Deutschland wolle „auf praktische Weise“ zur Atomkraft zurückkehren, sagt der Chef der Internationalen Atomenergie-Organisation. Rafael Grossi beruft sich dabei auf Gespräche mit Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU):
„Sie hat mir gegenüber geäußert, dass das Thema sehr ernsthaft geprüft wird“.
Zum Thema SMR sagte Reiche im Mai auf dem Ludwig-Erhard-Gipfel: „Wir müssen zumindest Technologien mitshapen und entwickeln können. Wenn wir das auch verpassen, verpassen wir, glaube ich, eine große Chance.“ Ähnlich äußerte sie sich im Oktober beim Berlin Global Dialogue.
Fakt ist, die Bundeswirtschaftsministerin hat sich zu Kernenergie bisher ambivalent geäußert: Sie schloss einen Wiedereinstieg in die Kernkraft aus, befürwortete aber das ernsthafte Prüfen neuer Technologien wie Small Modular Reactors (SMR) und nahm an einem Treffen einer EU-Atomallianz teil. Während sie den bestehenden Atomausstieg betonte und auf die Notwendigkeit von Gaskraftwerken zur Versorgungssicherheit hinwies, signalisierte sie durch ihr Engagement bei der EU-Atomallianz und die Offenheit für SMRs eine Annäherung an die Technologie, was zu Kritik der Koalitionspartnerin SPD führte (KI).
Ob Deutschland auf dem Nuklearsektor jemals wieder „in die Socken kommt“, steht derzeit in den Sternen. Offizielle Verlautbarungen aus dem Presseamt des Wirtschaftsministeriums dazu gibt es bislang nicht.
Die in Deutschland noch tätigen Nuklearunternehmen müssen ihre Fühler daher verstärkt ins Ausland ausstrecken, um thematisch und wirtschaftlich am Ball zu bleiben.
So die NUKEM, die einst grundlegende Forschung auf dem Kernbrennstoffsektor betrieb. Die neuausgerichtete Nukem Technologies Engineering Services GmbH (Nukem) und das Paul Scherrer Institut (PSI) haben eine Absichtserklärung unterzeichnet. Sie wollen die Zusammenarbeit in den Bereichen nukleare Sicherheit, Wissenschaft und Technologie vertiefen.
Die Vereinbarung in Form eines Memorandum of Understanding (MoU) wurde am 25. September 2025 unterzeichnet. Sie zielt auf eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen dem deutschen Nukleartechnik-Unternehmen Nukem und dem PSI, dem grössten Forschungszentrum für Natur- und Ingenieurwissenschaften in der Schweiz. Das PSI wurde durch Andreas Pautz, Leiter des Zentrums für Nukleare Technologien und Wissenschaften (NES), sowie Marco Streit, Leiter des PSI/NES-Hotlabors, vertreten. Für Nukem unterzeichnete Nobuaki Ninomiya, Vorstandsmitglied und Geschäftsführer, das Dokument.
«Die auf drei Jahre angelegte Vereinbarung markiert den Beginn einer Partnerschaft, die Forschung, Technologieentwicklung und Wissensaustausch über nationale Grenzen hinweg beschleunigen wird», schrieb Nukem. Beide Vertragsparteien verpflichten sich gemäss Medienmitteilung zu höchsten Sicherheitsstandards für kerntechnische Anlagen und repräsentieren technische Kompetenz und Sicherheit bei der Konditionierung und Entsorgung radioaktiver Abfälle.
Die Absichtserklärung legt einen allgemeinen Rahmen für die Zusammenarbeit in Schlüsselbereichen fest, darunter:
- Wissenschaftliche Expertise und Studien: Das PSI wird wissenschaftliche Unterstützung in Form von Machbarkeitsstudien, technischen Bewertungen und Analysen in den Bereichen Reaktorsicherheit, Kernbrennstoffe, Abfallbehandlung und Stilllegung leisten.
- Test- und Versuchsunterstützung: Das PSI wird im Auftrag und gemeinsam mit Nukem spezifische Labor- oder Pilotversuche durchführen.
- Studentenaustausch und Ausbildung: Nukem wird Studentinnen und Studenten, Doktorandinnen und Doktoranden sowie Praktikantinnen und Praktikanten des PSI praktische Möglichkeiten bieten, industrielle Erfahrungen in angewandten kerntechnischen Projekten zu sammeln.
- «Die Zusammenarbeit zwischen PSI und Nukem vereint Spitzenforschung mit hochangesehener Ingenieurkompetenz. Gemeinsam sichern wir Europas nukleare Exzellenz und treiben Fortschritte in hochsicheren Brennstoff- und Reaktortechnologien voran», beschreibt Andreas Pautz das gemeinsame Ziel. «Ich freue mich sehr, dass Nukem den hohen Wert des Schweizer Hotlabors für Materialtests, Brennstoffanalysen und als Ausbildungsstätte anerkennt», ergänzte Marco Streit.
Quelle
B.G. nach PSI und Nukem, Medienmitteilungen, 27. Oktober 2025