Die Energiepolitik der Großen Koalition

Die Beschwörung des Irrealen

Von Günter Keil

Der Koalitionsvertrag vom Dezember 2013 enthielt eine Reihe von Ankündigungen zur künftigen Energiepolitik der CDU/CSU-SPD-Regierung. Hier werden diejenigen dieser Aussagen, die im Hinblick auf die dahinter stehende Denkweise, den Realitätsbezug und die Aussichten der Pläne besonders aufschlussreich sind, nach knapp zwei Jahren der Regierungsarbeit kommentiert.
„Das Energiepolitische Dreieck“
Zitat: „Die Ziele des energiepolitischen Dreiecks – Klima- und Umweltverträglichkeit, Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit – sind für uns gleichrangig. Die Energiewende wird nur dann bei Bürgern und Wirtschaft Akzeptanz finden, wenn Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit gewährleistet sowie industrielle Wertschöpfungsketten und Arbeitsplätze erhalten bleiben.“
Dazu gibt es eine treffende Bewertung durch Wieland Kramer, freier Journalist, Wuppertal, 2013:
„Zu den besonders schönen und trügerischen Exemplaren der Gattung Dreieck gehört das der nachhaltigen Energieversorgung. Es ist angenehm gleichseitig und vollkommen harmonisch. Mit jeweils identischer Entfernung zum Mittelpunkt positionieren wir die Versorgungssicherheit, die Umweltfreundlichkeit und die Preiswürdigkeit. Wir wünschen und behaupten sogar, die geometrische Harmonie entspreche der Realität.
Doch so robust wie wir es gerne hätten, ist das Energiedreieck keineswegs. Im zweiten Jahr in Folge (2012 und 2013) wird der inländische Energieverbrauch nahezu vollständig durch den Witterungsverlauf geprägt. Rund 10% mehr Erdgas und Heizöl waren nötig, um Wohnungen und Büros angenehm warm zu halten.
Und bei den Schwellenländern? Deren Rezepte gegen Wachstumsverluste sind einheitlich: Ganz vorne steht der Einsatz preiswerter Energie. Damit ist für diese Staaten eine Ecke des Energiedreiecks fest gesetzt. Die Option heißt Kohle.
Wir müssen akzeptieren, dass viele Länder im Energiedreieck auf sichere Versorgung und niedrige Preise setzen, um die Entwicklung ihrer Volkswirtschaft zu stützen, negative Umweltauswirkungen dagegen in Kauf nehmen.
Deutschland setzt mit seiner Energiewende auf Umwelt- und Klimaschutz (1. Anmerkung: Weder beim CO2 noch gar beim Natur- und Landschaftsschutz ist das tatsächlich der Fall) auf Versorgungssicherheit – insbesondere im Stromnetz (2.Anmerkung: Selbst diese ist massiv gefährdet). Hierzulande wird die Preiswürdigkeit im Energiedreieck vernachlässigt, wenn nicht sogar ganz fallengelassen.
Allenfalls zwei Ziele lassen sich zu Lasten des Dritten verwirklichen. Die Dreiheit erscheint unmöglich.“

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