Bei Endlagern für radioaktive Abfälle nichts Neues

Oder: Suchen, um nicht zu finden (FAZ 2008)

Dass die Endlagerung auch von hochradioaktiven Abfällen bei vorurteilsfreier und zielgerichteter Vorgehensweise verantwortungsvoll möglich ist, belegen die Endlagerprojekte in Finnland und Schweden. Deutschland tut sich bereits schwer mit der Endlagerung schwachradioaktiver Abfälle. Abfälle, die in einigen Staaten wie zum Beispiel Frankreich oberirdisch endgelagert werden. In Deutschland sollen sie dagegen in tiefen geologischen Formationen verbracht werden, stapeln sich seit Jahrzehnten aber in Lagerhallen, weil die für die Endlagerung verantwortliche Bundesregierung nicht in der Lage ist, ein Endlager bereit zu stellen, allen politischen Vorsätzen zum Trotz. Die Endlagerungspolitik war wiederholt unser Thema, unter anderem hier, hier, hier und hier.

Unser Gastautor Dr. Dipl. Phys. Hermann Hinsch, ehemaliger wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Schachtanlage Asse*) im Bereich der Erforschung zur Endlagerung radioaktiver Abfälle tätig, nahm einen kürzlich in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung erschienen Artikel zum Anlass für den nachstehenden Beitrag:

“Das Hauptargument gegen Kernenergie war immer die angeblich ungelöste Endlagerfrage. Nun sorgen vor allem die „Grünen“ dafür, dass das Thema wieder groß in die Medien kommt. Es hieß bei den Kernenergiegegnern immer, sich mit der Frage der Endlagerung zu befassen hat erst dann Sinn, wenn alle Kernkraftwerke abgeschaltet sind und damit kein neuer Abfall dazu kommt. Dieser Zeitpunkt ist nun in Deutschland gekommen und wird gefeiert.

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Schließung des Bergwerkes Gorleben. 1,7 Milliarden Euro zum Fenster rausgeworfen

Letzter Akt der politischen Gorleben-Groteske: Am 17. September 2021 gab das Bundesumweltschutzministerium die Schließung des Bergwerkes Gorleben bekannt [1]. Damit wurden 1,7 Milliarden Euro zum Fenster hinausgeworfen. Bereits im „Zwischenbericht Teilgebiete Standortauswahlverfahren“ vom 28.09.2020 war Gorleben vom weiteren Auswahlverfahren wegen angeblicher Defizite im Deckgebirge ausgeschlossen worden.

Diese Aussage steht im eindeutigen Widerspruch zur Aussage der rot-grünen Bundesregierung in der Vereinbarung der Bundesregierung und den Energieversorgungsunternehmen vom 14. Juni 2000, in der es heißt:

„Die analytisch bestimmten Hebungsraten des Salzstockes lassen erwarten, dass im Hinblick auf mögliche Hebungen auch in sehr langen Zeithorizonten (größenordnungsmäßig 1 Mio. Jahre) nicht mit hierdurch verursachten Gefährdungen zu rechnen ist. Es wurden keine nennenswerten Lösungs-, Gas- und Kondensateinschlüsse im Älteren Steinsalz gefunden. Die bisherigen Erkenntnisse über ein dichtes Gebirge und damit die Barrierenfunktion des Salzes wurden positiv bestätigt. Somit stehen die bisher gewonnenen geologischen Befunde einer Eignungshöffigkeit des Salzstockes Gorleben zwar nicht entgegen.“

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Schweden auf gutem Weg zu einem Endlager für verbrauchte Brennelemente

Der Gemeinderat von Östhammer sprach sich am 13. Oktober 2020 für das geplante Endlager für abgebrannte Brennelemente am Standort Forsmark aus. Die endgültige Entscheidung obliegt der Schwedischen Regierung. Die im Besitz der Betreiber der schwedischen Kernkraftwerke befindliche Svensk Kärnbränslehantering AB (SKB), die für Standortauswahl, Planung, Errichtung und Betrieb der Endlager in Schweden zuständig ist, hat diese Entscheidung als historisch gewürdigt [1]. Über das Endlagervorhaben berichteten wir vor drei Jahren.

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Endlagerung: BGE stellt Teilgebiete vor

Zum “Zwischenbericht Teilgebiete” der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) vom 28.09.2020 erklärte die Kerntechnischen Gesellschaft in ihrer Fachinformation 18/2020:

“Wie schon länger von der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) und dem Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) angekündigt, wurde heute von der BGE der Zwischenbericht Teilgebiete veröffentlicht. Es handelt sich um eine umfangreiche Studie zu potentiell für die Endlagerung geeigneten Teilgebieten in Deutschland auf Basis der vorhandenen geowissenschaftlichen Daten aus öffentlichen und privaten Quellen. Der Zwischenbericht stellt gewissermaßen die Phase 0.5 im Standortauswahlverfahren dar, an dessen Ende nach Abschluss der dritten Phase – der untertägigen Erkundung – der Bundestag über einen auszuwählenden Standort entscheiden soll.

