Das Rheinische Revier ist seit Jahrzehnten eine innovative Wirtschafts- und Forschungsregion

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„Gemeinsam in Richtung Morgen-Land“ lautet die Vision der Industrie- und Handelskammer für den wirtschaftlichen Wandel im Rheinischen Revier. Die viel beschworene Transformation von der Kohle hin zu Erneuerbaren und Hightech stand im Mittelunkt einer IHK-Veranstaltung („Blauer Teppich“) am 13.06.2022 in Aachen. Mit den Worten „Wir können Wandel“ wies die IHK Präsidentin Gisela Kohl-Vogel auf rund 1800 Firmen hin, die im ehemaligen Aachener Steinkohlenrevier seit den achtziger Jahren rund 36.000 neue Jobs im Tech-Bereich entstehen ließen. Die heute noch von der Braunkohle dominierte Region soll binnen weniger Jahre “in eine lebenswerte und innovative Wirtschafts- und Forschungslandschaft verwandelt werden“.

Bei aller Wertschätzung neuer Ideen und Vorschläge darf nicht übersehen werden, dass das Rheinische Revier seit Jahrzehnten eine innovative Wirtschafts- und Forschungsregion war und ist. Dazu schrieb Prof. Dr.-Ing. Helmut Alt einen Brief an die IHK-Präsidentin, in dem er auf vorhandene und einstmals vorhandene technische Einrichtungen hinweist, die in Nordrhein-Westfalen existieren oder aus politischen Gründen aufgegeben werden mussten:

 

Seit über 100 Jahren hat sich in unserer Region als wesentlichster elektrischer Energielieferant Deutschlands auf der Braunkohlebasis entwickelt. Damit wurde der Deutschen Industrie preisgünstige Energie zu günstigen, wettbewerbsfähigen Preisen geliefert, auf Basis einer nur auf etwa 100 Jahre begrenzt verfügbare Ressource. Diese wird nun leider aus sogenannten Klimaschutzgründen, entgegen aller gesetzlich legitimen, unternehmerischen Laufzeitplanungen in Bezug auf das ohnehin erkennbare natürlichen Ende, panikartig beendet und stellt unser Land vor größte Herausforderungen. Die Erwartung den Erfolgsweg auf der Kernenergiebasis fortzuführen, hat sich aus politischen Gründen ab 2011 als nicht machbar erwiesen.

Ein zarter Ansatz zu einer Neuen Energiewelt in unserer Region in Form des “Schnellen Brüter-Projektes” in Kalkar und des Kugelhaufenreaktors, des THTR-300 in Hamm in den 80er Jahren, wurde durch eine politische Klientel für Generationen zunichtegemacht. Eine Klientel, die erst nach dem brutalen Überfall des russischen Präsidenten Putin auf unser Nachbarland Ukraine zum “Ideologiefreien Energiedenken im Sinne einer Zeitenwende” gefunden hat, wie unsere kluger Minister für Wirtschaft und Klimaschutz, Herr Dr. Robert Habeck kürzlich im Deutschen Bundestag ausführte. Durch diese erstaunlich, zumindest teilbereichsweise, wendefähige politische Klientel, ist die in der Welt führende friedliche Nutzung der Kernenergie zur fast autarken und kostengünstigen, CO2 freien Stromerzeugung, leider zeitlich auf Generationen unreparierbar, zerstört worden. Wer zu spät kommt, den bestraft in der Tat das Leben, nicht nur in der Politik, auch in der Wirtschaft! Das Thema Denkverbote wurde ja auf dem “Blauer Teppich-Forum” auch dankenswerterweise von Herrn Prof. Häfner angesprochen.

Vielleicht darf ich anregen, solange die Subventionsmittel in unserem Land noch so leicht verfügbar gemacht werden können, wie das vor der Ukraine-Zeitenwende für regenerative Energieprojekte der Fall war, ein Elektrolyseur-Projekt zur Wasserstofferzeugung als sekundärer Energiespeicher in unsere Region zu holen, um die überaus günstig vorhandene Stromnetzinfrastruktur, die sonst Zukunftsperspektivisch weitgehend für unser Land ungenutzt sein würde, einem hohen Nutzungswert zuzuführen, um der auch in den Aachener Medien nicht selten mit allzu großen Vorschusslorbeeren bedachten Situation auf dem Sektor Stromversorgung in Realität auf realistischer, energiewirtschaftlicher Basis näher zu kommen.

Wenn wir im Erdboden Gold- und Silberadern gefunden hätten, wäre das noch besser gewesen. Im Norden der Region war es Steinkohle, das schwarze Gold, wie man zu sagen pflegte. Die haben wir auch viele Jahrzehnte genutzt und aufgegeben, weil die Menschen es im Wettbewerb mit anderen Steinkohle-Lagerstätten nicht mehr bezahlen konnten. In der Düren-Jülicher Börde war es nur Braunkohle, aber immerhin hat unser Land deutschlandweit über 100 Jahre energetisch davon gelebt, wobei das Problem der notwendigen Umsiedlungen der einheimischen Menschen nie verkannt wurde und dem nach Können und Vermögen unternehmerisch vertretbar, rechtlich ohnehin, auch stets Rechnung getragen wurde.

Auch den physikalischen Laien in der Politik und unseren Schülern in den Schulen, mag es zu denken geben, wenn sie erfahren, dass man aus 1 kg Erdöl oder Erdgas 10 kWh Energie, aus 1 kg Steinkohle 8,14 kWh Energie, aus 1 kg Braunkohle 3 kWh Energie gewinnen kann, aus 1 kg Uran235, wie Lise Meitner und Otto Hahn bereits 1938 errechnet hatten, über 20 Millionen kWh Energie! Alle vier Stoffe lassen sich im Erdboden auf dieser Welt finden, wobei Uran für uns weit günstiger verteilt ist als Öl und Gas.

Die Forschungseinrichtungen in Jülich, die Uran-Anreicherung, die Uran-Brennelementfertigung, die Techniken der Behandlung und Umschließung radioaktiver Abfälle, Techniken der Endlagerung und natürlich auch des Rückbaus von Kernkraftwerken sind sämtlich in heimischer Wertschöpfung in weltweit führender Ausführung vorhanden.