Der Wasserstoff- Markthochlauf stottert. Kritik aus der Wirtschaft

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Die Bundesregierung sieht im Wasserstoff ein Schlüsselelement für die Energiewende [1]. Nationale und europäische Bestrebungen fokussieren sich auf einen möglichst raschen Aufbau der Wasserstoffwirtschaft („Markthochlauf“). Leitlinien bilden die „Nationale Wasserstoffstrategie“ (2020) und die „Wasserstoffstrategie für ein klimaneutrales Europa“ (2020). Begleitet wird die Umsetzung seit Mitte 2020 durch den „Nationalen Wasserstoffrat“ und auf EU-Ebene durch die „European Clean Hydrogen Alliance“ [2].

Zahlreiche Förderprogramme sollen den Markthochlauf unterstützen, etwa das mit 900 Mio. EUR ausgestattete deutsche Förderpaket H2Global, das die Europäische Kommission im Dezember 2021 genehmigte.

Auch die Europäische Kommission hat legislativen Nachholbedarf erkannt und den Mitgliedstaaten mit „REPowerEU-Plan“ im Mai 2022 Maßnahmen zur Ausgestaltung der Wasserstoffproduktion vorgeschlagen [2].

Der von der Kommission vorgeschlagene Rechtsrahmen für grünen Wasserstoff stößt derzeit auf Kritik aus der Industrie, auch wenn einheitliche Anforderungen für grünen Wasserstoff von der Praxis begrüßt werden.

Denn nach dem Kommissions-Entwurf muss erneuerbarer Strom für die Produktion von grünem Wasserstoff zusätzlich zu bereits vorhandenen Kapazitäten hergestellt und innerhalb eines bestimmten Zeitraums durch den Elektrolyseur verbraucht werden. Hintergrund ist, dass erneuerbare Energien nicht für die Wasserstoffproduktion verbraucht werden sollen, wenn dies zu einem Mangel in anderen Einsatzbereichen führen könnte [2].

Auch darf Wasserstoff nur produziert werden, wenn er nicht nur nachweislich aus regenerativ erzeugtem Strom kommt, sondern wenn der verwendete Strom auch in der selben Stunde entsteht. Dahinter steckt die Furcht der Kommission, dass durch ein massives Hochfahren der Wasserstoffherstellung so viel Strom verbraucht wird, dass konventionelle Kraftwerke auf Hochtouren laufen müssen, was erneut zu erhöhter CO2-Emission führen würde. Dabei sollte doch gerade der Wasserstoff die Fossilkraftwerke ersetzen.

Kritiker befürchten, dass zu strenge Kriterien Investitionen hemmen und den Markthochlauf grünen Wasserstoffs behindern statt fördern könnten. Die vorgeschlagenen Anforderungen könnten als Blaupause für andere Bereiche genutzt werden und daher über den Verkehrsbereich hinaus große Bedeutung erlangen [2].

Beim Stand des derzeitigen Rechtsaktes müssen die Elektrolyseanlagen (Elektrolyseure) abgeschaltet werden, wenn kein Wind weht, durch Niedrigwasser die Wasserkraft schwindet oder auch kein Solarstrom fließt.

Wenn aus politischen Gründen die Stromerzeugung mittels Kernenergie und Fossilenergie (Erdgas, Kohle, Öl) beendet werden soll und Energiespeicher nicht in ausreichender Kapazität geschaffen werden können (und wenn, dann sind sie unbezahlbar), bleibt zur sicheren Stromerzeugung nur Wasserstoff übrig, denn die wetterabhängigen Windenergie- und Solaranlagen sind nicht grundlastfähig.

So wertvoll wie sich der Wasserstoff auch bei technischen Prozessen erwiesen hat, dürfen gleichwohl bestimmte Nachteile dieses Gases nicht übersehen werden, auf die wir hier, hier und hier hingewiesen haben.

 

[1] https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Dossier/wasserstoff.html

[2] https://www.bundestag.de/analysen , Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages Newsletter Nr. 12/2022 (11. August 2022)