Der Oberste US-Gerichtshof stellt verfassungsmäßiges Vorgehen beim Klimaschutz wieder her

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Der vor dem Gericht verhandelte Fall „West Virginia gegen EPA“ kann enorme umweltpolitische Auswirkungen haben.

Es ging um die Frage, ob sich die Umweltschutzbehörde (EPA) auf eine unklare gesetzliche Bestimmung berufen kann, um den Ausstoß von Treibhausgasen durch die Energiewirtschaft zu begrenzen. Von der Obama-Regelung von 2015 hatte die EPA diese Bestimmung einige Male zur Regulierung von Schadstoffen aus einzelnen Quellen verwendet.

Die Vorschrift hätte die Subventionierung erneuerbarer Energien durch kohle- und gasbefeuerte Stromerzeuger zur Folge gehabt. Sie wurde 2016 vom Gerichtshof ausgesetzt, aber im vergangenen Jahr vom Berufungsgericht des Bezirks Washington wieder aufgenommen, berichtete „The Wall Street Journal“ (WSJ) am 30. Juni 2022. Jetzt beerdigt das Gericht sie endgültig, und ihre rechtliche Begründung ist besonders wichtig.

Der Oberste Richter John Roberts, der für die Mehrheit schrieb, stützt sich auf die “Major Questions”-Doktrin des Gerichtshofs. Diese verlangt von den Gerichten, skeptisch zu sein, wenn Behörden “in einem seit langem bestehenden Gesetz eine unangekündigte Befugnis” geltend machen, die eine “transformative Erweiterung” ihrer Befugnisse darstellt. Genau das habe die „Obama EPA“ getan.

Gegen die Stimmen der drei liberalen Richter schränkte der Supreme Court die Befugnisse der Behörde drastisch ein und untersagte de facto die Einrichtung eines Emissionshandelssystems. Die Entscheidung ist nicht nur ein schwerer politischer Rückschlag für Biden. Beobachter befürchten auch, dass die USA nun ihre Klimaziele verfehlen dürften.

Nach Aussage der WSJ haben untergeordnete Gerichte hingegen sich meist auf den Chevron-Präzedenzfall des Gerichtshofs gestützt, um den Regulierungsbehörden Nachsicht zu gewähren. Die Entscheidung der Mehrheit schwäche Chevron ab, indem sie die unteren Gerichte anweist, zuerst zu prüfen, ob die Regulierungsbehörden unangekündigte Befugnisse an sich reißen, die der Kongress nicht genehmigt hat. (Der US-Ölmulti Chevron war vor zehn Jahren wegen Umweltvergehen im Amazonasgebiet zu einer hohen Geldstrafe verurteilt worden.)

Der Gesetzesauslegung sei unter liberalen Juristen „en vogue“ geworden, weil sie ihn nutzen können, um den Gesetzestext nach ihren politischen Präferenzen zurechtzubiegen. Zunächst behaupten sie, der Gesetzestext sei zweideutig. Dann entscheiden sie, dass die Gesetzesauslegung einer Behörde gemäß Chevron angemessen ist.

Oder sie legten den engen Text weit aus, um den Behörden weitreichende Befugnisse für etwas zu geben, das der Kongress nie ausdrücklich genehmigt oder in Betracht gezogen hat. Durch eine solche falsche Textauslegung wird der Gesetzestext seiner Bedeutung beraubt.

Der Gerichtshof setzt nun juristische Leitplanken, um zu verhindern, dass untere Gerichte vom verfassungsrechtlichen Weg abkommen. Die Zustimmung von Richter Neil Gorsuch, dem sich Samuel Alito anschließt, ist besonders hilfreich, um den Weg für untere Gerichte zu ebnen, die sich damit auseinandersetzen, wann und wie sie die Doktrin der großen Fragen anwenden sollen.

Erstens, schreibt er, gilt die Doktrin, wenn “eine Behörde die Befugnis beansprucht, eine Angelegenheit von großer ‘politischer Bedeutung’ zu regeln.” Zweitens muss eine Behörde “auf eine eindeutige Ermächtigung des Kongresses verweisen, wenn sie versucht, ‘einen bedeutenden Teil der amerikanischen Wirtschaft’ zu regulieren.” Drittens kann es zur Anwendung kommen, wenn eine Behörde versucht, “in einen Bereich einzudringen, der in die besondere Zuständigkeit des staatlichen Rechts fällt.”

Richter Gorsuch fügt hinzu, dass die Gerichte die gesetzlichen Bestimmungen, auf die sich die Behörde berufen will, “im Hinblick auf ihren Platz in der gesamten gesetzlichen Regelung” prüfen müssen und “das Alter und den Schwerpunkt des Gesetzes, auf das sich die Behörde beruft, in Bezug auf das Problem, das sie angehen will” sowie ihre “früheren Auslegungen des betreffenden Gesetzes” untersuchen können.

Im Gegensatz zu ihren Kritikern blockieren die Richter nicht die Klimaregulierung. Sie sagen lediglich, dass die Entscheidung darüber, ob und wie dies geschehen soll, beim Kongress liegt. Wie bei vielen anderen Entscheidungen in dieser Legislaturperiode weist das Gericht den Kongress und die Exekutive an, in ihrem verfassungsmäßigen Fahrwasser zu bleiben.

Der Kongress müsse klare Befehle erteilen, bevor die Exekutive kostspielige Vorschriften erlassen kann, die den Amerikanern vorschreiben, wie sie ihr Leben zu führen haben. Das Gericht stärkt die Gewaltenteilung und fördere damit die Freiheit.