Die sichere Endlagerung radioaktiver Abfälle ist eine technisch lösbare Aufgabe. Man muss die Endlagerung nur wollen. In Deutschland ist der Bund für Planung, Errichtung und Betrieb von Endlager rechtlich verantwortlich. Seit fast fünfzig Jahren ist der Bund mit dieser Aufgabe befasst, hat aber bis zum heutigen Zeitpunkt kein Endlager für hochradioaktive Abfälle vorzuweisen. Schlimmer noch, seine durchaus aussichtsreiche Erkundung des Salzstockes bei Gorleben lässt er ruhen (oder gibt er sie endgültig auf?) und beginnt wieder bei null, nämlich mit der, wie es heißt, ergebnisoffenen Standortsuche, die laut Gesetz bis 2031 erfolgt sein soll. Es gibt berechtigte Zweifel, dass die Endlagerung hochradioaktiver Abfälle (z.B. abgebrannte Brennelemente) noch in diesem Jahrhundert realisiert werden kann. Politisch hat sich der Bund immer wieder Fallstricke in den Weg gelegt. Durch das Standortauswahlgesetz haben die Möglichkeiten der Behinderung noch zugenommen.
Für das Endlager Konrad für mittel- und schwachradioaktive Abfälle, ein ehemaliges Erzbergwerk in Salzgitter, kann trotz eines über dreißig jährigen Planungs-, Genehmigungs- und Errichtungsverfahrens noch kein verlässlicher Termin für die Inbetriebnahme angegeben werden.
Finnland und Schweden machen es uns vor, wie man die Endlageraufgabe zeitgerecht angeht und löst.
Finnland
Für mittel- und schwachradioaktive Abfälle verfügt Finnland über zwei ähnlich aufgebaute Endlager, die sich an den Standorten der Kernkraftwerke in Olkiluoto und Loviisa befinden. In Olkiluoto wird seit 1992 und in Loviisa seit 1998 eingelagert. Die schwach- und mittelradioaktiven Gebinde werden aus einem Zwischenlager mit Spezialfahrzeugen über eine Rampe bis in eine Halle in 60 m Tiefe gefahren. Die Abfälle werden dort in zwei Lagersilos, je eines für schwach- und eines für mittelradioaktive Abfälle, herabgelassen. Die Silos werden nach dem Befüllen mit Betonplatten abgedeckt, deren Dicke sich nach der erforderlichen Abschirmung richtet. Insgesamt hat das Endlager eine Kapazität, die den gesamten radioaktiven Abfall in Finnland bis 60 Jahre nach Inbetriebnahme von Olkiluoto 3 aufnehmen kann 1).
Das Endlager für abgebrannte Brennelemente wird am Kernkraftwerksstandort Olkiluoto errichtet. Die Standortsuche in den Jahren 1986 bis 1992 erbrachte vier potentielle Standorte in Granit, die sich nach detaillierter Erkundung als gleichwertig erwiesen. Das für Planung, Errichtung und Betrieb des Endlagers zuständige Unternehmen Posiva Oy, eine gemeinsame Tochter der Energieunternehmen Fortum und TVO, entschied sich aus dem Blickwinkel geringerer Transportwege für Olkiluoto. Im Dezember 2000 billigte die Regierung die Standortentscheidung. Das Parlament ratifizierte die Regierungsentscheidung im Mai 2001 mit 159:3 Stimmen nahezu einstimmig, auch mit Unterstützung durch die Mehrzahl der grünen Abgeordneten. Etwa 60 % der am Standort ansässigen Bevölkerung sprach sich für die Endlagerung in ihrer Region aus 1).
Modellbild des geplanten geologischen Tiefenlagers in Granit (Foto: Posiva)
Der Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung für das Endlager wurde am 28.12.2012 bei der finnischen Regierung eingereicht. Der Antrag basierte auf den Ergebnissen langjähriger Forschungs- und Entwicklungsarbeiten im Felslabor Onkalo (dt.: „Höhle“) in 420 m Tiefe. Nicht einmal drei Jahre später, am 12. November 2015, genehmigte die Regierung den Bau der Anlage zur Verkapselung der Brennelemente sowie der Endlagereinrichtung.
Die Endlagerung beruht auf einem Mehrbarrierensystem aus technischen Lösungen wie hochreine Kupferbehälter mit stärkenden Sphärogusseisen-Waben, die von wasserdichten Bentonitpuffern umhüllt sind, sowie aus natürlichen Schranken wie hochfester, temperaturunempfindlicher Granit 2). Die Endlagerung der derart verkapselten Brennelemente erfolgt in Bohrlöchern in etwa 420 m Tiefe. Die Endlagerkapazität beträgt 6500 Tonnen Uran. (Es ist üblich, die Kapazität auf die Masse des in den Brennelementen enthaltenen Urans zu beziehen.)
