohen Energieverlusten und nicht mehr bezahlbaren Kosten.
Journalisten sollten nicht einseitig berichten
Journalisten sind im Allgemeinen keine Fachleute. Sie können nur über Veröffentlichungen oder Befragung von Fachleuten berichten. Doch sie müssen die zu schildernden Erkenntnisse mit gesunden Menschenverstand, den Grundrechnungsarten und den allgemein bekannten physikalischen Gesetzen prüfen und Zweifel äußern. Recherchen und die Auswahl der Quellen sollten niemals einseitig sein.
Mit einer einseitigen Auswahl wie in diesem Fall entsteht ein positiver Bericht über Windenergie, der die Realität nicht widergibt. Berichte über Übelkeit, Kopfschmerzen und Schlaflosigkeit nach dem Bau von Windgeneratoren in der Nachbarschaft, die aus der Sicht vieler Wissenschaftler vom Infraschall der Anlagen verursacht werden, wurden mit einem Hinweis auf eine Studie für das grün-regierte Land Baden-Württemberg beiseitegeschoben. Schlimm und fasch ist die Aussage: „Auch sind die jetzt höher liegenden Rotorblätter (der größeren Windgeneratoren) keine Gefahr mehr für Vögel, da diese hauptsächlich darunter fliegen.“ Die Zahlen über tote und verletzte Vögel, die erschlagen unter Windrotoren gefunden werden, zeigen die realistische Gefahr.
Die wahren Kosten recherchieren
Die realen Kosten der Windenergie werden verschwiegen. Die Einspeisevergütung ist nur ein geringer Anteil. Leitungs- und Umformverluste, Netzausbau, Speicherung, Regeln der Netzleistung und negative Strompreise sind weitere Windstromkosten auf dem Weg zum Verbraucher. Sie machen ein Mehrfaches der Einspeisevergütung aus. Dagegen werden die unsinnig hohen Kosten von Atomstrom, die der „Fachmann“ nennt, ohne Kommentar aufgeführt. Unsinnig ist auch die Widergabe der Behauptung von Wind- oder Solarstromanlagenbetreibern, ihre Anlagen können eine bestimmte Zahl von Haushalten mit Strom versorgen. Die Realität ist, ohne Wind oder ohne Sonne kann kein einziger Haushalt versorgt werden.
Wahre Journalisten sollten immer versuchen, auch gegenteilige Meinungen und Forschungen darzustellen, um dem Leser ein möglichst vollständiges Bild über das berichtete Problem zu vermitteln. Das geschieht leider bei den Berichten über die Energiewende nur selten. In den meisten Fällen pflegen einseitige Berichte die Positionen der Regierung und der Profiteure der Energiewende zu unterstützen.
Dies ist eine Aufforderung an alle Journalisten, sachlich über die deutsche Energiepolitik zu berichten. Dazu gehört als Beispiel die Beantwortung der Fragen: Warum kostet in China Haushaltsstrom nur 9 Cent/kWh? Warum ist Strom in den USA nur halb so teuer wie hier in Deutschland? Welcher CO2-Gehalt in der Atmosphäre ist optimal für das Pflanzenwachstum und den Klimaschutz?
*) Pressesprecher der NAEB e.V. i.V. Stromverbraucherschutz
[1] NAEB-Pressemitteilung 2509, 29.o4.2025