Österreichs Klage abgewiesen: Kernenergie ist förderungswürdig

Einem Urteil des Gerichtes der Europäischen Union zufolge darf die EU Kernkraft und Gas  weiterhin als klimafreundlich einstufen. Die Klage Österreichs gegen die Einbeziehung von Kernenergie und fossilem Gas in die Regelung für nachhaltige Investitionen wird abgewiesen [1].

Die Kommission ist zutreffend davon ausgegangen, dass einige Wirtschaftstätigkeiten im Bereich der Kernenergie und von fossilem Gas unter bestimmten Voraussetzungen wesentlich zum Klimaschutz und zur Anpassung an den Klimawandel beitragen können.

Im Jahr 2020 erließen das Europäische Parlament und der Rat der Union die Taxonomie-Verordnung, mit der sie einen Rahmen zur Erleichterung nachhaltiger Investitionen schuf. Diese Verordnung, eine Art Gütesiegel,  soll Finanzmittelflüsse hin zu nachhaltigen Tätigkeiten lenken, damit 2050 eine klimaneutrale Union erreicht wird. Zu diesem Zweck enthält sie Kriterien dafür, ob eine Wirtschaftstätigkeit als ökologisch nachhaltig einzustufen ist, um so den Grad der ökologischen Nachhaltigkeit einer Investition ermitteln zu können.

Ein Jahr später in 2021 erließ die Kommission eine „Delegierte Verordnung“ zur Festlegung technischer Bewertungskriterien für Wirtschaftstätigkeiten im Bereich erneuerbarer Energie. In einer weiteren Verordnung wurden technische Bewertungskriterien für bestimmte Tätigkeiten in den Bereichen Kernenergie und fossiles Gas festgelegt.

Österreich hatte beim Gericht der Europäischen Union eine Klage auf Nichtigkeit dieser „Delegierten Verordnung“ erhoben.

Das Gericht sieht in der Einbeziehung von Kernenergie und fossilem Gas in die Regelung für nachhaltige Investitionen durch die Kommission keine Überschreitung der ihr vom Unionsgesetzgeber übertragenen Befugnisse [1].

Insbesondere war die Kommission zu der Annahme berechtigt, dass die Erzeugung von Kernenergie nahezu keine Treibhausgasemissionen verursacht und dass derzeit keine technisch machbaren und wirtschaftlichen CO2-armen Alternativen wie erneuerbare Energiequellen in ausreichendem Umfang zur Verfügung stehen, um den Energiebedarf kontinuierlich und zuverlässig zu decken.

Die Kommission hat den beim normalen Betrieb von Kernkraftwerken auftretenden Risiken, den Risiken schwerer Reaktorunfälle und den Risiken im Zusammenhang mit hochradioaktiven Abfällen ausreichend Rechnung getragen. Sie war insbesondere nicht verpflichtet, ein über den bestehenden Rechtsrahmen hinausgehendes Schutzniveau zu verlangen. Das Vorbringen Österreichs zu den negativen Auswirkungen von Dürren und klimatischen Unwägbarkeiten hat einen zu spekulativen Charakter, um durchzugreifen.

Überdies brauchte die Kommission, wie bei den übrigen Wirtschaftstätigkeiten im Bereich der Energieerzeugung, weder Tätigkeiten wie Uranabbau, -verarbeitung, -aufbereitung, -konversion und -anreicherung, Brennelementefertigung und Transport, bei denen es sich um vor- oder nachgelagerte Tätigkeiten handelt, noch die Auswirkungen bewaffneter Konflikte, Sabotage und die Gefahren des Missbrauchs und der Verbreitung ziviler und militärischer Anwendungen der Kernenergie zu berücksichtigen.

Gegen die Entscheidung des Gerichts kann innerhalb von zwei  Monaten und zehn Tagen nach ihrer Zustellung beim Gerichtshof ein auf Rechtsfragen beschränktes Rechtsmittel eingelegt werden.

Der Anteil der Kernenergie an der Stromerzeugung in der EU liegt bei etwa 23 – 24 %. 12 der 27 EU- Staaten nutzen die Kernenergie zur Stromerzeugung. Sieben Länder der EU haben den Ausbau der Kernenergie angekündigt. Die Betriebsdauer von Kernkraftwerken in Großbritannien, Frankreich,  Niederland und Schweden wurde heraufgesetzt. Angesichts dieses Ist-Zustandes wäre eine Entscheidung des Gerichts zu Gunsten Österreichs unverständlich gewesen.

 

[1] https://curia.europa.eu/jcms/upload/docs/application/pdf/2025-09/cp250113de.pdf