Verpackung (Verkapselung) abgebrannter Brennelemente in einem Kupferkanister mit stärkenden Sphärogusseisen-Waben (Foto: Posiva)
Die Gesamtkosten wurden mit 3 Milliarden Euro veranschlagt. Die Inbetriebnahme ist für 2023 geplant. Mindestens 100 Jahre lang sollen abgebrannte Brennelemente in der „Felshöhle“ versenkt werden, bevor sie für immer versiegelt wird. Diese Zeitspanne berücksichtigt eine etwa 50-jährige oberirdische Abkühlung der Brennelemente.
Allem Anschein nach gab es weder Bürgerproteste gegen das Endlagervorhaben noch politische Querelen. Im Vergleich zu Deutschland geradezu traumhafte Verhältnisse.
Schweden
Auch in Schweden sind die Betreiber der Kernkraftwerke für die Entsorgung und Endlagerung verantwortlich. Sie haben hierfür die gemeinsame Gesellschaft SKB ( Svensk Kärnbränslehantering) gegründet. Sie ist zugleich auch für Nukleartransporte und Zwischenlagerung zuständig.
Für schwach- und mittelradioaktive Abfälle aus dem Betrieb der 10 schwedischen Kernkraftwerke betreibt SKB nahe beim Kernkraftwerk Forsmark seit 1988 ein oberflächennahes Endlager im Granit etwa 50 m unter der Ostsee.
Die Arbeiten zur Endlagerung von hochradioaktiven Abfällen werden in enger Kooperation mit Posiva Oy in Finnland durchgeführt, da durch das Wirtsgestein Granit, das in beiden Ländern genutzt wird, vergleichbare Endlager- und Behälterkonzepte entwickelt werden. Auch SKB sieht die Verkapselung der Brennelemente in Kupferbehältern vor.
Wie Posiva verfügt auch SKB über 40 Jahre Forschungs- und Entwicklungserfahrungen in der Endlagertechnik. Zunächst im ehemaligen Bergwerk Stripa und später in dem in 460 m Tiefe gelegenen Felslabor Äspö bei Oskarshamn wurden die sicherheitstechnischen Grundlagen und Voraussetzungen für die Endlagerung entwickelt.
Nach fast 20 Jahren Standortsuche in ganz Schweden und Machbarkeitsstudien in acht Gemeinden kamen die Standorte Forsmark und Oskarshamn in die engere Wahl, die in den Jahren 2002 bis 2007 detailliert untersucht wurden. Am Ende fiel die Entscheidung für Forsmark in der Gemeinde Östhammar. Ausschlaggebend waren die Trockenheit des Felsgesteins und seine geringe Klüftigkeit (hohe Rissfreiheit). Die Gemeinden beider Standorte hatten sich um die Auswahl beworben.
In 2011 stellte SKB einen Antrag auf Errichtung und Betrieb einer Verkapselungsanlage am Standort Oskarshamn, somit in der Nähe des Interimslagers „Clab“ für abgebrannte Brennelemente, sowie eines Endlagers bei Forsmark. Im September 2017 beginnt nach der Festlegung des Schwedischen Land- und Umweltgerichtes das Hauptanhörungsverfahren 3). Nach Abschluss dieser Verhandlung werden das Gericht und die Swedish Radiation Safety Authority (SSM), die eine eigene Bewertung vornimmt, das Genehmigungsverfahren an die Regierung übergeben. Bevor diese einen Entscheid treffen wird, wird sie noch einmal die beiden betroffenen Gemeinden Östhammar und Oskarshamn anhören. Die beiden Gemeinden verfügen über ein Vetorecht in Bezug auf die auf ihrem Gemeindegebiet geplante Anlage. Unter der Voraussetzung eines positiven Genehmigungsentscheids der schwedischen Regierung plant SKB, den Bau des Tiefenlagers wie auch der Verkapselungsanlage in 2020 zu beginnen. Etwa 2030 soll das Endlager seinen Betrieb aufnehmen.
Für die verantwortlichen Unternehmen beider Länder, Posiva Oy und SKB, sind Besucher willkommen. Sie arrangieren Führungen und bieten ausführliche Informationen über deren Tätigkeiten.
Was für ein Unterschied zur Situation in Deutschland! Erst ließ der Präsident des für Endlagerung zuständigen Bundesamtes für Strahlenschutz zu Beginn seiner Amtszeit nur noch vereinzelt Besuchergruppen im Erkundungsbergwerk Gorleben zu, seit fast zehn Jahren war die Befahrung des Bergwerkes für Besucher tabu. Über die bislang aussichtsreichen Erkundungsergebnisse sollte die Öffentlichkeit nicht weiter informiert werden. Schon damals stand der Salzstock in Gorleben auf der Abschussliste, mit dem Ergebnis, dass die hochaktiven abgebrannten Brennelemente für weitere 60 oder 80 Jahre (wer weiß das schon genau?) in oberirdischen Lagern in Ahaus, Gorleben und den Kernkraftwerksstandorten lagern werden.