Corona-Krise verschärft die Probleme der Energiewende

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Zu diesem Urteil gelangte McKinsey in seiner jüngsten Wertung des Status der Energiewende in Deutschland. Anhand von 15 Indikatoren beurteilt das Beratungsunternehmen auf der Basis des energiewirtschaftlichen Dreiecks Klima und Umweltschutz, Versorgungssicherheit und Wirtschaftlichkeit die Zielwerte im geplanten Zeitverlauf der Energiewende. Es würde „noch viel Arbeit“ bedürfen, die Zielwerte zu erreichen. Bereits im letzten Bericht war von Zielverfehlung die Rede (hier).

Der aktuelle Energiewende-Index (Stand September 2020) zeigt [1]: Acht der 15 Ziele sind zwar noch realistisch zu erreichen, drei davon stehen aber auf der Kippe. Für fünf Indikatoren ist die Zielerreichung schon länger „unrealistisch“. Bei zwei weiteren besteht Anpassungsbedarf.

Durch die Corona-Pandemie sank zwar der Energieverbrauch bei Fossilenergie und Strom spürbar. Dies wirkte sich auch auf die Emissionen in Deutschland aus, die nach ersten Schätzungen zwischen Mitte März und Ende April zeitweilig bis zu 26 % unter den Vorjahreswerten lagen, wobei 15 bis 20 Mt CO2 eingespart wurden.

Allerdings heißt es im Bericht [2], „Was zunächst beeindruckend klingt, ist jedoch nur ein Tropfen auf den heißen Stein des Klimawandels. Tatsächlich entspricht das im Lock-down eingesparte Treibhausgas gerade einmal den Emissionen von 7 bis 10 Tagen in Vor-Corona-Zeiten. Die Pandemie hat dem Klima nicht mehr als eine kurze Atempause verschafft – und dies auch noch zum volkswirtschaftlichen Preis einer tiefgreifenden Rezession.“

Es seien noch viele Schritte zu gehen, wenn Deutschland seine Klimaziele 2030 wirklich erreichen will. Nachbesserungsbedarf bestünde in allen drei Dimensionen des energiewirtschaftlichen Dreiecks und zwar beim Umwelt- und Klimaschutz [2]:

„Um bis 2030 den geplante Erneuerbaren-Anteil von 65 % an der Stromerzeugung zu realisieren, muss der Zubau von Onshore-Windkraftanlagen sehr viel stärker forciert werden. Notwendig wären zusätzliche 3 bis 4 GW pro Jahr – das Dreifache des Zubaus von 2019.“ Hierzu allerdings verweisen wir auf unseren Artikel, der sich kritisch mit dem weiteren Ausbau von Windkraft- und Solaranlagen auseinandersetzt.

Zur Wirtschaftlichkeit bemerkt der Bericht [2]: „Die Stromkosten für Privathaushalte und Industrie bleiben auf absehbare Zeit hoch. Zwar ist im Konjunkturpaket eine Deckelung der EEG-Umlage vorgesehen, allerdings auf immer noch beträchtliche 6,5 ct/kWh in 2021 und 6 ct/ kWh im Jahr darauf – dies entspricht einer Entlastung von gerade einmal 0,8 % bzw. 2,4 % gegenüber dem durchschnittlichen Haushaltsstrompreis für 2020. Auch die sonstigen Abgaben für Strom bleiben unverhältnismäßig hoch: Nach Berechnungen von Agora Energiewende betrugen sie 2018 fast das Neunfache der Abgaben auf Erdgas und nahezu das Dreifache gegenüber denen von Benzin. Kaum zu glauben, aber bei Betrachtung der Preise pro Energieeinheit ist Benzin nur halb so teuer wie Strom und deutlich weniger belastet durch Steuern, Abgaben und Umlagen.“

Über die Versorgungssicherheit wird angemerkt [2]: „Beim dringend benötigten Ausbau der Transportnetze gerät Deutschland mehr denn je ins Hintertreffen. Von den ursprünglich bis 2020 geplanten 3.321 km ist erst ein gutes Drittel fertiggestellt. …. Auch die Kraftwerkskapazität für die Stromversorgung ist bislang nicht langfristig gesichert. Hier warten auf die Politik noch massive Herausforderungen.“

(Reaktionen und Rückmeldungen seitens der Leser sind ausdrücklich erwünscht und werden bei der Aktualisierung des Index berücksichtigt, sofern es sich um öffentlich zugängliche Daten und Fakten handelt. Auf der Website von McKinsey besteht die Möglichkeit, den Autoren Feedback zum Thema Energiewende zu geben: www.mckinsey.de/energiewendeindex)

 

[1] McKinsey, Energiewende-Index, Überblick, September 2020

[2] https://www.mckinsey.de/~/media/mckinsey/locations/europe%20and%20middle%20east/deutschland/news/presse/2018/2018-09-05%20energiewende%20verkehrswende/et_ewi_september%202018.ashx