Ohne Energiespeicherung kein Verzicht auf Fossil-Kraftwerke möglich

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Die Energiewende im Strombereich zielt darauf ab, die Stromversorgung einzig und allein durch erneuerbare Energien sicherzustellen, die durch das Erneuerbare-Energie-Gesetz erheblich gefördert werden mit der Folge der zweithöchsten Strompreise in Europa. Windenergie- und Solaranlagen als Hauptträger der erneuerbaren Energien können – unabhängig von deren Anzahl und Leistung – Kohle,- Gas- und Ölkraftwerke dann und nur dann ersetzen, wenn Energiespeicher zur Verfügung stünden, die für mindestens 14 Tage den wetterbedingten Ausfall der Erneuerbaren kompensieren und die sichere Stromversorgung übernehmen könnten. Energiespeicher in der erforderlichen Kapazität stehen nicht zur Verfügung und wird es in absehbarer Zeit auch nicht geben, wenn überhaupt jemals. Alle Aussagen, die das Gegenteil behaupten, stehen auf tönernen Füssen. Auch das europäische Verbundsystem stünde wohl kaum zur Verfügung, wie eine Studie der BDEW belegt [3].

Erforderlich wären Energiespeicher, die mindestens 21.000 Gigawattstunden (GWh) Strom liefern könnten. Die als Energiespeicher in Deutschland vorhandenen Pumpspeicherkraftwerke liefern zusammen 40 GWh. Das mit 9 GWh größte deutsche Pumpspeicherkraftwerk befindet sich in der thüringischen Gemeinde Goldisthal. Diese Pumpspeicherkraftwerke kommen zum Stromausgleich bei kurzzeitigen Schwankungen des Wind- und Solarstroms zum Einsatz.

Fazit: Mit dem Kernenergie-Ausstieg ab 2022 können wir zur Aufrechterhaltung einer gesicherten Stromversorgung auf Kohle-, Gas- oder Ölkraftwerke nicht verzichten.

In seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 23.12.2018 macht Prof. Dr.–Ing. Helmut Alt [1] beispielhaft anhand der Leistungsganglinien vom Dezember 2018 (Abb.)

Windstromanteil (blau) 34,53 %, Solarstromanteil (gelb) 1,23 %, gesamt 35,76 % der Netzlast. Die Residuallast (braune Fläche) von 64,24 % muss durch konventionelle Kraftwerke erbracht werden.

unmissverständlich deutlich, „dass die Schmerzgrenze der fehlenden Mindestleistung für auf Dauer unverzichtbaren thermischen Stromerzeugungsanlagen (Kohle, Gas, Öl) bald erreicht ist. Diese Anlagen…sind – bis auf für alle technischen Maschinen unvermeidliche Ausfallwahrscheinlichkeit von rd. 2% der Betriebszeit – zu jeder Zeit bedarfsgerecht leistungsbereit. Maßgebend für die Schmerzgrenze ist der Verbleib einer Residuallast [2] größer Null zu jeder Zeit. Dies war zum Beispiel am Samstag den 11.8.2018 nur noch knapp mit minimaler Residuallast gegeben.“

„Wie sich die Situation mit weiter fortschreitendem Zubau an Wind- und Solaranlagen
dramatisch verschärfen wird, kann man an folgendem Diagramm ersehen, in
 dem die Wind- und Solarleistungen fiktiv um
 den Faktor drei erhöht dargestellt sind.

Bei der fiktiv angenommenen dreifachen Leistung der Wind- und Solaranlagen ist bereits abzusehen, dass der überschüssig erzeugte Strom in immer größer werdenden Mengen abgeregelt werden muss, um die Versorgung stabil zu halten.

An keinem einzigen Tag wäre eine hundertprozentige Lastdeckung möglich, aber die Einsatzzeiten der unverzichtbaren konventionellen Anlagen werden sehr gering und damit deren Betrieb immer unwirtschaftlicher.

Die Energiewende wird damit wirtschaftlich immer mehr eine Handlung zu Lasten Dritter, nämlich der ohne Lobby dastehenden Stromverbraucher.
Die Bilanz der Börsenwerte stellt sich z.B. für den Monat August wie folgt dar:

August 2018 Wind + Solar EEG-Wert € Wind + Solar Börsenwert EEX Differenz EEX-Wert minus EEG-Wert  € EEX Preis
Maximum / h

8.656.207,6 €

2.006.059,4 €

85,96 €/MWh

Mittelwert / h

2.769.956,1 €

832.505,1 €

56,19 €/MWh

Minimum / h

97.164,4 €

77.579,7 €

18,43 €/MWh
Summe Monat €

2.060.847.357,4

619.383.803,5 

-1.441.463.553,9

Es wurden 2,0 Mrd. € für die Stromerzeugung aus Wind- und Solaranlagen gemäß dem EEG bezahlt. An der Börse jedoch nur 0,6 Mrd. € erzielt, so dass ein Defizit von 1,4 Mrd. € zu Lasten aller Stromverbraucher verblieb.“

Alt zieht folgendes Fazit: „Die Residuallast schwankt mehrmals in jedem Monat zwischen minimalen und maximalen Werten, je nach Wetterlage, zwischen fasst Null und knapp 80 GW. Mangels Stromspeicher ist daher ein bezahlbares back up System unverzichtbar!

Aus wirtschaftlichen Gründen ist es daher immer dingender, die Förderung der erneuerbaren Stromerzeugung aus fluktuierenden Quellen Wind und Sonne zu Lasten aller Stromverbraucher einzustellen, und die weitere Entwicklung den Marktkräften zu überlassen.

Genau das haben der Brandenburgische Ministerpräsident Woidke (SPD) und der CDU/CSU Vizefraktionsvorsitzende Carsten Linnemann im Einvernehmen mit der NRW Landesregierung aus CDU und FDP wohl richtig erkannt.“

Inzwischen hat nun auch der Präsident des Bundesrechnungshofes (BRH) Kay Scheller schwere Vorwürfe bei der Umsetzung der Energiewende erhoben: „Der enorme Aufwand und die starke Belastung der Bürger stehen in krassem Missverhältnis zum bisher dürftigen Erfolg der Energiewende“.

[1]  Prof. Dr.-Ing. Helmut Alt, Gutachterliche Stellungnahme vom 23.12.2018 zum Antrag der Fraktion BÜNDNIS/DIE GRÜNEN gemäß Drucksache 17/3797 der 17. Wahlperiode im Landtag NRW vom 2.10.2019 „Bürokratieabbau bei Mietstromprojekten vorantreiben“

[2] Die Residuallast ist der Anteil am gesamtdeutschen Stromverbrauch, der unabhängig von den volatilen Energieträgern Wind und Sonne ist. Es handelt sich also um den Restbedarf an Strom, der mehrheitlich aus konventionellen Quellen gedeckt wird.

[3] Linnemann, Th.; Vallana, G. S.: Windenergie in Deutschland und Europa: Status quo,Potenziale und Herausforderungen in der Grundversorgung mit Elektrizität, Teil 1:Entwicklungen in Deutschland seit dem Jahr 2010. VGB PowerTech 97 (2017), Nr. 6, S. 63-73