Internationale Kernenergie-Initiative

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Am 28. und 29. September 2023 fand in Paris die gemeinsam von der französischen Regierung und der Nuclear Energy Agency (NEA) der OECD organisierte Konferenz „Roadmaps to New Nuclear“ statt. An der Konferenz nahmen Energieminister aus 20 Staaten teil, um gemeinsam weltweit Nutzung und Ausbau der Kernenergie zur Erreichung der Klimaziele und zur Sicherung der Energieunabhängigkeit zu beraten. Die Energieminister von Bulgarien, Kanada, Tschechien, Estland, Finnland, Frankreich, Ghana, Ungarn, Japan, Korea, Polen, Rumänien, den Niederlanden, Slowakei, Slowenien, Schweden, Türkei, Ukraine, des Vereinigten Königreichs und der Vereinigten Staaten – Italien nahm als Beobachter teil – haben dabei ein gemeinsames Kommuniqué [1] verabschiedet. Darin heißt es unter anderem:

Wir erkennen an, dass wir uns in Bezug auf Klima- und Energiesicherheit an einem kritischen Punkt befinden und die Kernenergie eine wichtige Rolle spielen muss – neben anderen Technologien für saubere Energie.

Die Dringlichkeit und das Ausmaß der Herausforderung, vor der wir stehen, sind real, ebenso die Geschwindigkeit und das Ausmaß der Reaktion muss dieser Aufgabe entsprechen. Aufbauend auf der Zusammenarbeit im April in Sapporo, Japan, während des G7-Treffens der Klima-, Energie- und Umweltminister und des Wirtschaftsforums sind wir bereit, mit politischen Entscheidungsträgern, die Führungsrolle im Bereich der Kernenergie in den OECD-Ländern wiederherzustellen und mit anderen gleichgesinnten Nationen zu versuchen, ihre Klima- und Energiesicherheitsziele zu erreichen.

Um die Dekarbonisierung in der erforderlichen Größenordnung zu unterstützen, muss die internationale Gemeinschaft daran arbeiten, die Betriebsdauer der bestehenden Kernkraftwerke zu verlängern, Strategien und Instrumente zu entwickeln, den großflächigen Einsatz neuer Kernenergieerzeugung zu ermöglichen und die Entwicklung der eines neuen Portfolios von Reaktortechnologien zu beschleunigen. [….]

Wir, die unterzeichnenden Verbände, die die Nuklearindustrie vertreten, stehen mit unseren Mitgliedern bereit, mit Regierungen zusammen zu arbeiten, um:

  • Verlängerung der Betriebsdauer der bestehenden Kernkraftwerke zu ermöglichen. Dazu gehört auch die Unterstützung der Wiederinbetriebnahme betriebsfähiger Reaktoren und von effizienten Sicherheitsüberprüfungen.
  • Schnelle und signifikante Senkungen der Baukosten und von Zeitdauern für die Errichtung von Kernkraftwerken, indem die Erfahrungen aus den jüngsten Neubauprojekten im Nuklearbereich genutzt werden.
  • Beschleunigung des Einsatzes kleiner modularer Reaktoren und fortschrittlicher Reaktoren neben großen Kernreaktoren, um den großflächigen Einsatz in den 2030er Jahren zu ermöglichen und Unterstützung der Dekarbonisierung von Sektoren, wo diese schwer zu erreichen ist.
  • Vertiefung der internationalen Zusammenarbeit für die Entwicklung der nuklearen Lieferkette. Untersuchung von Optionen, um die Fähigkeiten und Ressourcen in den strategischen Schlüsselbereichen zu verbessern.
  • Entwicklung der Kapazitäten in der Lieferkette für Kernbrennstoffe und Förderung der Zusammenarbeit mit gleichgesinnten Nationen, die die Abhängigkeit von jenen Nationen bei zivilem Kernbrennstoff und verwandten Gütern beenden wollen, die eine anhaltende geopolitische Bedrohung für die Energiesicherheit darstellen.
  • Förderung von Nachhaltigkeitsprinzipien einschließlich der nuklearen Kreislaufwirtschaft durch verantwortungsvollen Einsatz der Nukleartechnologie und des Lebenszyklusmanagements von Kernmaterial.

Expertenanalysen von NEA und anderen weisen alle auf die Notwendigkeit hin, die weltweit installierte Kernenergie-Kapazität bis 2050 zu verdreifachen. Um dieses Ziel zu erreichen, fordern wir:

  • Politische Entscheidungsträger sollen ein finanzielles Umfeld schaffen, das Investitionen in Kernenergie, einschließlich der Entwicklung von Marktmechanismen zur Förderung des Einsatzes neuartiger Technologien in großem Maßstab ermöglicht.
  • Die Regulierungsbehörden sollen die regulatorischen Rahmenbedingungen für die Lizenzierung von Nukleartechnologien einschließlich fortschrittlicher Technologien modernisieren. Sie sollen die Zusammenarbeit stärken, um regulatorische Hindernisse für den Einsatz von Technologien in mehreren Ländern abzubauen.
  • Regierungen sollen eine technologieneutrale Klimapolitik entwickeln, bei der die Kernenergie aufgrund ihre Bedeutung für kohlenstoffarmen, flexiblen und zuverlässigen Einsatz angemessen berücksichtigt wird. [….]

Nach Auffassung der Kerntechnischen Gesellschaft e.V. könnte das Kommuniqué der Energieminister des „Roadmaps to New Nuclear“-Treffens der NEA eine hervorragende Blaupause für eine auf die neue globale Realität eingehende deutsche erneuerte Kernenergiepolitik sein. Zumindest sollte für die Bundesregierung das Dokument, das von immerhin 12 EU-Mitgliedstaaten und acht weiteren gleichgesinnten Staaten mitgetragen wird, Anlass sein, die darin festgehaltenen Ziele und Vorstellungen zu tolerieren.

[1] Nuclear Energy Agency (NEA) – Roadmaps to New Nuclear.html