Am 30. Juni 2025 stellte der Weltenergierat Deutschland eine internationale Umfrage „Perspectives on the German Energy Transition: a Global Survey“ vor [1], in der durch Befragung von Energiefachleuten aus 49 Staaten innerhalb und außerhalb der EU der Frage nachgegangen wurde, wie diese die deutsche Energiewende einschätzen, worüber Daniel Wetzel in Die Welt berichtete [2]. Tenor der Umfrage ist eine schlechtere Einschätzung der deutschen Energiewende, vor allem bei Befragten in der EU. Die KTG-Fachinfo 08/2025 vom 07.07.2025 resümiert unter anderem:
Starke Ablehnung des Atomausstiegs
Eine praktisch einhellige Ablehnung – unter den EU-Umfrageteilnehmern tatsächlich mit keinerlei Zustimmung – erfährt der Ausstieg aus der Kernenergie. Das bedeutet, dass die am stärksten als charakteristisch wahrgenommene Energiewendemaßnahme tatsächlich keinerlei Anhängerschaft unter den internationalen Energiefachleuten hat. Bei anderen Themen wie der Einspeisevergütung für erneuerbare Energien oder der Subventionierung von H2-befähigten Gaskraftwerken zeigen die Unterschiede zwischen EU- und Nicht-EU-Teilnehmern, dass mit größerer Nähe am Geschehen auch eine Ernüchterung hinsichtlich der Energiewendepolitik einsetzt. Sehr wenig Zustimmung allenthalben erhält auch die Absicht der drastischen Reduzierung des deutschen Energieverbrauchs um 50 Prozent gegenüber 2008 bis 2030.
Einschätzung zur Zielerreichung der deutschen Energiewende
Nach ihrer Einschätzung zur Erreichung aktueller Zielvorgaben der deutschen Energiewende – 80 Prozent EE-Strom und 65 Prozent weniger Treibhausgase bis 2030, Klimaneutralität bis 2045 – befragt, antwortet die Mehrheit der Fachleute, dass die Ziele nicht erreicht würden, besonders ausgeprägt unter den EU-Teilnehmern.
Als größte Bedrohungen für die Zielerreichung werden wirtschaftliche Schwierigkeiten, das Fehlen der Möglichkeit des Rückgriffs auf die Kernenergie und schwindende öffentliche Unterstützung von Klima- und Energiemaßnahmen genannt. Bei den nicht-EU-Teilnehmern treten noch politische Instabilität, Mangel an internationaler Kooperation und schwindender politischer Rückhalt für Klima- und Energiemaßnahmen hinzu. Große Skepsis herrscht hinsichtlich der Möglichkeit zu internationalen Wasserstoffkooperationen mit Deutschland. Hier hält eine Mehrheit – innerhalb der EU sogar eine absolute – die in Deutschland vorhandenen politischen Instrumente nicht für hinreichend, um eine Kooperation zu begründen. Auch schätzt eine deutliche Mehrheit, dass Deutschland von anderen lernen könnte, so bei CCS/CCU seitens eines zitierten amerikanischen Umfrageteilnehmers, der Nutzung von KI oder einem vorgesehenen Anteil von Speicherkapazität bezogen auf die installierte Leistung volatiler Erneuerbarer, was von einem chinesischen Teilnehmer angeregt wurde.
[2] Die Welt, „Deutschlands Energiewende ist kein Vorbild“, 02.07.2025