Gaskraftwerke: Kritik an der Planung der Bundesregierung

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Die Bundesregierung plant nach eigenen Angaben vom 5.2.2024 den bundesweiten Bau von 20 Erdgas-Kraftwerken. Konkret legte sie fest, dass Blöcke mit zehn Gigawatt Leistung errichtet werden. Im Jahr 2032 soll festgelegt werden, wann die Anlagen ab 2035 vollständig von Erdgas auf Wasserstoff umgestellt werden. Die Bezahlung blieb offen. Von 15 bis 20 Milliarden Euro für die nächsten 20 Jahre war die Rede.

Das Problem: Wirtschaftlich rechnen sich die Gaskraftwerke nicht, da sie nur betrieben werden sollen, wenn die Ökostromerzeugung nicht ausreicht (Dunkelflaute). Gegenwärtig werden rund 40% des Stroms aus fossiler Energie erzeugt. Ohne erhebliche staatliche Subventionen werden sich keine Investoren finden.

Der Plan fällt knapper aus als ursprünglich vorgesehen. Die Branche sieht die Notwendigkeit von 25 Gigawatt Kraftwerksleistung, was 50 Blöcken entspricht, wenn die Kohlekraftwerke Stufenweise abgeschaltet werden und die Stromnachfrage unter anderem durch E-Autos und Wärmepumpen steigen wird.

In Oberbayern soll das neue 300-Megawatt-Gaskraftwerk Irsching 6 zur Abdeckung von Spitzenlast gebaut werden. Am Standort stehen aber bereits jetzt die beiden Gas-und-Dampfturbinen-Kraftwerke Irsching 4 und 5 (Bild) bis auf wenige Stunden im Jahr still. Während die Kosten für das neue Werk voll von den Stromkunden getragen werden müssen, müssen die Besitzer der beiden höchstwirksamen alten Turbinen jährlich Millionenverluste selbst tragen. Diesen Irrsinn unseres Energiewirtschaftsgesetzes verstehen nicht alle.

Nach Angaben von Euractiv [1], warf der BDI-Präsident, Sigfried Russwurm, der deutschen Politik übermäßige Komplexität vor, die zum Verlust von Vertrauen bei Unternehmen und der Bevölkerung führe. Es fehle eine verlässliche Basis für Investitionen.

Die Umrüstung von Gaskraftwerken auf Wasserstoffbetrieb sei technisch anspruchsvoll und kostenintensiv. „Bestehende Kraftwerke könnten nicht mit “reinem” Wasserstoff betrieben werden, weil die “Brenner einfach schmelzen würden”, erklärte Russwurm. Um dem entgegenzuwirken, müssten die Anlagen mit Keramik nachgerüstet werden, was sie wie die Nase eines nach innen gefalteten Raumschiffs aussehen lassen würde – ein Prozess, der zwar machbar ist, aber kostspielig ist, so der BDI-Chef.

Die schon angesprochene Unregelmäßigkeit mache den Betrieb unrentabel und schrecke potenzielle Investoren vor dem Einstieg ab. “Wenn diese Turbinen nur laufen sollen, wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht, dann werden sie extrem teuer”, fügte er hinzu. “Ich spreche noch nicht einmal von den Kosten für Wasserstoff, die wir nicht haben, sondern nur von den Investitionskosten dieser neuen Gasturbinen und ihrer neuen Peripherie.”

Genügend wasserstofffähige Gaskraftwerke seien deshalb Zukunftsmusik, so der BDI-Präsident. Gleichzeitig wie von Berlin erwogen in wenigen Jahren 50 Gaskraftwerke zu bauen, sei kaum vorstellbar. Es gebe nur wenige Hersteller, die in der Lage seien, wasserstofffähige Gasturbinen herzustellen, dies sei außerdem weder einfach noch preiswert. „Wenn allein in Deutschland 50 gleichzeitig bestellt, geplant, genehmigt und gebaut werden sollen, ist das eine Zielsetzung, die mir wenig realistisch erscheint.“

In fundamentales Problem bleibt ungelöst:  Derzeit wird Wasserstoff nicht in industriell verwertbaren Maßstab produziert, weder in Deutschland noch im Ausland. Überhaupt weist Wasserstoff spezifische chemische und physikalische Eigenschaften auf, die Produktion, Transport und Verwendung kompliziert gestalten. Im Zuge der Umwandlung in Wärmeenergie oder Strom fallen deshalb bedeutende energetische Verluste an.

„Bei der Ankündigung ihrer Kraftwerksstrategie hat die Bundesregierung unterstellt, dass wir in Zeiten, in denen Strom bei uns knapp ist, erhebliche Mengen aus dem Ausland importieren können und wir deshalb nur 25 Gigawatt zubauen müssen. Das ist eine höchst optimistische These, weil sie davon ausgeht, dass unsere Nachbarn immer dann Überschussstrom haben, wenn wir ihn brauchen. Aber auch 25 Gigawatt Zubau bedeutet 50 neue Kraftwerke“, so Russwurm.

Der BDI-Präsident weiter: „In dem Maß, wie dieser Zubau nicht gelingt, wird wegen des Ausstiegs aus der Kernenergie der Bundesnetzagentur zur Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit kaum etwas anderes übrigbleiben, als Kohlekraftwerke weiter am Netz zu halten. Und Elektroautos, die mit Strom aus Kohlekraftwerken fahren, wären nun wirklich ein schwerer Rückschlag für den Klimaschutz.“

[1] https://www.euractiv.com/section/electricity/news/germanys-dream-of-building-a-fleet-of-hydrogen-fired-power-plants-is-faltering/