
Planungsbild der 320 MW-Elektrolyseur-Anlage in Emden. Foto: EWE/Jan Lübkemann
Der norddeutsche Energieversorger EWE [1] setzt in Emden den Bau einer der größten Wasserstoff-Erzeugungsanlagen Europas um. Bezüglich der Realisierung des Großprojektes setzt EWE bei der Elektrolyse auf Siemens Energy. Die gesamte Erzeugungsanlage bestehend aus Elektrolyse sowie notwendiger Peripherie – wie beispielsweise Verdichter und Kühlsysteme – hat über die Lebensdauer eine mittlere Leistungsaufnahme von circa 320 Megawatt. Der Energietechnologie-Konzern wird ein 280-Megawatt-Elektrolysesystem als Kernstück der Anlage liefern. Im Jahr 2027 soll die Anlage in Emden in Betrieb gehen und dann pro Jahr rund 26.000 Tonnen grünen Wasserstoff für unterschiedliche Anwendungen bereitstellen [1].
Die produzierte Menge Wasserstoff kann zum Beispiel bei Verwendung in der Stahlindustrie rund 800.000 Tonnen Kohlendioxid pro Jahr einsparen. EWE und Siemens Energy haben im Zuge der Auftragsvergabe auch einen Servicevertrag über zehn Jahre geschlossen.
Der Elektrolyseur von Siemens Energy beruht auf der sogenannten PEM-Technologie, bei der die Spaltung von Wasser mithilfe von Strom in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff entlang der Protonen-Austausch-Membran erfolgt. Diese Technologie ist aufgrund der sehr flexiblen Hochlaufzeiten besonders gut für den dynamischen Betrieb mit erneuerbaren Energien geeignet.
Die Wasserstoff-Elektrolyse ist Teil des großtechnischen EWE-Wasserstoffprojekts „Clean Hydrogen Coastline“, das aus vier Teilprojekten besteht und zu den so genannten IPCEI-Projekten (Important Project of Common European Interest) gehört, das mit Bundes- und Landesmitteln gefördert wird. Der Fördermittelbescheid für dieses Vorhaben ist Mitte Juli 2024 im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz an EWE übergeben worden. Mit der Vertragsunterzeichnung haben EWE und Siemens Energy umgehend den Startschuss zur Realisierung gegeben.
Ziel ist es, Wasserstoff aus erneuerbaren Energien dort zu erzeugen, wo es systemdienlich und wirtschaftlich sinnvoll ist. Emden bietet mit der bestehenden Netzinfrastruktur und dem hohen Anteil abgeregelten Windstroms die idealen Voraussetzungen.
Trotz der technischen Fortschritte steht die Branche vor großen Herausforderungen: Die derzeitigen gesetzlichen Rahmenbedingungen – insbesondere auf EU-Ebene – erschweren einen wirtschaftlichen Betrieb. So erhöhen die Anforderungen an die Stromherkunft den Preis von grünem Wasserstoff um bis zu 88 Prozent. Die Folge: Etwa 50 Prozent höhere Gestehungskosten pro Kilogramm Wasserstoff – ohne unmittelbaren ökologischen Mehrwert.
Der Wasserstoff ließe sich deutlich günstiger produzieren, wenn EWE flexibel auf günstige Grünstrom-Angebote am Spotmarkt reagieren dürfte. Stattdessen zwingen aktuelle EU-Vorgaben zur zeitlichen und geografischen Korrelation mit einem spezifischen Windpark – das verteuert die Produktion erheblich und verhindert eine flexible, systemdienliche Fahrweise. Gerade in Regionen wie Emden mit jährlich rund 500.000 Megawattstunden abgeregeltem Windstrom ist das nicht nur ineffizient, sondern auch volkswirtschaftlich fragwürdig.“
Das Problem: Die sogenannten RFNBO-Kriterien*) für grünen Wasserstoff schreiben vor, dass Elektrolyseure ihren Strom aus neuen Erneuerbare-Energien-Anlagen beziehen und die Produktion stündlich mit der Stromerzeugung abgleichen müssen. Ein flexibler, preisoptimierter Betrieb ist damit kaum möglich.
Der elektrolytisch erzeugte Wasserstoff soll in Salzkavernen gespeichert werden. Mit 37 Salzkavernen verwaltet der Energieversorger über 15 % der deutschen Erdgas-Kavernenspeicher. Sie alle eignen sich potenziell zur Wasserstoffspeicherung – und könnten den Nordwesten Deutschlands so zu einem Zentrum der H2-Wirtschaft machen.
*) Im ersten delegierten Rechtsakt wird festgelegt, unter welchen Bedingungen Wasserstoff, wasserstoffbasierte Kraftstoffe oder andere Energieträger als erneuerbare Brenn- und Kraftstoffen nicht biogenen Ursprungs (renewable fuels of non-biological origin, RFNBOs) angesehen werden können. Mit dem Rechtsakt wird der in der Erneuerbare-Energien-Richtlinie der EU dargelegte Grundsatz der „Zusätzlichkeit“ für Wasserstoff präzisiert. Elektrolyseure zur Erzeugung von Wasserstoff müssen demnach an neue Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Quellen angeschlossen werden. Mit diesem Grundsatz soll sichergestellt werden, dass die Erzeugung von erneuerbarem Wasserstoff Anreize dafür schafft, die Menge der im Netz verfügbaren erneuerbaren Energie im Vergleich zur derzeitigen Menge zu erhöhen. Auf diese Weise wird die Wasserstofferzeugung zur Dekarbonisierung beitragen und die Elektrifizierungsbemühungen ergänzen, wobei gleichzeitig vermieden wird, dass die Stromerzeugung unter Druck gerät.(https://germany.representation.ec.europa.eu/news/eu-kommission-legt-definition-von-erneuerbarem-wasserstoff-vor-2023-02-13_de)