Massive Kritik des Bundesrechnungshofes an der Energiewende

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Unser vorangehend eingestellter Bericht „Ambivalente Analyse zur Stromversorgungssicherheit“ erhält eine offizielle Bestätigung: Der Bundesrechnungshof (BRH) macht die Ampel-Regierung wegen ihrer Energiepolitik für eine Gefährdung der Stromversorgung verantwortlich. In den von ihm am 7. März vorgelegten Prüfungsergebnissen [1] heißt es zu Beginn der Zusammenfassung:

„Die Energiewende ist bei der Stromversorgung nicht auf Kurs: Die Versorgungssicherheit ist gefährdet, der Strom ist teuer und Auswirkungen der Energiewende auf Landschaft, Natur und Umwelt kann die Bundesregierung nicht umfassend bewerten. Insgesamt haben sich die Risiken seit der letzten Prüfung des Bundesrechnungshofes im Jahr 2021 verschärft.“ 

Zur Versorgungssicherheit

 „Die Bundesregierung muss umgehend reagieren, andernfalls droht die Energiewende zu scheitern. Dies hätte gravierende Folgen für den Wirtschaftsstandort Deutschland, die gesellschaftliche Akzeptanz der Transformation sowie das Erreichen der Klimaschutzziele.“

 Für den BRH sei absehbar, dass insbesondere Windenergie an Land nicht in dem gesetzlich vorgesehenen Umfang ausgebaut wird. Ferner könne das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) seinen Zeitplan zum Zubau gesicherter, steuerbarer Backup-Kapazitäten voraussichtlich nicht einhalten. Die Ausgestaltung eines Kapazitätsmechanismus sei noch offen. Damit sei nicht sichergestellt, dass die erforderlichen Backup-Kapazitäten rechtzeitig verfügbar sind. Auch läge der Netzausbau erheblich hinter der Planung zurück. Der Rückstand betrage mittlerweile sieben Jahre und 6.000 km.

Der BRH widerspricht der Aussage der Bundesnetzagentur (BNetzA), wonach die Stromnachfrage in Deutschland im Zeitraum 2025 bis 2031 jederzeit gedeckt werden könne mit den Worten:

„Der Bundesrechnungshof bewertet die Annahmen im Monitoring zur Versorgungssicherheit als wirklichkeitsfremd. Das Ergebnis ist ein unwahrscheinlicher „Best-Case“. Vielmehr muss auch der Eintritt der Grundannahmen u. a. zum Ausbau der erneuerbaren Energien und der Netze mit verschiedenen Wahrscheinlichkeiten in die Berechnungen einfließen. Weder der Ausbau der erneuerbaren Energien noch der Stromnetze ist auf dem Zielerreichungspfad. Die BNetzA und das BMWK scheinen selbst Zweifel an der Aussagekraft des VSM-Berichts 2023 zu haben: So stellt die BNetzA fest, dass eigentlich mehrere Szenarien und Sensitivitäten berechnet werden müssen, um das Niveau der Versorgungssicherheit umfassend zu bewerten.“

Das BMWK habe es hingenommen, dass Gefahren für die Versorgungssicherheit nicht rechtzeitig sichtbar und Handlungsbedarfe zu spät erkannt werden. Damit werde der Zweck des Monitorings als Frühwarnsystem zur Identifizierung solcher Handlungsbedarfe derzeit faktisch ausgehebelt.

Zur Bezahlbarkeit

Zur Bezahlbarkeit der Strompreise führte der BRH aus: „Bereits heute steht die Bezahlbarkeit der Stromversorgung in Frage. Die Preise für Strom sind in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen und zählen zu den höchsten in der Europäischen Union: Private Haushalte zahlten mit 41,25 Cent/Kilowattstunde (kWh) im ersten Halbjahr 2023 beispielsweise 42,7 % mehr als der EU-Durchschnitt, Gewerbe- und Industriekunden rund 5 % mehr. Zugleich sind weitere Kostensteigerungen des Energiesystems absehbar.“

Nach BRH würden bis 2045 massive Investitionskosten von mehr als 460 Mrd. Euro für den Ausbau der Stromnetze anfallen und an Kosten des Netzengpassmanagements 6,5 Mrd. Euro pro Jahr.

