Wie vertrauenswürdig sind Klimamodelle?

Dieser Artikel ergänzt die Aussage im vorangehenden Beitrag, warum es nicht möglich ist aufgrund von regional unterschiedlichen Entwicklungen der Erdtemperatur Rückschlüsse auf die künftige Temperaturentwicklung zu ziehen.

„Die Klima-„Katastrophe“ ist nicht mehr das, was sie einmal war“, schrieb Judith Curry vor drei Jahren [1]. Um 2013 mit der Veröffentlichung des IPCC AR5-Berichts wurde RCP8.5 als das Business-as-usual-Emissionsszenario angesehen, mit einer erwarteten Erwärmung von 4 bis 5 0C bis 2100. Jetzt wächst die Akzeptanz, dass RCP8.5*) unplausibel ist, und RCP4.5*) ist wohl das aktuelle Business-as-usual-Emissionsszenario. Noch vor wenigen Jahren galt eine Emissionskurve nach RCP4.5 mit einer Erwärmung von 2 bis 3 0C als klimapolitischer Erfolg. Da die Begrenzung der Erwärmung auf 2 0C in Reichweite zu sein scheint (jetzt als „Schwelle der Katastrophe“ geltend), wurden die Zielpfosten 2018 verschoben, um das Erwärmungsziel auf 1,5 0C zu senken. Die Rhetorik der Klimakatastrophe scheint nun mit extremen Wetterereignissen in Verbindung gebracht zu werden, von denen die meisten schwer zu identifizieren sind, ob der vom Menschen verursachte Klimawandel ihre Intensität oder Häufigkeit erhöht.

Die COP26 und jetzt die COP27 haben RCP8.5 (und SSP5-8.5) stillschweigend aus ihren Überlegungen gestrichen und sich auf die Spanne zwischen RCP4.5 und RCP2.6 konzentriert.

Der weitere sogenannte wissenschaftliche Fortschritt sind niedrigere Werte der Klimasensitivität. Der sogenannte Fortschritt steht im Zusammenhang mit der Entscheidung des IPCC AR6, keine Werte aus Klimamodellen (die frühere IPCC-Berichte dominiert haben) einzubeziehen. Sie erkennen implizit an, dass Klimamodelle zu heiß laufen und dass man von einem Klimamodell so ziemlich jeden Wert der Klimasensitivität bekommen kann, den man will (dies ist für mich, Judith Curry, und viele andere seit über einem Jahrzehnt offensichtlich). Der IPCC AR6 senkte die obere wahrscheinliche Grenze von ECS auf 4,0 0C (von zuvor 4,5 0C); Dies wirkt weiter, um das Ausmaß der prognostizierten Erwärmung zu reduzieren. Der IPCC AR6 erhöhte auch die untere wahrscheinliche Grenze von ECS auf 2,5 0C (von 1,5 °C). Die Anhebung der Untergrenze von ECS steht laut der jüngsten Veröffentlichung auf sehr wackeligem Boden durch Nic Lewis [1].

Dies vorausschickend mache ich auf den Vortrag von Prof. Heinz-Otto Peitgen [2] aufmerksam, in dem er auf der Basis der Chaos-Theorie ausführlich erläutert, was Klimamodelle nicht können. Ausführlich kommt er darin auf die oben erwähnten RCP-Werte zu sprechen. An Beispielen, dass grundsätzlich Unsicherheiten bestehen – und zwar als Folge des chaotischen Charakters des Klimasystems. Dies ist keine Schwäche der Wissenschaft. Diese Unsicherheit ist prinzipiell und nicht durch zukünftige wissenschaftliche Fortschritte zu beseitigen. Es ist also nicht möglich, das zukünftige Klima exakt vorherzusagen, egal wie gut Klimamodelle werden.

