Italien widerruft den Ausstieg aus der Kernenergie. Nach einer Meldung der Morgenpost [1] trat Italien der europäischen Nuklear-Allianz bei. Sie wurde 2023 gegründet, um Kernkraft als eine zentrale Säule der Energiewende zu fördern. Bisher hatte Italien lediglich einen Beobachterstatus in der Allianz. Italien will wieder per Gesetz in die Kernenergie-Nutzung und zwar mit Mini-Reaktoren einsteigen.
Im Wahlprogramm hatte die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Melonie bereits die Rückkehr zur Kernenergie angekündigt. Nach einer Volksabstimmung in 1987 hatte Italien der Kernenergie abgeschworen und in 1990 sein letztes Kernkraftwerk stillgelegt.
„Wir sprechen nicht mehr von großen Kernkraftwerken“, erklärt Energieminister Fratin. Zunächst müsse der Staat die Regeln und den rechtlichen Rahmen festlegen. „Dann werden wir die Wirtschaftlichkeit der Inbetriebnahme der Minireaktoren bewerten, wenn sie zur Verfügung stehen“ [1]. Italiens Ziel ist es, bis 2050 klimaneutral zu sein und dabei auf mehr erneuerbare Energie und weniger fossile Brennstoffe zu setzen.
Minireaktoren, auch SMRs (Small Modular Reactors) genannt, sind Kernkraftwerke bis zu 300 MW. Durch ihre standardisierte Bauweise sollen sie einfacher und kostengünstiger installiert werden können. Die Rückkehr zur Kernenergie wird vor allem vom italienischen Industriellenverband Confindustria als ein Weg zur Senkung der Energiekosten unterstützt.
Die Mitgliedsstaaten der europäischen Nuklearallianz streben bis 2050 eine Erhöhung der installierten Kernkraftkapazität der EU auf 150 Gigawatt an – ein Plus von 50 Gigawatt gegenüber den derzeit rund 100 Gigawatt. Dies soll durch den Weiterbetrieb bestehender Reaktoren, den Bau von 30 bis 45 neuer Großreaktoren, sowie die Entwicklung kleiner modularer Reaktoren (SMR) erreicht werden.
Zudem setzt sich die Allianz für eine stärkere europäische Zusammenarbeit in der gesamten nuklearen Wertschöpfungskette ein, einschließlich den Bereichen Sicherheit, Innovation, Rückbau und Entsorgung. Ein zentraler Punkt ist dabei die Schaffung eines gemeinsamen europäischen Rahmens, um den Zugang zu Finanzmitteln für neue Kernkraftprojekte zu erleichtern. Um die Atompläne voranzutreiben, sind Schätzungen zufolge bis 2050 Investitionen in Höhe von 241 Milliarden Euro nötig. Diese sind sowohl für den Bau neuer Reaktoren als auch für die Verlängerung der Laufzeit bestehender Kernkraftwerke vorgesehen.
Bemerkenswert: Auch trotz des Kernenergieausstiegs hatte Italien seine technische Expertise in der Nukleartechnik bewahrt. So betreibt der italienische Energiekonzern Enel Kernkraftwerke in Spanien, der staatlich kontrollierte Versorger ENI investiert in den USA in die Entwicklung eines neuen Reaktortyps. Die Regierung in Rom befindet sich eigenen Angaben zufolge in Gesprächen mit französischen und US-amerikanischen Firmen, um eine Gesellschaft zu gründen, die den Wiedereinstieg Italiens in die Kernenergie umsetzen kann.