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Asse: Abfall-Rückholung gegen fachlichen Rat und Vernunft

 

Das ehemalige Salzbergwerk, nach Betriebsende für Forschungszwecke dort eingerichtete Versuchsendlager Asse II bei Remlingen in Niedersachsen war (wieder einmal) Thema in einem öffentlichen Fachgespräch des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit [1]. Für Asse II gibt es den gesetzlichen Auftrag einer unverzüglichen Stilllegung. Hierzu wird die Rückholung sämtlicher in Asse II eingebrachten radioaktiver Abfälle gefordert. In der Mitteilung [1] heißt es: „Für die Rückholung der Abfälle seien nicht nur ein Rückholbergwerk, sondern auch der Bau einer Abfallbehandlungsanlage mit einem Zwischenlager notwendige Voraussetzungen. Der Bau des Rückholbergwerks solle nach aktueller Planung im Jahr 2023 starten. Zehn Jahre später solle mit der Bergung der Abfälle begonnen werden.“

„Ob und wieweit eine Rückholung tatsächlich machbar ist, insbesondere unter den Aspekten Zeitlimits (Standfestigkeit der Grube), Sicherheit und Strahlenschutz für die Bergleute sowie Akzeptanz seitens lokaler Bevölkerung für ein oder gar mehrere neue, in jedem Fall notwendige übertägige Zwischenläger“, war und bleibt für die KTG [2] völlig offen.

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Endlager-Realisierung weiterhin mit gravierenden Unwägbarkeiten behaftet

Seit Anfang der 80er-Jahre laufen die Endlager-Planungen des Bundes, die unter den Stichworten Konrad und Gorleben bekannt sind. Heftige politische Debatten und Bürgerproteste begleiteten sie. Als tickende Zeitbomben bezeichnete man die radioaktiven Abfälle, die sich in den diversen Zwischenlagern türmten. Ihr sicherster Aufbewahrungsort sei unter Tage. Die Tiefenlagerung war geradezu eine politische Prämisse für den Betrieb von Kernkraftwerken. Gleichwohl verfügt Deutschland auch nach nunmehr 37 Jahren weiterhin über kein betriebsbereites Endlager. Entgegen früherer Jahre ist es vielmehr um das Endlagerthema in Politik und Medien aktuell deutlich ruhiger geworden.

Was ist geschehen? Besteht keine Dringlichkeit der Endlagerung mehr? Die Dringlichkeit muss man bei Betrachtung bisheriger Abläufe und künftiger Zeithorizonte der Planung offensichtlich verneinen. Der Bund lässt sich Zeit, sehr viel Zeit.

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Rückholung radioaktiver Abfälle erneut überdenken

Gastbeitrag (leicht gekürzt) von Dr. Dipl. Phys. Hermann Hinsch, ehemals tätig in der Schachtanlage Asse auf den Gebieten Auslaugverhalten von radioaktiven Abfällen, Einlagerung hochradioaktiver Abfälle und Dosimetrie, in dem er sich mit der politisch beschlossenen Rückholung der radioaktiven Abfälle aus dem zu Forschungszwecken eingerichteten Endlager Asse auseinandersetzt.

Dürfen Leute, die weit mehr als eine Milliarde Euro an Steuergeldern, also Geld anderer Leute, für ein angeblich der Gefahrenabwehr dienendes Projekt ausgeben wollen, auf jede rationale Begründung verzichten? Genügt da auf die Frage „warum?“ eine nichtssagende Antwort wie diese:

„Bei einem Verbleib der Abfälle im Bergwerk ist es nach derzeitigem Kenntnisstand nicht möglich, einen genehmigungsfähigen Langzeitsicherheitsnachweis zu führen.“

Dies ist die „Begründung“ für die Rückholung der radioaktiven Abfälle aus der Asse laut dem offiziellen Informationsblatt „Asse Einblicke“ vom 05. Januar 2019 (Herausgeber: Bundesgesellschaft für Endlagerung, BGE). Weit billigere Projekte im Rettungswesen oder beim Umbau gefährlicher Straßenkreuzungen werden mit der Vermeidung von Todesfällen begründet.

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Asse: Siegt der Aberglaube?

