Niederlande plant neue Kernkraftwerke

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Nach einem Bericht der WNN [1] erwägen die Niederlande den Ausbau der Kernenergie in ihrem Energiemix, so ein Schreiben des Ministers für Wirtschaft und Klimapolitik, Eric Wiebes, das letzte Woche dem niederländischen Parlament vorgelegt wurde, zusammen mit einem Bericht der Berater Enco. Das Kabinett wird nun einen Antrag vorbereiten, in dem das Land aufgefordert wird, eine Marktkonsultation durchzuführen, um das kommerzielle Interesse an nuklearen Neubauten zu bewerten.

Der Enco-Bericht [2] besagt, dass mit der “Systemkostenkorrektur” die Niveaukosten für Strom aus Kernenergie 74 EUR / MWh (86 USD / MWh) betragen, was mit 85 EUR / MWh weniger ist als Offshore-Wind.

Dass die Kernenergie nicht teurer ist als Wind und Sonne, sei die zentrale Erkenntnis der Studie. Das gelte zumindest, wenn alle anfallenden Kosten in die Betrachtung einbezogen werden. So würden in der Regel zusätzlichen Kosten der erneuerbaren Energien wie Netzanschluss, Netzregelung und Netzausbau außen vorgelassen und über den Netzbetreiber auf die Verbraucher abgewälzt. Um CO2 einzusparen, sei die Laufzeitverlängerung für bestehende Kernkraftwerke die wirtschaftlichste Option. Für den Neubau von Kernkraftwerken in den Niederlanden sei es mit Blick auf lange Bauzeiten wichtig, Anschluss an die bestehende Serienproduktion im Ausland zu finden, empfiehlt Enco.

Es heißt, “die Haupthürde bleibt heutzutage die Wirtschaftlichkeit der neuen Kernenergie”, aber diese Erfahrung in China zeige, dass Anlagen pünktlich und budgetgerecht gebaut werden können.

“Wenn Länder wie die Niederlande eine NOAK [nth-of-a-kind] -Anlage von einem erfahrenen Anbieter auswählen, ist jetzt zu erwarten, dass das Potenzial für größere Bauverzögerungen und Kostenüberschreitungen begrenzt ist”, heißt es. Kleine und mittlere Reaktoren ermöglichen eine kostenoptimiertere Investition als große Anlagen.

Wiebes schrieb, er werde das Parlament über die Fortschritte des Kabinetts mit dem Antrag “vor der Weihnachtspause” informieren.

Unter Berufung auf den schweizer „energate Messenger“ [3] heiße es auf der Website der Regierungspartei VVD, dass aus deren Sicht die Kernenergienutzung in den Niederlanden “unverzichtbar” sei im Kampf gegen den Klimawandel. Mit Wind- und Sonnenenergie allein könne sich das Land nicht retten, da beide einen großen Flächenbedarf haben. Aus der Nutzung von Öl und Gas steigen die Niederlande perspektivisch aus und an der Biomassenutzung mehre sich die Kritik. Der Partei gehe es mit ihrem Vorstoß um eine langfristige Perspektive mit Blick auf das Jahr 2050. Aufgrund der langen Planungs- und Bauzeiten müsse der Bau neuer Anlagen jetzt anlaufen. Zugleich bleibe viel Zeit, um die Kernenergie von ihrem schlechten Image zu befreien. Der VVD-Fraktionsvorsitzende Klaas Dijkhoff verwies darauf, dass mit dem Ausbau der Kernenergie die Abhängigkeit von Energieimporten aus Russland und dem Nahen Osten verringert werden kann.

Kernkraftwerk Borssele

Die Kernenergie spielt in der niederländischen Stromversorgung bislang eine geringe Rolle. Der 482-Megawatt (netto) Borssele-Druckwasserreaktor (Betriebsbeginn 1973) liefert etwa 3% der gesamten Stromerzeugung.  Die Laufzeit des Reaktorblocks wurde vor einigen Jahren bis Ende 2033 verlängert. Aus Sicht der Betreiber wäre aber auch über diesen Zeitpunkt hinaus eine Stromproduktion problemlos möglich.

Im Mai 2018 kündigte die Regierung einen Gesetzesentwurf zum Ausstieg aus der Kohleverbrennung an. Zwei von fünf Werken sollen vor 2025 und die anderen drei vor 2030 schließen

 

[1] World Nuclear News, „Dutch minister presents report on new nuclear, 29.9.2020

[2] https://www.rijksoverheid.nl/regering/bewindspersonen/eric-wiebes/documenten/kamerstukken/2020/09/22/aanbiedingsbrief-rapport-over-kernenergie

[3] energate-messenger.ch vom 23.9.2020