Die Unsicherheiten in den Klimamodellen sind der IPCC keineswegs entgangen. So zitiert Peitgen den IPCC-Bericht AR3 von 2001 auf Seite 774:

„Zusammenfassend muss eine Strategie davon ausgehen, was möglich und erreichbar ist. In Klimaforschung und Modellierung sollten wir anerkennen, dass wir es mit einem gekoppelten nichtlinearen chaotischen System zu tun haben, und daher ist eine langfristige Vorhersage zukünftiger Klimazustände nicht möglich. Das Beste, was wir erwarten können zu erreichen, ist die Vorhersage der Wahrscheinlichkeit der zukünftigen möglichen Zustände des Klimasystems.“

Im IPCC Bericht AR4 von 2007, Seite 113 klingt es ähnlich:

Seit der Arbeit von Lorenz (1963) ist bekannt, dass selbst einfache lineare Modelle sehr verzwicktes Verhalten zeigen können. Das inhärente nichtlineare Verhalten des Klimasystems zeigt sich in Klimasituationen auf allen Zeitskalen. … Einfache Modelle der Ozean-Atmosphäre Wechselwirkungen, Klima-Biosphäre Interaktionen oder Klima-Ökonomie Interaktionen können ein ähnliches Verhalten zeigen, gekennzeichnet durch teilweise Unvorhersehbarkeit, Verzweigungen und Übergang ins Chaos . Darüber hinaus hängen viele der wichtigen Prozesse, die das Klima steuern, wie Sensitivität oder abrupte Klimaänderungen (z.B. Wolken, Vegetation, ozeanische Konvektion) von sehr kleinen räumlichen Skalen ab. Sie können im globalen Kontext nicht vollständig durch Modelle dargestellt werden, und ihr wissenschaftliches Verständnis ist immer noch bemerkenswert unvollständig.“

Die bisherigen Prognose-Schieflagen aller Klimamodelle kommen eindeutig in der folgen Abbildung zu Ausdruck:

Die Beobachtungen und Messungen weichen eklatant von den Vorhersagen ab.

An einer Verfeinerung der Modelle werde zwar intensiv gearbeitet, so Peitgen, aber wenn sie gelingen sollte, dann würde sie eine derartige Fülle an Daten bringen, die mit heutiger Rechenleistung nicht zu bewerkstelligen wäre. Dazu bedürfe es den Quantencomputer. Das allerdings berühre nicht die grundsätzlichen, gewissermaßen inhärenten Probleme der Klimamodelle, unter anderem die Chaotizität des Klimasystems und die Konvergenz der numerischen Approximationen.

Dazu ein von Peitgen erwähntes Zitat von Lennart Bengtsson (ehem. Direktor MPI Meteorologie HH) aus 2014:

„Klima ist nichts anderes als die Summe aller Wetterereignisse in einem repräsentativen Zeitraum. Die Länge des Zeitraums lässt sich nicht genau festlegen, sollte aber mindestens 100 Jahre umfassen. Dennoch haben Meteorologen für praktische Zwecke 30 Jahre verwendet. Allein aus diesem Grund kann es schwierig sein, festzustellen, ob sich das Klima ändert oder nicht, da oft genügend lange und homogene Datenreihen fehlen….Aufgrund der Chaostheorie ist es praktisch unmöglich, Klimavorhersagen zu machen, da das Wetter nicht länger als eine oder mehrere Wochen vorhergesagt werden kann. Aus diesem Grund sind Klimaberechnungen unsicher, selbst wenn alle Modellgleichungen perfekt wären.“

 

*) Klimaszenarien, die im IPCC-Report 5 unterstellt werden, wobei im RCP8,5-Szenario die ungebremsten CO2-Emissionen bis zum Ende des 21. Jahrhunderts angenommen werden:

[1]

https://judithcurry.com/2022/11/02/the-climate-crisis-isnt-what-it-used-to-be/?mc_cid=a9e7c40eef

[2] Vortrag Prof. Heinz-Otto Peitgen  https://www.youtube.com/watch?v=Cz8tXgcBk5Y