Kernkraftwerk Leibstadt, Schweiz
Eine technologieoffene Energiepolitik ist entscheidend, um Versorgungssicherheit, Klimaziele und steigenden Strombedarf in Einklang zu bringen. Diesem Grundsatz folgend beabsichtigt der Schweizer Bundesrat nach einer Mitteilung des Schweizer Nuklearforums, das Neubauverbot für Kernkraftwerke aufzuheben.
«Der Strombedarf wird bis 2050 auf über 90 TWh steigern – man denke nur an Elektrifizierung, Digitalisierung und Künstliche Intelligenz. Angesichts von Klimazielen und der geopolitischen Lage sind Gaskraftwerke keine nachhaltige Option und der Ausbau der Erneuerbaren stockt. Es ist höchste Zeit für eine technologieoffene Planung», meint Hans-Ulrich Bigler, Präsident des Nuklearforums, zum heute (13.08.2025) vom Bundesrat verabschiedeten Gegenvorschlag zur sogenannten Blackout-Initiative. Eine Planung, die alle emissionsarmen Stromproduktionsarten einbezieht, kann diesem Zielkonflikten besser begegnen. Die Aufhebung des Technologieverbots ist aus Sicht des Nuklearforum ein wichtiger Schritt dazu.
In der Schweiz sind vier Kernkraftwerke in Betrieb:
- Beznau-1, seit 1969: Druckwasserreaktor von Westinghouse, 365 Megawatt Leistung
- Beznau-2, seit 1972: Baugleich zu Beznau-1, mit 365 Megawatt Leistung
- Gösgen, seit 1979: Druckwasserreaktor von Siemens, 1010 Megawatt Leistung
- Leibstadt, seit 1984: Siedewasserreaktor von General Electric (BWR-6), 1233 Megawatt Leistung
Die Kernkraftwerke sind Pfeiler der schweizerischen Stromversorgung: Sicher und zuverlässig liefern sie mit rund jährlich 22 Mrd. kWh ein Drittel des in der Schweiz produzierten Stroms – rund um die Uhr, im Sommer wie im Winter. Mit Gestehungskosten zwischen vier und sechs Rappen pro Kilowattstunde zählt die Kernenergie zu den preisgünstigsten Stromproduktionsmethoden der Schweiz.
Die Möglichkeit, Gesuche für neue Kernkraftwerke einzureichen, bedeutet nicht automatisch deren Bau, sondern stärkt die direkte Demokratie: Das Volk entscheidet über konkrete Projekte, was die Planungssicherheit erhöht. Zudem unterstützt die Aufhebung den Langzeitbetrieb bestehender Anlagen, den Erhalt von Fachwissen und Investitionen in Forschung und neue Technologien.
Deutschland möchte in vielen Dingen nur zu gern Vorreiter für andere Nationen sein und mit gutem Beispiel vorangehen, zum Beispiel beim Klimaschutz. Nicht nur, dass dem deutschen Kernenergie-Ausstieg niemand folgte, im Gegenteil siehe Belgien, vielmehr sollte sich die Bundesregierung die kleine Schweiz selbst zum Vorbild nehmen, wo die Technologieoffenheit noch Vorrang hat vor Ideologie.
Endlagerung? Auch darin ist die Schweiz weit mehr als eine „Nasenlänge“ Deutschland voraus. Die Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (NAGRA) hat „Nördlich Lägern“ als den Standort mit den besten Sicherheitsreserven für ein Kombilager (für hoch- und schwach/mittelradioaktive Abfälle) vorgeschlagen. Die Abfälle sollen in einem Bergwerk in rund 800 Meter Tiefe endgelagert werden. Ende 2029 soll der Standortentscheid gefällt werden. Der Baubeginn ist für 2045 geplant. Die ersten Einlagerungen könnten ab 2050 erfolgen. Und Deutschland?