 

Dr. Hermann Hinsch nahm den Artikel “Lies rechnet bei Asse mit Kosten in Milliardenhöhe” in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung vom 06.12.2018 zum Anlass für nachfolgenden Kommentar:

Dr. Hermann Hinsch, Diplomphysiker und promovierter Biophysiker, arbeitete unter anderem auf dem Gebiet der Strahlenwirkung und in der Schachtanlage Asse auf den Gebieten Auslaugverhalten von radioaktiven Abfällen, Einlagerung hochradioaktiver Abfälle und Dosimetrie.

Kommentar

Berichtet wird über den Besuch des “tapferen” Niedersächsischen Umweltministers Olaf Lies im Bergwerk Asse. Dort hat er sich der Strahlung aus den teilweise schadhaften Abfallfässern ausgesetzt und radioaktives Tritium und Radon mit der Grubenluft eingeatmet. Zwar wird gesagt, jedes strahlende Teilchen wäre gefährlich, aber anscheinend hat Lies die Grubenluft gut überstanden.

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Endlager: Finnland und Schweden zeigen, wie es geht

Die sichere Endlagerung radioaktiver Abfälle ist eine technisch lösbare Aufgabe. Man muss die Endlagerung nur wollen. In Deutschland ist der Bund für Planung, Errichtung und Betrieb von Endlager rechtlich verantwortlich. Seit fast fünfzig Jahren ist der Bund mit dieser Aufgabe befasst, hat aber bis zum heutigen Zeitpunkt kein Endlager für hochradioaktive Abfälle vorzuweisen. Schlimmer noch, seine durchaus aussichtsreiche Erkundung des Salzstockes bei Gorleben lässt er ruhen (oder gibt er sie endgültig auf?) und beginnt wieder bei null, nämlich mit der, wie es heißt, ergebnisoffenen Standortsuche, die laut Gesetz bis 2031 erfolgt sein soll. Es gibt berechtigte Zweifel, dass die Endlagerung hochradioaktiver Abfälle (z.B. abgebrannte Brennelemente) noch in diesem Jahrhundert realisiert werden kann. Politisch hat sich der Bund immer wieder Fallstricke in den Weg gelegt. Durch das Standortauswahlgesetz haben die Möglichkeiten der Behinderung noch zugenommen.

Für das Endlager Konrad für mittel- und schwachradioaktive Abfälle, ein ehemaliges Erzbergwerk in Salzgitter, kann trotz eines über dreißig jährigen Planungs-, Genehmigungs- und Errichtungsverfahrens noch kein verlässlicher Termin für die Inbetriebnahme angegeben werden.

Finnland und Schweden machen es uns vor, wie man die Endlageraufgabe zeitgerecht angeht und löst.

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Endlagerung hochradioaktiver Abfälle immer fraglicher

– Kommentar zum Kommissionsbericht –

Am 5. Juli 2016 übergab die „Kommission Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe“ ihren nahezu 700 Seiten starken Abschlussbericht dem Präsidenten des Deutschen Bundestages und der Bundesumweltministerin. Der Titel des Berichtes: „Verantwortung für die Zukunft. Ein faires und transparentes Verfahren für die Auswahl eines nationalen Endlagerstandortes“. Einrichtung und Aufgabe der Kommission beruhen auf dem Standortauswahlgesetz, das am 1. Januar 2014 in Kraft trat.

Jemand, der die Entwicklung der jahrzehntelangen Endlagerplanung in Deutschland von Anfang an miterlebt hat, wird sich fragen, was dieser Bericht über den Neustart der Endlagersuche zu diesem Zeitpunkt soll. Will der Staat überhaupt noch ein Endlager für hochradioaktive Abfälle? Salzgestein war aus fachlich fundiertem Grund bereits in den 60er Jahren als Endlagergestein ausgewählt worden, es gibt einen Standort (Gorleben) und es liegt ein aussichtsreiches Ergebnis mit einer positiven internationalen Bewertung über eine mehrjährige Erkundung des Salzstockes vor, eine Bewertung, die auch die Auswahlkriterien für den Standort mit einschließt. Warum lässt man quasi den Standort „links liegen“ und fängt wieder bei Null an? War 40 Jahre lang dilettantisch gearbeitet worden? Wohl kaum, denn die Personen, die den Neuanfang starten werden, sind wohl weit gehend (noch) die gleichen, die auch bisher für die Planung verantwortlich waren.

In den nachfolgenden Ausführungen werden kritische Aspekte des Standortauswahlprozedere angesprochen, die die Realisierung der Standortauswahl und somit der Endlagerung zeitlich wie kostenmäßig fraglich wenn nicht sogar undurchführbar erscheinen lassen.

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