Hohe Strompreise seien ein erhebliches Risiko für den Wirtschaftsstandort Deutschland und die Akzeptanz der Energiewende.

 Mit der Abfederung der Energiekrise-Folgen durch Bereitstellung von 12,8 Mrd. Euro in 2023 und weiterer 5,5 Mrd. Euro in 2024 würde die Bundesregierung anerkennen, dass der Strompreis ohne zusätzliche Investitionen zu hoch wäre.

„Punktuelle staatliche Subventionierungen des Energiesystems nach Kassenlage untergraben die Transparenz und Steuerungswirkung der Preise. Stattdessen muss die Bundesregierung auf Grundlage einer systematischen Betrachtung nachvollziehbar festlegen, in welcher Form die Kosten der Transformation zu tragen sind.“

Zur Umweltverträglichkeit

Die Prüfungsergebnisse des BRH zur Umweltverträglichkeit sind geradezu eine schallende Ohrfeige insbesondere für die Grünen und ihrer politischen Ideologie:

„Die Energiewende wirkt sich vielfältig auf die Umwelt aus. Der Ausbau erneuerbarer Energien ist für eine treibhausgasneutrale Energieversorgung und damit für den Klimaschutz von überragender Bedeutung. Zugleich liegen der Bundesregierung zahlreiche Erkenntnisse zu negativen Umweltwirkungen erneuerbarer Energien vor, beispielsweise die Inanspruchnahme von knappen Flächen und Ressourcen, aber auch die Beeinträchtigung der Biodiversität.

Im Zuge der Energiekrise hat die Bundesregierung umweltschutzrechtliche Verfahrensstandards abgesenkt. Dies erhöht das Risiko, dass einzelne Schutzgüter mehr als nötig beeinträchtigt werden. Dennoch hat es die Bundesregierung – mit Ausnahme des Schutzgutes Klima – bis heute versäumt, ein wirksames Ziel- und Monitoringsystem für eine umweltverträgliche Energiewende einzuführen. Stattdessen hat sie den Monitoring-Prozess „Energie der Zukunft“ ausgesetzt – den einzigen Prozess, in dem die Umweltverträglichkeit zumindest angelegt war. Das BMUV betonte gegenüber dem Bundesrechnungshof, die Einführung eines sachgerechten Monitorings der Umweltverträglichkeit scheitere weniger an ungenügenden Daten als an „der politischen Durchsetzbarkeit““.

Schlussbemerkung

Bereits im Jahr 2022 hatte der Bundesrechnungshof kritisiert, dass das BMWK erhebliche Kosten und Umweltfolgen der Energiewende unberücksichtigt lässt. Dadurch entstünde außerhalb der Fachöffentlichkeit ein falsches Bild er tatsächlichen Kosten und Umweltauswirkungen der Transformation.

Geändert hat sich seither nichts. Es wäre skandalös, wenn die Bundesregierung auch den aktuellen Empfehlungen des Bundesrechnungshofes [1] erneut keine Beachtung schenken würde.

Die Leipziger Volkszeitung vom 9./10.03.2024 gab einen Vorgeschmack darauf, was “passiert”:  Zur Kenntnis genommen habe er den Bericht, gibt Habeck zu Protokoll. “Mehr aber auch nicht.” Er könnte es dabei bewenden lassen, aber er legt jetzt erst richtig los. Dass die Bundesregierung nicht genug tue, um die Energiepreise runterzubringen, die Energiesicherung umzusetzen und den CO2-Ausstoß zu reduzieren, sei eine “erstaunliche Wahrnehmung”, die “nichts mit der Realität zu tun” habe, schimpfte der Minister. Die Energiepreise an den Börsen gingen seit Monaten runter, der Ausbau beim Ökostrom habe während seiner Amtszeit “mächtig Fahrt aufgenommen”.

[1] https://www.bundesrechnungshof.de/SharedDocs/Downloads/DE/Berichte/2024/energiewende-volltext.pdf?__blob=publicationFile&v=4